OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 3/4

Weibliche Handarbeit im Salzkammergut Von Margareta P o k o rn y Was fleißige und geschickte Hände schufen, dien te im Salzkammergut nicht nur zum eigenen Ge brauch. Die Heimarbeit der Frauen war vielmehr oft einzige Möglichkeit, den kargen Lohn des Mannes, eines Holz-, Salinen- oder Bergarbeiters durch Ne benverdienst aufzubessern. Ende des 18., während des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es all gemein üblich, daß Kinder nicht nur im Haushalt, sondern auch bei der Heimarbeit mithalfen. So muß ten sie, bevor sie selbst klöppeln konnten, z.B.Garn wickeln und Klöppel aufspulen. Die Heimarbeit umfaßte eine Vielzahl von Tech niken: Spinnen und Weben, Klöppeln und schließ lich Sticken, mit allen Arten der Weiß- und Kreuz stich-Stickerei. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lernte die Ju gend von der älteren Generation. Einen entspre chenden Unterricht an den Pflichtschulen gab es da mals nicht. Die Organisation der Heimarbeit war denkbar einfach: man lieferte die Arbeit bei einem Händler oder bei einem Wohltätigkeitsverein ab und wurde dafür bezahlt. Das zu verarbeitende Material wurde von den Organisatoren zur Verfügung ge stellt. Erst als sich die Heimarbeit mit feineren Handar beiten, vor allem dem Sticken zu befassen hatte, er wies es sich als notwendig, die Heimarbeiterinnen zu schulen. Mit den zum Verkauf angebotenen Arbei ten konnte ja nur dann ein angemessener Preis er zielt werden, wenn sie richtig und sauber ausgeführt waren. Die jeweilige Leiterin einer Schule für Haus industrie mußte nicht nur über gute Fachkenntnisse verfügen und mehrere Techniken beherrschen, sie mußte auch organisatorisch talentiert und zudem in der Lage sein, gegebene Muster abzuändern und neue zu entwerfen. 1. Geschichtliche Zeugnisse Doch lange bevor Organisation und Förderung der Heimarbeit einsetzten, bezeugen Archivalien handwerkliche Tätigkeit und häuslichen Fleiß. Im Archiv der Stadtgemeinde Bad Ischl findet sich ein Hinweis, daß im 16. Jahrhundert „Goldene Hauben" (Haarnetze) gestrickt wurden und daß im 17. und 18. Jahrhundert Bortenmacher in Ischl rote Borten web ten. Diese Borten wurden vielseitig verwendet u. a. zur Verbindung von Leinenteilen und zum Kombi nieren mit Klöppelspitzen.^ Dr. Friederike Prodin ger, Salzburg, erwähnt z. B. eine Klöppelspitze aus dem 17. Jahrhundert mit Tulpen- und Granatapfel muster auf Rosengrund in Verbindung mit einer ro ten Webborte.2 In alten Inventaren wird rotes Garn erwähnt, was darauf schließen läßt, daß die Frauen dafür Verwen dung hatten, wenn auch vorerst nur für den eigenen Bedarf. Im Archiv der Gemeinde Goisern wird in ei nem Inventar aus dem 18. Jahrhundert ein „Merk büchlein" angeführt.3 Diese Büchlein waren sehr be liebt, sie enthielten Vorlagen für Buchstaben in Kreuzstich. Es war damals allgemein üblich, die Leib-, Tisch- und Bettwäsche mit gestickten Na menszeichen zu versehen. Im Archiv der Stadtge meinde Bad Ischl werden eingestickte Merkzeichen schon im 16. Jahrhundert erwähnt. In alten Kauf manns- und Krämerinventaren ist vom „türkischen Garn" die Rede, einem leuchtend roten Garn, das zum Kreuzstich-Sticken und zum „Merken" verwen det wurde. Das Klöppeln ist der erste Heimindustriezweig, über den in Archiven und Protokollen Berichte vor liegen. Vom Salzburger Flachgau bis tief in das Salz kammergut war das Klöppeln verbreitet. Die Spit zenklöppelei erreichte im 17. und 18. Jahrhundert ei nen ungeahnten Aufschwung und entwickelte sich zur blühenden Hausindustrie. Noch vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges kamen welsche Krämer nach St. Gilgen und unter wiesen Einheimische in der Kunst des Klöppeins. Das Spitzenklöppeln breitete sich rasch aus, die Hausindustrie gewann an Bedeutung und bildete durch Generationen die Existenzgrundlage vieler Fa milien. Händler sorgten für den Vertrieb. Der Han del mit Spitzen war so einträglich, daß im 17. Jahr hundert Bauern, Krämer und Wirte ihren Beruf auf gaben und Spitzenhändler wurden. Die Klöpplerin nen hingegen waren schlecht bezahlt. Für eine Elle Spitze erhielten sie 6 Kreuzer, den Preis von einem Laib Brot. Ende des 17. Jahrhunderts war der Salzburger Flachgau Mittelpunkt des Spitzenklöppelns. Beson- ^ Schreiben von Hauptschullehrerin Maria Zierler, Bad Ischl, vom 18. August 1965 an die Verfasserin. 2 Schreiben von Senatsrat Dr. Friederike Prodinger, Salzburg, an die Bundesstaatliche Hauptstelle für Lichtbild- und Bildungs film, Wien IX, Sensengasse 3, vom 25.September 1956. ^ Wie Anm. 1.

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