mich zu Mittag ins Gasthaus, wo er mir alles bezahlte und mir außerdem noeh ein ganzes Dutzend feine Zigarren gab. Abends mußte ich ihn abholen und er hat mich dann herumgeführt und mir vieles gezeigt. Anderntags bin ich mit dem Schiff nach Ückermünde gefahren, da arbeitete ieh von Juli bis Oktober. Sonntags haben wir öfters Ausflüge gemacht nach Swinemünde, wo mich immer das Meer sehr interessierte. Swinemünde ist überhaupt ein sehr sehöner Ort, es ist der Vorhafen von Stettin, wo immer sehr viele Sehiffe liegen und hat einen bedeu tenden Handel, besonders an Seefischen. Es liegt auf der Insel Usedom. Von Ückermünde ging ich über Anklam nach Greifswalde, da taten mir die Füße recht weh, denn ich hatte neue Stiefel an, die mir gar nicht gut taten. Dann ging ich nach Stralsund. Die Gegend, die ich da bereiste, ist recht gut und die Landwirtsehaft steht sehr in Blüte. Von Stralsund wollte ich auf die Insel Rügen, aber es kam Schlechtwetter und so kehrte ich geschwind wieder um. Ich ging dann nach Ribnitz im Mecklenburgischen, dort hatte ieh bis jetzt die be ste Herberge getroffen. Rostock fand ich sehr schön, besonders den Hafen, die Hoch schule und das Blücherdenkmal. In Mecklenburg habe ich zum erstenmal Erdwohnun gen gesehen, aber sonst überall schöne Dörfer mit gutgebauten Häusern, es ist eine wohl habende Bevölkerung. Von Rostock reiste ich über Lübeck nach Hamburg, das ich ja schon von früher kannte, so auch Bremen, Osnabrück, Münster und kam nun nach Barmen-Elberfeld. Das sind zwei Schwesterstädte, ganz miteinander verwachsen, in einem schönen großen Tal gelegen, mit vielen Fabriken. Von hier ging ich nach Solingen, dort ist eine großartige Messer- und Stahlwerkzeugfabrikation. In Köln wurden wir auf der Herberge von Wiedertäufern zu einem Gottesdienst eingeladen, den wir auch besuchten. Er bestand aus Gesang und einer Predigt. Ich ging nun nach Bergheim und Jülich, da wurde ich fußmarod, aber in dem Gasthaus war ein Infanteriefeldwebel und der brachte mir aus der Apotheke eine so gute Salbe zum Einreiben, sodaß ieh am andern Tag wieder ganz gesund war. Von Jülich ging ich nach Aachen. Die alte Kaiserkrönungsstadt ist eine sehr alte und sehr schöne Stadt, mit einem großen kunstvollen Dom, einem sehenswürdigen Rat haus und einer sehr schönen, romantischen Umgebung. Mit einem Fleischer setzte ich nun die Wanderung nach Eupen fort, weil wir ge hört hatten, daß dort Arbeit sei. Wir gingen um drei Uhr nachmittags fort, verirrten uns aber im Walde und als wir endlich wieder auf den rechten Weg kamen, war es schon fin ster. Plötzlich brach ein so furchtbarer Sturm mit Regengüssen los, daß wir meinten, der Weltuntergang wäre gekommen. Endlich als wir zwei Stunden schon ganz durchnäßt da hingingen, sahen wir ein Licht, am Ende des Waldes stand ein Gasthaus, aber das war ganz überfüllt mit Italienern. Um uns los zu werden, log uns der Wirt vor, daß wir in 10 Mi nuten ohnehin schon in Eupen seien, was wir ihm auch glaubten, da wir bereits Lichter sahen. In Wirklichkeit aber mußten wir noeh eine Stunde tüchtig marschieren, bis wir die Stadt erreichten. Aber dafür fanden wir in Eupen eine recht liebe und gute Wirtsfrau, die uns gleich trockene Kleider lieh und warme Filzschuhe, sodaß wir alles gut trocknen konnten. Sie war überhaupt eine sehr gute Frau, gab uns viel, gut und billig zu essen, ein reines Nachtlager und für das alles hatten wir nur 40 Pfennig zu bezahlen.
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