Weise, Feuer gemacht und daran aufs neue der Docht an gezündet werden. Um nun eine Angriffsstelle für die Ausweitung des „Ka mines" oder senkrechten Steig, bzw. Schliefrohres zu er halten, muß dieses erst ein gutes Stück über dessen ge plante Höhe hinaufgetrieben werden. Und nun bedenke man sich in die Lage des Arbeitenden: Er kann, vermöge seiner geringen Körpergröße, jetzt wohl oder übel auf der Sohle des Kriechganges, aus dessen Decke der etwa 40 Zentimeter weite Schacht emporgetrieben wurde, im Ka mine gebückt stehen, soll aber wie bisher, bei gebückter oder hockender Körperstellung, das Gestein oberhalb sei nes Kopfes, den er sich wohl entsprechend bedeckt hat, abschlagen (abmeißeln oder abstemmen). Mit welcher Mühe nur wird der Mann, in das 40 - 45 Zentimeter weite Rohr im Gesteine eingeschlossen, die Arme bewegen können, um den Pickel zu gebrauchen? Selbst, wenn der Durchmesser des Kamines 60, ja 80 Zentimeter groß wäre, würde diese Brecharbeit für jeden Menschen, auch wenn die Weite des Kamines ihm eine gewisse Bewe gungsfreiheit gestattet, der Arbeitende also nicht gar zu breitschulterig, eine harte Aufgabe abgeben, falls er nur mit einem Pickel ausgerüstet wäre und keine Bohrmaschi ne o.ä.zur Verfügung hätte. Denn er soll oberhalb seinem Kopfe das Gestein bearbeiten, und der Stelle sein Gesicht zuwenden, von der, bei jedem Hiebe, scharfe Steintrüm mer lossplittern. Bei dem Emportreiben des Kamins wird es daher auch mehr als einmal vorgekommen sein, daß abbröckelnder Gesteinsmulm dem (doch nach aufwärts blickenden) Ar beiter in die Augen fiel, so daß er sich längere Zeit der Ar beit enthalten mußte, bis die entzündeten Augen wieder halbwegs heil wurden. Der Plan des maßgebenden Erdstallbauers erforderte nun, daß vom Kammerboden aus ein schräg nach abwärts gerichteter, etwa 50 Zentimeter weiter und 2 Meter lan ger Schliefgang (und solche Erdstallteile sind sehr häufig anzutreffen) herzustellen sei, der dann durch einen wag rechten, etwas weiteren Gang, mit einem wieder sehr en gen Schlufloche an der Stirnseite, in eine neue, niedrige Kammer münden soll. Wir wollen bei diesen geplanten Arbeiten nur den Arbei ter beobachten, der den steil nach abwärts führen sollen den Schliefgang herzustellen hat: Erst kniet er am Boden der Kammer und vertieft ihm mittelst eines etwas wuchti geren Werkzeuges so tief, als er mit seinen Armen hinab reicht; muß dann, auf dem Bauche liegend, wieder mit dem kurzstieligen Pickel (vielleicht mit Unterstützung ei ner „Brechstange", die ein metallenes (?) Ende hat) das Gestein bearbeiten, aber jeweils aussetzen, um den Schutt aus dem immer tiefer werdenden Loche herauszuschaf fen, den dann Kinder oder Weiber der Arbeiter zum Ein gange des Erdstalles hinausbringen. Je tiefer das Schlief rohr wird, desto mehr muß der Arbeiter hineinkriechen, bis sein Körper ganz darin verschwindet, mit dem Kopfe beständig nach abwärts! - Und nun wird die Arbeit zum Martyrium: Ungeheuere körperliche Anstrengung ver bunden mit dem Andränge des Blutes zum Kopfe und der staubigen Stickluft; das Arbeiten im verdunkelnden Schatten, den der eigene Körper gegen die Arbeitsstelle im Schliefrohre wirft; dazu eingepfercht in ein bloß 50, sagen wir selbst 60 Zentimeter weites Rohr im Gesteine. Wenn nun schon die Ausarbeitung eines schräg nach ab wärts führenden Verbindungsteiles oder Schlief-„Ganges", wie angedeutet, Schwierigkeiten außerordentlicher Art verursachte, welche unvergleichlich größere Mühe kostete dann erst ein senkrecht nach abwärts führendes Schliefrohr, in das sich der Arbeiter nicht mehr wie beim nach oben getriebenen „Kamine", im bereits fertigen Tei le hineinkauern konnte, da er sonst die kleine Arbeitsflä che, die er anzugreifen hatte, mit seinem Körper bedeckt haben würde. Ein solches Abstiegsrohr mußte also nur von oben her ausgearbeitet werden, in der Weise, daß der Arbeiter, hier am Bauche liegend, mit Pickel oder Pickelstange („Brech stange", im Stiele verlängertes „Stemmzeug") hinabar beitend, das Gestein loslöste und den abgeschlagenen Schutt, oftmals bei tief hinabgebeugtem Oberkörper, mit den Händen herausholte. Aber ein Schliefrohr nach abwärts hat nur einen Zweck, wenn sich unten der Erdstall irgend wie fortsetzt, sei es als untergeschoßiger „Gang" oder als solche Kammer. Wie nun diese Fortsetzung von der Sohle des engen Schachtes in Angriff nehmen? Angenommen, es habe sich zu unterst an das senkrecht nach abwärts geführte Schliefrohr ein wagrecht zu seiner Achse gerichtetes Gangstück anzuschließen, wie es des öf teren vorkommt, so frägt es sich nun, wie ein selbst sehr kleiner Mensch, unten im Rohre hockend, noch Platz fin det, um von hier aus den geplanten Kriechgang, mehr oder minder wagrecht, auszuarbeiten? Zu dem Zwecke muß vielleicht das Schiufrohr länger, also tiefer hergestellt worden sein, als planmäßig nötig, und nun konnte der Hocker entsprechend höher als die Sohle, auf der er kau erte, das Gestein „anpecken" und nach und nach zum Schliefgange ausarbeiten, um später die Sohle dieses „Ganges" bis auf die Sohle des „Kamines" zu vertiefen; ganz oder teilweise, so daß, letzteren Falles, eine Stufe entstand. Oder aber der Arbeiter lag oben am Rande des Abstiegsrohres und führte von hier aus, so weit er mit in den Schacht hinabhängendem Oberkörper und den durch den Pickel verlängerten Armen reichte. Hiebe gegen die betreffende Stelle der Wandung, wo sich der geplante Gang anschließen soll, bis der neue Einschluf so tief war, daß der Arbeiter von der Schachtsohle aus wagrecht wei ter arbeiten konnte. Soweit der von Kießling theoretisch nachvollzo gene Erdstallbau. War es wirklich so? Oder benutzte man eine Anzahl zusätzlicher Hilfsschächte, senk recht in die Tiefe führend, um von dort bequem seit wärts weiter arbeiten zu können? Nur wenige Stellen gibt es in Erdställen, die diese Bauweise möglich er scheinen lassen. Die Wandflächen wirken fast aus nahmslos wie frisch aus dem gewachsenen Erdreich oder Gestein herausgeschlagen. Wenn man die von Kießling anschaulich geschil derten Erbauungsprobleme in Verbindung mit den beschriebenen Erdställen durchdenkt, wachsen Re-
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