OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 3/4

räumliche Nähe, war für die ersten Siedler der neuen Rodungsgebiete durch den Fortzug vom alten Wohnsitz verloren. Aus dem Gedanken, daß Erd ställe als Leergräber für die zurückgebliebenen To ten zusammen mit dem neuen Haus entstanden, um diese als Beschützer der Familie zu erhalten, datiert Schwarzfischer den Beginn des Erdstallbaues: Verständlich wird, warum sich nur in der Ursiedlung der jeweiligen Siedlungsperiode Erdställe finden. Diese Sied ler benötigten Leergräber für die Seelen der zurückgelas senen Toten, nicht aber ihre Nachfahren, denn diese hat ten ihre Toten wieder bei sich. Darum können nach Ab schluß der Besiedlung auch keine Erdställe mehr glaub haft gemacht werden. 7. 5. Opferbräuche Eine auffallende Erscheinung bei der geringen Zahl von Funden, auch in neuentdeckten Erdställen, ist die Tatsache, daß keinerlei vollständige, unzerstörte Gegenstände entdeckt werden. Ans Tages licht gebracht werden Scherben, Asche, Knochen, zerbrochene, zumindest verbogene Eisenteile, ange brannte Holzstücke. Überhaupt fallen in diesen „Schuttlage'rungen" die häufigen Brandspuren auf. Fundorte innerhalb der Erdstallanlage sind meist senkrechte Schächte oder einzelne, vom Eingang entfernt liegende Kammern. Genauere Untersu chungen können weiterhelfen: handelt es sich bei die sen, oft wenig beachteten Funden um die Reste einer Brandkatastrophe des einst darüber oder in nächster Nähe befindlichen Gebäudes? Hat man den bei die ser Gelegenheit gefundenen Erdstall einfach als Schuttdeponie benutzt? Der Bodenteil eines Gefäßes aus dem 14. Jahrhundert, ge funden im Erdstall Wiesinger in Tollet, Bez. Grieskirchen. Dr. Reitinger vom OO. Landesmuseum in Linz ist der Mei nung, daß der Teil wahrscheinlich als Kerzenständer be nützt worden sei. Ein Fund dieser Art gehört bereits zu den „vollkommensten" Stücken, oft sind die Scherben, wenn wirklich welche gefunden werden, noch kleiner und weni ger aussagekräftig. Nach allen bisherigen Funden muß fest gestellt werden, daß in Erdställen nur zerbrochene, ver brannte und angekohlte Gegenstände gefunden wurden. Foto: Aigner, OÖN Oder kann uns eine genaue Schichtenuntersu chung des Materials zu einer ganz anderen Lösung bringen? Wilfried Menghin berichtetes aus der Hall stattzeit von Höhlenbrandschichten, deren Inhalt dem einiger Erdställe gleicht. Er führt dazu aus: In der Hallstattzeit erreichen Opferriten ihren Höhe punkt, die stark an jungneolithische Bräuche erinnern . . . Kultmahle waren üblich, in deren Verlauf Menschen und Tiere geopfert wurden. Wo die landschaftlichen Voraus setzungen gegeben sind, waren Höhlen bevorzugte Plätze der Handlung. Was im einzelnen geschah, ist nicht be kannt und sicher waren die Riten an den einzelnen Kultor ten unterschiedlich. In Dutzenden von Felsspalten und Schachthöhlen aber wurden vermengt mit Pferde-, Schweine- und Rinderknochen, die Gebeine von meist jungen Menschen gefunden, die geopfert worden waren. Warum können nicht Glaubensvorstellungen aus der Hallstattzeit lebendig geblieben sein und sich in Erdstallkulten noch einmal zeigen? Menschenopfer hat es in Verbindung mit Erdställen wohl kaum ge geben, die gefundenen Knochenreste, oftmals ange kohlt, stammen ausschließlich von Tieren. Auf jeden Fall sollte bei künftigen Erdstallentdeckungen der „Brandschutt" genau untersucht werden, wobei nach Möglichkeit bereits beim Entfernen des Schut tes auf vorhandene Schichten geachtet werden muß. Bei so absonderlichen Gebilden, wie es die Erd ställe sind, darf keine noch so unwahrscheinliche Möglichkeit übersehen werden. In diesem Zusam menhang sei auf die gründlichen Arbeiten von Endres^'' über die Keramikfunde des Erdstalles in Eidengrub und von Schwarzfischer^^ und Endres über die Opfergrube im Erdstall zu Trebersdorf^s hinge wiesen. 8. Zusammenfassung Dort, wo man nichts weiß und nichts beweisen kann, schlägt die Phantasie leicht Purzelbaum und kühne, nur durch einige Analogien belegte Theorien fließen aus der Feder. Aber solange wir keine deut baren Sachzeugnisse finden oder gar berichtende und erklärende Dokumente, solange bleiben nur Gedankenspiele, um Sinn und Zweck der Erdställe zu enträtseln. Noch sind sie, zum Glück, nicht als „Kommandozentrale der Götter-Astronauten" ent deckt, noch wurden sie nicht als „unterirdische Treibstofflager überirdischer Intelligenzen" er kannt. Menghin, Wilfried: „Kelten, Römer und Germanen, Archäolo gie und Geschichte", München 1980, S.35 — 36,100- 101. Endres, Werner: „Zur Keramik des Erdstalles in Eidengrub", in „Der Erdstall" Nr. 3, Roding 1977, S. 32 ff. Schwarzfischer, Karl: „Opfergrube im Erdstall zuTrebersdorf", in „Der Erdstall" Nr. 3, Roding 1977, S. 48 ff. Endres, Werner: „Keramikfunde in den Erdställen Trebersdorf undUntervierau",in „DerErdstall"Nr.4,Roding 1978, S.80 ff.

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