OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

wurde ein Auszug aus der Wiener Kirchen-Zeitung vom 22. April 1786, in dem die Ver dienste Lorengos hervorgehoben werden, und ein Verzeichnis der Bücher Josef Leibetseders beigelegt.®^ Das Verhör zeigt zahlreiche Parallelen zum Jakobinerprozeß in Wien.®® Die Fragen, die an ihn gestellt wurden, betrafen die Französische Revolution, den Kaiser und die Religion. Sie weisen daraufhin, daß Leibetseder in breiteren Bevöl kerungsgruppen Resonanz gefunden haben muß. Daraus erklärt sich bis zu einem gewis sen Grad vielleicht auch die überempfindliche Reaktion der Obrigkeit. In Oberkappel sprach sich der Einnehmer Haschberger für die Franzosen aus, und im Innviertel erwarteten die Bauern mit Sehnsucht die „Neufranken" in Bayern, um sich mit diesem Land, von dem sie 15 Jahre vorher abgetrennt worden waren, wieder ver einigen zu können.®® Der Kreishauptmann des Innviertels, Kurz, soll nach einem Bericht des Linzer Polizeidirektors Schoppine über eine Reise ins Innviertel franzosenfreundlich eingestellt gewesen sein,^® und aus Windischgarsten teilte Pfarrer Josef Stubeck am 25. August 1796 mit, daß nach einer anbefohlenen Kanzelrede, die uns im Wortlaut überlie fert ist, in den Wirtshäusern des Marktes heftige Diskussionen geführt worden seien, wo bei Leute aus unteren Gesellschaftsschichten angeblich erklärten, daß die Franzosen gar nicht so übel wären, wie sie meistens geschildert werden: Die den gegenwärtigen Kriegsumständen anbefohlene Kanzelrede ist den 2Den dies abgehalten worden", heißt es bei Stubeck, „und kann Euer Excellenz berichten, daß selbe einen unerwarteten Kontrast her vorgebracht hat. Die Wohlhabenden, und überhaupt der größte Theilder Bewohner unse rer Gegend, die ihren Landes- Vatter, ihr Habe- und Ordnung lieben, wünschen sich diese Gäste nicht—haben sie nie gewunschen. Aber Sie, diese Kanzlrede hat mir auch wieder al ler Erwartung gezeigt, daß unser Gebürg von bös Gesinnten nicht ganz leer ist. Mehrere haben nach derselben, wie ich zu meinen größten Leydwesen hie und da von Gutgesinnten erfahren, über die drohenden Gefahren eines feindlichen Einfalles ihr Vergnügen nicht bergen können. So wie die Gutgesinnten mit Furcht und Erschütterung nach Hause giengen, sind die bösen gesellschaftlich in die Schenken gesessen, und haben die gefährlichsten Reden ausgestossen. Zum Beyspiel: Es seye nicht wahr, daß die Franzosen so böse verfah ren. Ja die Herrn, und Pfaffen nehmen sie beym Kopf, und das ist eben gut, wer wird so thöricht sein, und deswegen betten, zu geschweigen für sie streutten, und dergleichen . . . mehr. Freylich sind es nur wenige — verschwenderische schiddenvolle Hausvätter, oder sonst Zügllose, die Zucht und Ordnung verbahnt wissen wollen. Die meisten sind, so schließt dieser Bericht, gewis gutgesinnet.^'^ Im Präsidialschreiben vom 29. August 1796 wurde Stubeck aufgefordert, die Namen der Verdächtigen, die diese anstößigen Reden hielten, bekanntzugeben, wobei man ihm gleichzeitig versprach, die Informationsquelle unter keinen Umständen preiszugeben.^® 67 OÖLA, Landesregierung, P.Sch. 190, foI.2-7; fol.8 (Auszugausder Wiener Kirchen Zeitung). 68 OÖLA, Landesregierung, P.Sch. 190, fol. 13 ff. - Vgl.auch Reinalter: Aufgeklärter Absolutismus und Re volution. S. 408 ff., bes. 417 ff. 69 Vgl. dazu Sturmberger: Der Weg zum Verfassungsstaat. S. 18. 70 OÖLA, Landesregierung, P.Sch. 54, Polizei 1794.-Sturmberger: Der Weg zum Verfassungsstaat. S. 18. 71 ÖÖLA, Landesregierung, P. Sch. 54, Josef Stubeck, Windischgarsten. 72 Ebda., fol. 1 - 7.

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