OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

einer nicht so einfach dazu. Das war ein schöner Spektakel, noch dazu hatte der Wirt schlampigerweise keinem am Abend die Papiere abgenommen, er wird wohl nicht glimpflich drausgekommen sein. Nachdem ich verhört worden war und was ich wußte, zu Protokoll gegeben hatte, erhielt ich sogleich die Erlaubnis, weiterzureisen. Von Romanshorn fuhr ich über den Bodensee naeh Friedrichshafen und von da nach Ravensburg. In Blaubeuren fand ich endlich wieder Arbeit, aber in einer solchen Bude, daß ich nach acht Tagen bereits wieder auf und davon ging nach Ulm und von da nach Ingolstadt, welches die größte Festung in Bayern ist. Regensburg ist eine sehöne alte Stadt und in Straubing sind die Leute sehr gemütlich. Überhaupt ist es mir in Bayern soviel gutgegangen, obwohl ich gar kein Geld mehr hatte. Überall gab es ein gutes Mei stergeschenk und Essen und Trinken reichlich und bei den Bauern ein sauberes Nachtla ger. In Trostberg bekam ieh Arbeit und blieb ein Vierteljahr, aber am 27. Februar 1877 mußte ich wieder nachhause zur Stellung und meine erste Wanderzeit war aus. Es ließ mir aber keine Ruh und im Juni 1897 ging ich wiederum auf die Wander schaft. Diesmal reiste ich über Linz, wo ich bei Herrn Kaindl sehr gut aufgenommen wur de, mit dem Dampfschiff nach Wien. Die Donaufahrt hat mir sehr gefallen, obwohl ich selbe doch nicht mit einer Rheinfahrt vergleichen möchte. Acht Tage schaute ich mir Wien gründlich an, das Kaiser- und Königliche Sehloß, Schönbrunn, den Prater, die Schatzkammer, Stefans- und Votivkirche, die Museen, die K.K. Stallungen, die vielen Monumente, Villen, Straßen und Plätze. Wien ist wirklieh eine sehöne Stadt! Mit der Bahn fuhr ich nach Lundenburg, dort war eine große Überschwemmung, aber im Bier merkte man nichts davon, das schmeckte mir so gut, wie bisher keins auf meiner Wanderschaft. Über Brünn, wo ich den Spielberg besuchte, kam ich nach Prag. Das ist wiederum eine sehr schöne Stadt, vornehmlich gefiel mir der Hradschin, der Wenzelsplatz und die Brücken über die Moldau. Aber ich hatte genug von Tschechien und schaute, daß ich wieder in deutsche Gegenden kam. Ich fuhr nach Leitmeritz und Elbe abwärts bis Dresden. Diese Fahrt ist großartig schön. In Dresden besuehte ieh einen Tischler, den ich von daheim aus kannte. Dresden bietet sehr viel, der Zwinger, die Brühl'sche Terrasse, die Elbschlösser. Zum erstenmal sah ich hier die Kettendampf schiffahrt. Ich fuhr nun nach Berlin und kam um ein ühr nachts an. Auf dem Weg in die Stadt gab mir ein Herr, welcher mit einer Dame ging, ein Paket und sagte, es seien lauter gute Sachen drin. Da ich nicht recht Bescheid wußte, bat ich einen Polizisten wegen der Herberge, aber es war alles schon besetzt. Er sehickte mieh zu einem andern Polizisten, der führte mich zu einem Wächter in der Nähe vom Lehrterbahnhof, der gerade Dienst hatte. Der gute Mann ließ mich in seinem Waehthäusehen auf dem Diwan schlafen. Ieh gab ihm dann das Paket, das ich nachts erhalten hatte, es waren lauter feine Kuehen darin und er freute sich, sie seinen Kindern bringen zu können. Ich wollte ihm auch das Nacht lager bezahlen, aber er nahm nichts an und sagte, wir kleinen Leute müssen einander doch helfen! Mein Weg war wieder nach Stettin, das mir diesmal viel besser gefiel, im Hafen war ein Leben und Treiben und eine Menge von Sehiffen. Ein Bursch, den ieh in Dresden in der Herberge getroffen hatte, gab mir einen Comis in Hamburg an, den ich besuchen und ihm eine Botschaft überbringen sollte. Dieser hatte eine große Freude und bestellte

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2