OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

nungen, ihre oft schon unansehnlich gewordenen Akten, die sie sorgsam verwahren, den Forschungen zur Alltagsgeschichte zur Verfügung zu stellen.'^ Vielleicht gibt es auch Ein zel- oder Gruppeninitiativen, die sich bereits mit dem Niederschreiben beziehungsweise Sammeln von schriftlichen Lebenserinnerungen befassen? „Den 26. Juni 1875, an einem Samstage, reiste ich von zuhause fort, nach Vöcklabruck. Dort besuchte ich den Herrn Vetter und blieb bei ihm Übernacht. Am Sonntag ging ich mit ihm und der Frau Tante nach Schöndorf in die Frühmesse, wozu mir die Frau Tante ein Gebetbuch gab. Als ich es in der Kirche öffnete, fiel eine Fünfguldennote her aus. Glücklich habe ich selbe noch gesehen und sie gleich nach der Kirche der Frau Tante zurückgegeben. Sie wurde verlegen und gestand, daß ihr diese Note schon längere Zeit schmerzhaft abgegangen sei. Montag, den 28. Juni bin ich von Vöcklabruck nach Kammer am Attersee, wo ich ganz überrascht war von der Schönheit der Gegend und des Sees, denn ich habe noch nie vorher einen See gesehen! Fuhr von hier mit dem Dampfschiff nach Unterach, und war ganz entzückt vom See, so auch vom Gebirge, das war mir alles neu und machte auf mich einen großartigen Eindruck. Von Unterach - ein zierlicher Markt! - ging ich nach See und fuhr wiederum mit dem Dampfschiff nach Mondsee. In Mondsee habe ich mir bei den beiden Meistern das erste Gesellengeschenk geholt. Von Mondsee ging ich nach Thalgau und weil es recht heiß war und ich schon sehr müde gewesen bin, fuhr ich mit der Post nach Salzburg. Das hat mir aber gut gefallen! Hab mir Hellbrunn, die Festung und sonst verschiedene Sehenswürdigkeiten ange schaut, dann bin ich mit der Eisenbahn nach München gefahren. Die Stadt München hab ich mir acht Tage lang gründlich angeschaut, zuerst das Museum und die beiden großen Bildergalerien, die einen großartigen Wert haben und deren Schönheit geradezu erstaunlich ist, dann das Rathaus, das königliche Schloß, den Glaspalast und die vielen Kirchen, Villen und Denkmäler, welche alle großartig schön sind. München hat sehr schöne Straßen, Alleen und Plätze. Von München bin ich nach Augsburg gefahren, aber da ist die Gegend reizlos und in Augsburg habe ich mich mit dem Schwäbischen Dialekt recht hart getan, drum bin ich bald wieder fort und nach Donauwörth, da hatte ich mich mit dem Dialekt schon etwas angewöhnt. In Donauwörth hat mich die Donau recht interessiert und auch die schöne Volkstracht der Schwäbischen Bauern, die auf den Markt kamen, um ihre Früchte, Obst und Gemüse zu verkaufen. Nun ging ich zu Fuß nach Nördlingen, aber ich machte keine großen Märsche, weil ich des Marschierens recht ungewohnt war. Zudem war es sehr heiß, sodaß ich bald in einem großen Landwirtshaus übernacht blieb. Obwohl ich sehr gut gegessen habe und vier Glas Bier trank, so habe ich doch samt dem Schlafgeld nur eine Mark und 10 Pfennig gebraucht. Den andern Tag ging ich endlich nach Nördlingen. Soviel Kirschen, wie auf dem Weg von Donauwörth nach Nördlingen werd' ich wohl auch in meinem Leben nicht mehr sehen!- 4 Für die Vorbereitungen zur Oberösterreichischen Landesausstellung in Steyr 1987 bittet die Redaktion der Oberösterreichischen Heimatblätter um entsprechende Mitteilungen.

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