ter, bis wir dann nach längerem Marschieren zu einem großen Strohhaufen kamen. Da haben wir uns hineingearbeitet und also im Freien unser Lager aufgeschlagen. Aber es war nicht recht angenehm, nachdem wir mehrere Stunden ruhten, fror uns so sehr, daß wir im Finstern wieder fortgingen bis Rovil und von da bis Font Maxerez, dort mußten wir 75 Ct. bezahlen, daß wir auf dem Heuboden nur auf etwas Stroh schlafen konnten. Diese Bagage! Von hier gingen wir morgens nach Lover, da mußten wir in einer alten Kirche übernachten. Der Schulmeister, welcher zugleich Gemeindeschreiber war, konn te zum Glück etwas deutsch. Hier bekamen wir etwas Suppe und Brot, der Schulmeister sagte uns, daß man hier auf die ,Prussiens' sehr böse ist, er meinte, wenn wir durchaus nach Paris wollen, sollten wir lieber mit der Eisenbahn hinfahren, sonst könnte uns was passieren. Wir sagten ihm, daß wir uns nicht fürchten, da sagte er, ja, die Prussiens wären schreckliche Leute, er habe sie selbst kennengelernt, er hat den Krieg von 70 als Freiwil liger, als Leutnant, mitgemacht, wurde in Lebourget gefangen und kam als Gefangener nach Posen, es ist ihm dort aber ganz gut gegangen und er ist seit dieser Zeit viel besser als während des Krieges auf die Allemands zu sprechen. Er meinte, an dem Kriege sei nur Napoleon, Bismarck und die Freimaurer schuld, der König Wilhelm, meinte er, wäre gar nicht so böse, wie ich mich auskannte, war der Mann kein Republikaner, sondern ein Orleanist. Die Kirche, welche ganz rundum voll Pritschen war, dürfte während des Krieges als Lazarett gedient haben, denn die Wände waren bis hochhinauf mit deutschen Namen beschrieben. Der Ort hat sehr gelitten und man dürfe der Bevölkerung das nicht verar gen, wenn sie auf die Prussiens so böse sei. Als wir anderntags vor den Ort hinauskamen, sahen wir noch Schanzen, die vom Kriege herrührten und die wahrscheinlich von den Deutschen gemacht worden waren. Auch sah man noch hie und da zertrümmerte Häuser und Gebäude, deren Bewohner wohl verarmt oder ums Leben gekommen sind. Von hier ging es uns am schlechtesten. Wir gingen über Senlis(?) nach Paris und machten einen Marsch von 66 km, gewiß eine Leistung bei hungrigem Magen. In einem Flecken gingen wir fechten, bekamen aber nirgends etwas. Endlich kamen wir in ein Haus, es gehörte ei nem Notar, oder wohnte er nur dort, da trafen wir eine Frau, die konnte deutsch, sie stammte aus Düsseldorf. Sie gab uns einige Franken und einem jeden Brot, Wurst, Käse, aber sie sagte, es sei ein Glück, daß ihr Herr, der Notar nicht zuhause sei, denn der wäre ein rechter Feind der Deutschen. Wir gingen also und kamen in einen Ort, dort wollten wir uns in einem Gasthaus eine Flasche Wein kaufen, als der Wirt aber sah, daß wir Deut sche seien, brüllte er uns an und wies uns die Tür und so gingen wir ununterbrochen, was wir nur konnten, Paris zu, wo wir auch um 4 Uhr nachmittags ankamen. Es hat ziemlich stark geregnet. Als wir schon ein ziemliches Stück in die Stadt hineingekommen waren, ging ein junger Mann auf uns zu und redete uns deutsch an, er fragte uns, wo wir herkä men, dann gab er uns eine Adresse, wo wir hingehen sollen, wo wir umsonst Übernacht bleiben könnten, auf dem Boulevard Vaugirad 11. Er gab uns auch noch einen Franc. Das erste, was wir taten, war, daß wir auf das Städtische Versatzamt gingen und ich dort meine goldene Uhrkette versetzte, von der ich aber nur den fünften Teil des Wertes be kam, 15 Fr., das war unser ganzes Vermögen, dann gingen wir zum Deutschen Hilfsver ein, dort bekamen wir ein jeder zwei Brotkarten, eine jede auf 5 Pfund Brot, jetzt war die erste Sorge vorüber. Wir gingen dann über die Seine, unserem Nachtquartier zu, unter wegs ging einer in einen Bäckerladen, um Brot zu holen, dann ging's in eine Restaura-
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