OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 3/4

meldet. Mit dem Heimatschein vom 23.2.1919 wur de sie in Ebensee zuständig. Frau Müller war nicht nur eine tüchtige Fach kraft, sondern auch eine gute Organisatorin, üir Be ruf war für sie nicht Pflicht, sondern Herzensangele genheit. Die Schülerinnen spürten diese Liebe zur Sache, sie schätzten und achteten ihre Lehrerin. Sie unterstützte kranke Heimarbeiterinnen und hielt für arme Schülerinnen am Samstag gratis einen Stickund Nähkurs. Noch heute gedenken ehemalige Mitarbeiterin nen und Schülerinnen in Liebe und Dankbarkeit ih rer Lehrmeisterin. Anläßlich ihrer Pensionierung mit Jahresschluß 1930 erhielt sie den Titel ..Schul- ♦ .tff'« - Josefshaus Kohlstatt 17 Die Frauen-Erwerbsschule, zuerst in Ebensee, Kohlstatt 17 (jetzt Langbathstraße 66) beheimatet, wurde im Jahre 1925 in die Marktgasse 12 übersie delt, von 1936 - 1945 befand sie sich im Josefshaus, Langbathstraße 44. Als Schüler wurden nur Kinder ab dem 10. Le bensjahr aufgenommen, Frauen und Mädchen in je der Altersstufe. Unterricht wurde jeden Samstag vormittag ab 8 Uhr gehalten. Die Erwerbsschule wurde in zwei Klassen geführt. Frau Müller und Frau Anna Fischer unterrichteten je eine Gruppe mit 40 Schülerinnen. Zuerst wurde der „Lehrgang" gestickt, heute als „Ebenseer Lehrgang" bekannt. Er bestand aus eini gen schmalen Borten und war methodisch sehr gut aufgebaut. Jedes Muster schloß an das vorhergehen de an, wiederholte und baute auf. Die Verbindung eines Kreuzstiches zu den anderen, die Stellungen im Muster, wurden im Lehrgang berücksichtigt. Das erste Werkstück war eine Serviettentasche. Fiel die Arbeit zufriedenstellend aus, erhielt die Schülerin das Material für ein weiteres, vorerst noch kleines Werkstück, ein Platz- oder Tablettdeckchen, heute „Set" genannt. Die angehenden Heimarbeite rinnen stickten ein Jahr lang auf Probe. Nach dieser Zeit mußten sie fehlerlos sticken können, den Durchbruch (= punto tirato) in verschiedenen Mu stern beherrschen und zudem nach Wahl einige Techniken erlernen. In Heimarbeit wurden vor nehmlich Decken und Polster gearbeitet. Fertige Ar beiten wurden in der Schule abgegeben, dort wurde auch von der Lehrerin der Lohn ausbezahlt. Die Lei stung wurde nach der Arbeitszeit berechnet. Die Muster waren Eigentum der Schule, durften nicht abgezeichnet und nicht verliehen werden.^2 " Telefonische Auskunft des OÖ. Landesarchives; nach einer Aktennotiz vom Jänner 1931. Hildegard Krinninger, Postoberinspektor i.R., Ebensee, führte für die Verfasserin umfangreiche Erhebungen in Ebensee durch. Sie vermittelte im Juli 1982 die persönliche Bekannt schaft nachstehend aufgeführter alter Damen, die entweder bei Fr. Müller noch gelernt bzw. für sie gearbeitet haben oder mit ihr sonstwie in. Beziehung gestanden sind: Anna Feichtinger, geb. 1897, Altersheim Ebensee; Maria Lechner, geb. 1897, Alters heim Ebensee; Cäcilia Gorofsky, geb. 1894, Altersheim Eben see; Hedwig Loidl, Langbathstr. 66, Ebensee, ehemals Köchin im Hause Kohlstatt Nr. 17. - Die Verfasserin dankt allen oben genannten Damen herzlich für ihre bereitwilligen Auskünfte.

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