OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

In der eingeleiteten Untersuchung bestritt er alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe und verneinte entschieden, daß er in Peilstein für die Franzosen gesprochen, sie wegen des Königsmordes in Schutz genommen, ihre Revolution gelobt und dabei sehr bedenkli che Gesinnungen im Hinblick auf Staat und Religion geäußert habe. Unter anderem soll er angeblich die provokante Frage gestellt haben, wozu man überhaupt einen König oder Kaiser brauche.Die Mühlviertier waren zwar —wie man den Untersuchungsakten ent nehmen kann — in ihren Aussagen eher zurückhaltend, doch blieb die Stellungnahme Leibetseders für die Revolution unbestritten. Matthias Arnreither aus Peilstein erinner te sich zum Beispiel, daß er die Reden des Schulaufsehers so verstanden habe, „als wenn er den Kaiser klein, und die französischen Rebellen groß machen wollte",und darüber hinaus meinte, „alle Zuhörer hätten aus Leibetseders Reden geschlossen, daß der Kreis schulkommissär ein Jakobiner sei."®'* Der Fleischhauer Lorenz Schwarz aus Peilstein sagte in diesem Zusammenhang beim Verhör aus: „Übrigens deucht mir, wie man oft derlei Reden hört, daß es viele Leute gibt, die es wollten, daß es bei uns auch so wäre wie in Frankreich",®® was darauf schließen läßt, daß es auch auf dem Lande Sympathisanten der Französischen Revolution gab, die jedoch teilweise namentlich in den Akten nicht aufscheinen, da sie von der Polizei nicht registriert wurden und daher gegen sie keine Un tersuchung eingeleitet werden konnte. Am 5. Dezember 1793 richtete Polizeiminister Graf Pergen an Landeshaupt mann Graf Auersperg wegen der Untersuchung gegen Leibetseder folgendes Schreiben: Obwohl nun dieser Kreisschulkommissär der ihm von dem Dechant zu Sarleinsbach zur Last gelegten ärgerlichen Reden weder in der Art geständig, noch rechtsbeständig überwie sen ist, so hat derselbe, wo nicht boshaft, doch äußerst unvorsichtig, und für einen Beamten sehr unanständig gehandelt, daß er eingestandenermaßen mit Leuten von der mindern Klasse über Dinge an öffentlichen Orten geredet hat, welche nothwendig die Begriffe der selben verwirren, und zu Misverständniß Anlaß geben mußten. Demselben ist also dieses unbesonnene, für einen Kreisschulkommissär sehr auffallende Benehmen für dießmal ernstlich mit der Bedrohung zu verweisen, daß er im weiteren Betretungsfalle unnachsichtlich nach Maase seines Vergehens bestrafet werden würde. Uibrigens muß ich Euer Excel lenz Ermeßen anheimstellen, ob es nicht räthlich seyn dürfte, diesen Kreiskommissär in ein anderes Viertel zu übersetzen, da das zu diesem Amte nöthige Vertrauen durch diese Un tersuchung immer mag geschmälert worden seyn, auch diejenigen, bei denen er zum Misverständniß Anlaß gegeben hat, in dem Wahne bleiben würden, daß man unbedenklich seine Gesinnungen, von welcher Art sie auch seyn mögen, selbst an öffentlichen Orten äu ßern könne. Im Bericht des k.k. wirklichen Kämmerers, Regierungsrats und Kreishaupt manns des Mühlviertels, Graf von Klam, über Josef Leibetseder wird u. a. darauf hinge wiesen, daß alle seine Aufsätze, die Korrespondenz und Briefe genau durchsucht wur den, darunter aber nichts eindeutig Belastendes gefunden werden konnte. Dem Bericht 62 OÖLA, Landesregierung, P. Sch. 54, Polizei 1793; P. Sch. 190, fol. 13 ff. 63 Ebda. 64 Ebda. - Sturmberger: Der Weg zum Verfassungsstaat. S. 18 f. 65 OÖLA, Landesregierung, P. Sch. 190. — Sturmberger: Der Weg zum Verfassungsstaat. S. 18. 66 OÖLA, Landesregierung, P. Sch. 190, fol. 1 — 1'.

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