OÖ. Heimatblätter 1984, 38. Jahrgang, Heft 4

welcher für ihn haften muß, die Aufsicht über ihn und sein ruhiges Betragen an einem an dern Ort nicht führen kann. Später geriet Spaun dann — wie bereits erwähnt — in einen Kreis französischer Emigranten in Linz, wo er sich sehr wohl fühlte. Bevor jedoch die Polizei eingreifen konnte, entschloß sich Franz Seraph, nach Paris zu gehen, um Napoleon „seine Feder und seine Dienste" anzubieten.®® Dort trat er mit Maret in Kontakt, den er von seiner Haft her kannte. Maret, der inzwischen Staatssekretär unter Napoleon geworden war, vermittelte einen Empfang beim ersten Konsul, mit dem sich Spaun ca. eine Stunde un terhielt. In einem Brief an seinen Bruder brachte er seine große Enttäuschung über Na poleon zum Ausdruck. „Er hatte gehofft, einen großen, den Fortschritten der Mensch heit huldigenden Mann zu finden, statt dessen habe er nur einen ehrgeizigen ohne höhere Ansichten gefunden, der nur nach der Gewalt strebe, und alle Anlagen zu einem großar tigen Tirannen habe".®^ Aus Enttäuschung begab er sich schließlich nach Deutschland, wo er geistreiche Werke herausgab, darunter mathematische und staatswissenschaftliche Abhandlungen, Märchen und einen Roman. Später soll sich Spaun die Gunst des bayeri schen Königs erworben haben, der ihn zum Professor für Mathematik an der königlichen Akademie ernannt hatte. Dort überwarf er sich aber mit dem Militärkommandanten und den Offizieren, so daß er vom König entlassen werden mußte. Als Ruhegehalt bekam er jedoch 600 Gulden. Franz Seraph Spaun ist schließlich 1826, der Ort ist leider unbe kannt, verstorben. Die Ideen der Französischen Revolution wirkten aber nicht nur auf die Intelli genz ein, sondern erreichten auch andere Schichten der Bevölkerung, wenngleich wir nur wenige Quellenbelege haben, die uns Einblick in die tatsächliche Rezeption revolutionä ren Gedankenguts bei sozial unteren und mittleren Schichten geben. Mit Sicherheit wis sen wir, daß in der Gastwirtschaft zum „Goldenen Schiff" in Linz öffentlich Kupferstiche mit der Hinrichtung von Ludwig XVI. Verbreitung fanden und daß der Gastwirt Leopold Frisch den Polizeikommissär Csepi sogar mißhandelte, weil dieser die besagten Bilder beschlagnahmen wollte.®® Laut Anzeige des Dechanten von Sarleinsbach, Hieronymus Lorengo, soll auch der Kreisschulkommissär Josef Leibetseder in Freistadt, in Sarleins bach und anderen Orten des Oberen Mühlviertels anstößige Reden geführt und die Fran zösische Revolution verteidigt haben.®® Leibetseder scheint auch in der Liste der Linzer Freimaurerloge „Zu den sieben Weisen" auf, die von der „Provinzialloge" in Wien ge setzmäßig konstituiert wurde. Die Gründung erfolgte am 31. März 1783. Trotz des Wi derstandes, der von Eybel ausging, konnte sich die Bauhütte rasch vermehren.®® Aus dem Verzeichnis der Bibliothek Leibetseders geht hervor, daß er die Schriften Christian Wolffs, Martinis, Sonnenfels' und anderer Aufklärer kannte.®i 55 OÖLA, Landesregierung, P. Seh. 194, toi. 3-4. 56 OÖLA, Kopienarchiv (1788 — 1865), Spaun-Chronik 1, Hs. Nr. 102, 23 ff. 57 Ebda., 24. 58 OÖLA, Landesregierung, P.P.Sch.54, Polizei 1793, Linzer Polizeidirektion an die Landesregierung. — Vgl. auch Sturmberger: Der Weg zum Verfassungsstaat. S. 17. 59 Ebda.; vgl. auch den Leibetseder-Akt in: OÖLA, Landesregierung, P. Sch. 190. 60 Vgl. dazu Stunnberger: Die Anfänge der Freimaurerei in Linz. S. 129. 61 OÖLA, Landesregierung, P. Sch. 190, fol. 9 - 11' (Verzeichnis der Bücher).

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