OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

Schatten eines Baumes und genoß stundenlang die Pracht, die sich dem schweifenden Auge darbot. Wahrlich, hier ist ein gesegnetes Land! In Offenburg, einer kleinen, hübschen Stadt, die in lauter Obstgärten eingebettet liegt, steht ein Denkmal für Franz Drake, der die Kartoffel nach Europa brachte. In der Herberge befindet sich auf dem Schankkasten ein zentnerschweres Geschoß, das die Franzosen im Jahre 70 aus Straßburg herausgeschossen haben. Es ist aber nicht explo diert. Nun ging ich nach Straßburg. Es hat eine starke Festung, aber sonst ist es nicht so schön, wie ich mir's von der Ferne aus vorstellte. Von Kehl weg ging ich durch ein langes Dorf, da liefen mir viele kleine Buben nach und schrieen aus Leibeskräften: ,Handwerksbursch, wann zahlst dei Wurscht?' Ein mildherziger Bauer behielt mich über Nacht, ich schlief in einer kleinen Stube auf einem Strohsack und am Morgen sagte man mir, daß tags vorher der Alte aus diesem Bett herausgestorben war. Unterwegs mußte ich einmal im Freien übernachten, weil überall Militär einquartiert war. Ein Bauer hätte zwar noch Platz gehabt, aber er war abergläubisch und sie glauben dort, daß man, solang das Getreide noch nicht ausgedroschen ist, niemand Fremden übernacht behalten darf, sonst gibt es im nächsten Jahr viele Mäuse. In Freiburg hat mir's das schöne Münster angetan und die große Reinlichkeit, die in der ganzen Stadt zu sehen war. Auf der Wanderschaft durch den herrlichen Schwarz wald traf ich einen reisenden Steinmetz. Der schien sehr viel Geld zu haben, denn über all, wo wir hinkamen, ließ er Braten und Wein aufmarschieren und wir lebten sehr gut. Aber bald merkte ich, daß er mit gefälschten goldenen Uhrketten die Landleute schand bar betrog. In St. Blasien kam er auf der Straße mit einem Italiener in Streit und zog gleich einen Revolver. Da zog ich es vor, ihn schleunigst zu verlassen. Er wollte mir sogar noch drei Mark geben, ich solle nur ja der Polizei nicht verraten, daß ich mit einem Schweizer Steinmetzen gewandert war. Ich war heilfroh, als ich ihn los hatte, und fand in Lörrach in einem kleinen Wirts haus einen Handelsreisenden, der mir alles bezahlte, Essen und Trinken, Schlafen und Frühstück. Ob er die Wanzen, die in dem Bett waren, auch gezahlt hat, weiß ich nicht. Bei einem Färbermeister bekam ich ein ausgiebiges Mittagessen, auf der Post erwartete mich schon ein Geld von daheim und so machte ich mich wohlgemut weiter auf den Weg nach Basel. Da traf ich einen Handwerksburschen, der alle halbe Stunde austreten mußte. Ich fragte ihn teilnehmend, was ihm fehle, da gestand er mir, daß er ein Zwanzigmarkstück verschluckt hat, um es gut über die Schweizer Grenze zu bringen. Er war nämlich beim Betteln getroffen worden und solchen nimmt die Schweizer Polizei das erbettelte Geld weg. In Basel traf ich einen Gerbermeisterssohn aus Landsberg am Lech, mit diesem be schloß ich mich zusammenzutun und gemeinsam wollten wir nach Genf reisen. Als ich mir das wirklich schöne und so ruhige Basel angeschaut hatte, und wieder in die Herber ge zurückging, kam mir schon mein Walzbruder entgegen und zeigte mir lachend das Zwanzigmarkstück, das wie neu glänzend nun endlich glücklich zum Vorschein gekom men war. Am Bielersee wären wir wohl gerne geblieben, so wunderschön ist es dort, aber bald mußten wir wieder weiter. Einmal mußten wir, schon ziemlich tief drinnen in der Französischen Schweiz, in einem kleinen Gasthaus unterwegs übernachten, wo die Leute

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