OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 3/4

Wer für Erdställe eine beweisbare Erklärung fin det, hat sich für die Kulturgeschichte unseres Landes ebenso verdient gemacht wie der Entzifferer des Dreisprachensteines von Rosette für die Ägyptolo gie und die Entschlüsselung der geheimnisvollen Hieroglyphen. Durch die Lösung des Rätsels der Erdställe werden wir Zugang zu einem Kapitel euro päischer Geschichte erhalten, von dem wir bisher weder Inhalt noch Überschrift kennen. Ansatzpunkte könnten sich in Sachen oder Do kumenten aus der Zeit der bairischen Christianisie rung finden, vielleicht schon aus dem 6. Jahrhundert, als „der Prozeß begann, in dessen Verlauf das Hei dentum in den Untergrund gedrängt wurde", wie Herwig Wolfram meint.Aber wenn wir auch sied lungsgeschichtlich das Ende der Erdstallbauzeit für Oberösterreich mit dem 12. Jahrhundert eingrenzen können, so fehlen zu ihrem Beginn bisher die gering sten Hinweise. Franz C. Lipp weist auf das Weiterle ben von Bräuchen hin^L deren Ursprung wir in einer vorchristlichen Grundschicht finden. Für dieses Hei dentum hatte das damals noch junge Christentum wenig Verständnis. Die Beachtung von Verboten ge gen die verschiedenen vorchristlichen Bräuche wur de sicher mit unterschiedlicher Strenge erzwungen, je nachdem, wie gefährlich ein bestimmter Brauch der neuen Lehre erschien. Waren die unchristlichen Erdstallkulte so verbreitet und bedeutungsvoll, daß jede Erinnerung daran völlig ausgelöscht werden mußte? Dann ist es durchaus denkbar, daß der Ur sprung der Erdställe zeitlich weiter zurückliegt, als es der heute herrschenden Meinung entspricht. Unsere Zwischenbilanz der zum größten Teil nieht mehr zugänglichen Erdställe in Oberösterreich soll anregen, die Bemühungen fortzusetzen, „Licht" in die dunklen Gänge und Kammern zu bringen. Schließen muß man aus heutiger Sicht mit einem Tu cholsky-Zitat, wenn man über das Rätsel der Erd ställe berichtet: „Alles ist richtig, auch das Gegenteil". Wolfram, Herwig: „Die Christianisierung der Baiem", in Kat. „Baiernzeit in Oberösterreich", Linz 1977, S. 177. ■" Lipp, Franz C.: „Bajuwarisches Oberösterreich", in Kat. „Bai ernzeit in Oberösterreich", Linz 1977, S.258 ff. 8. 1. Statistik der Erdställe in den oberösterreichischen Bezirken (Stand Ende 1981) Bezirk Braunau am Inn Eferding Freistadt Gmunden Grieskirchen Kirchdorf an der Krems Statutarstadt Linz und Linz-Land Perg Ried im Innkreis Rohrbach Schärding Statutarstadt Steyr und Steyr-Land Urfahr-Umgebung Vöcklabruck Statutarstadt Wels und Wels-Land nördl. südl. der Donau der Donau = 108 + 162 100,0% =

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