OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 3/4

Oberösterreichische Heimatblätter Jahrgang 3/4

Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Leiter: W. Hofrat Dr. Dietmar Assmann 36.Jahrgang(1982) Heft 3/4 Inhalt Die Erdställe. Zwischenbilanz einer rätsel haften Unterwelt in Oberösterreich Hans Falkenberg Die Linz-Budweiser-Bahn. Ausgangspunkt des internationalen Schienenverkehrs 179 Günther Kleinhanns 250 Weibliche Handarbeit im Salzkammergut Margareta Pokorny Das Kapuzinerkloster in Ried im Innkreis während der NS-Zeit P. Gaudentins Walser OFM Cap. Ein „Landlerischer" aus Laussa bei Losenstein Hermann Derschmidt 217 Landschaftskunst und Heimatbegriff bei Karl Hayd Fritz Feichtinger Papierblumen aus Schwarzenberg Franz Haudum 238 Buchbesprechungen

Anschriften der Mitarbeiter Prof. OSR. Hermann Derschmidt, Konsulent, Kreuzpoint straße 16, 4600 Wels Hans Falkenberg, Wacholderweg 8, D-8450 Schw^bach Prof. Fritz Feichtinger, akadem. Maler und Graphiker, Fink straße 2, 4040 Linz Mag. Franz Haudum, Hinteranger, 4164 Schwarzenberg Dipl.-Ing. Günther Kleinhanns, Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat Oberösterreich, Rainerstraße 11,4020 Linz Regierungsrat Margareta Pokomy, Konsulent, Kaarstraße 3, 4040 Linz P. Gaudentius Walser OFM Cap., Guardian, Kapuzinerberg 15, 4910 Ried i. I. Buchbesprechungen OStR Prof. P. Nivard Frey O. Cist., Konsulent, 4553 Stift Schlier bach Prof. Dr. Hans Huebmer, Konsulent, Salzburger-Straße 8, 4840 Vöcklabruck cand. phil. Claudia Schiffkorn, Höttingergasse 15/7, 6020 Inns bruck abs. phil. Elmar Schiffkorn, Anton-Rauch-Straße 13, 6020 Inns bruck Titelbild; Separatwagen der Pferdeeisenbahn, wie er um 1840 in Urfahr gebaut wurde. Herausgeber und Medieninhaber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare) und Bestel lungen sind zu richten an den Schriftleiter der OÖ. Heimatblätter: Wiss. Rat Dr. Aldemar W. M. Schiffkorn, Landesinstitut für Volks bildung und Heimatpflege in OÖ., 4020 Linz, Landstraße 31 (Lan deskulturzentrum Ursulinenhof),Tel.(0 73 2) 71 5 17 und 71 5 18. Hersteller: Buch- -I- Offsetdruck Friedrich Karrer, 4020 Linz, Resiweg 3. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Ver fasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten. ISBN 3-85393-022-0

Die Erdställe Zwischenbilanz einer rätselhaften Unterwelt in Oberösterreich Von Hans Falkenberg Der ist der Herr der Erde, wer ihre Tiefen mißt und jeglicher Beschwerde in ihrem Schoß vergißt. Novalis 1. Einleitung Was sind das doch für sonderbare Menschenwerke, diese künstlichen Höhlen, nah unserer Wahrnehmung und doch so fern unserer Erkenntnis, so wenig beachtet und doch so weit, Denken und Schaffen einer längst vergangenen Zeit aus ihnen zu erschließen! Diese, in wunderlichen Windun gen und überraschendem Zickzack tief in die Erde ein dringenden Gänge, die mehr einer Röhre gleichen, durch die man sich, oft nur wie ein Wurm, durchzuzwängen ver mag, an die sich dann Kammer an Kammer reiht, aber auch nicht größer, als daß sechs oder acht Menschen Raum finden und sich eben noch aufrichten können! Wir finden sie in erstaunlicher Zahl in so vielen Dörfern der Heimat. So schreibt Dr. Matthäus Much Anfang unseres Jahr hunderts im Vorwort zu dem von Kaiser Franz Jo seph geförderten Prachtwerk über „Künstliche Höh len in alter Zeit".^ Verfasser war Pater Lambert Karner, der „Höh len-Pfarrer", ein Benediktiner-Mönch aus Göttweig, der durch Dr. Much seine Leidenschaft für die Erforschung künstlicher Höhlen entdeckte. Über 300 Höhlen, die wir als Erdställe bezeichnen, wur den von ihm untersucht und zeichnend und beschrei bend dokumentiert. Much geht weiter auf die Schwierigkeiten dieser Forschungsarbeit ein, die Karner mitten in unserer zivilisierten, damals bereits erheblich technisierten Welt überwinden mußte. Er ^ Karner, Lambert „Künstliche Höhlen in alter Zeit", Wien 1903. Vorwort Dr. Much, S. XVII. Masstab 1 : 160 n. d. Natur. Höhenberg bei Oberhofen am Irrsee ' Ausgang Oberstötten bei Rottenbach Eingang Oberschwandt bei Pondorf Münzkirchen II Münzkirchen I

2 3 4 S 6 7 8 9 10 Meier Neukirchen am Walde Niederunterstötten / / bei Tollet / j Wimpassing bei Auerbach Reichering bei Atzbach; Mayrhof bei Arnreit Diese „Höhlenpläne" oberösterreichischer Erdställe zeichnete der Göttweiger Benediktinermönch, „Höhlenpfarrer" Lambert Karner um die Jahrhundertwende in mühevollster Arbeit nach eigenen Vermessungen. Sie zeigen die vielgestal tigen Grundrisse der Erdställe, zusammengesetzt aus den immer gleichen Grundbausteinen: Gängen und Kammern, ver sehen mit Licht- oder Tastnischen und Sitzbänken, engen waagrechten und senkrechten Schlüpfen, das ganze System häu fig in zwei oder in drei unterschiedlichen Höhenebenen angelegt (schraffierte Kreise = senkrechte Schlüpfe). Aus: Karner, Lambert: Künstliche Höhlen aus alter Zeit (Höhlenpläne, IX). Wien 1903. (Bibliothek des OO. Landesmuseums) war dabei einsamer als die Mitglieder einer Expe dition im unerforschten Afrika, denn er blieb bei seinen Erstbegehungen — oder besser gesagt: Erstdurchkriechungen — oft genug ganz allein. Dazu schreibt Much über Karner: Er ist unter Überwindung zahlloser und ganz außerge wöhnlicher Schwierigkeiten in hunderte von künstlichen Höhlen eingedrungen, auf Wegen wie ein Erdwurm sich fortwindend, auf denen ihm zuletzt niemand mehr zu fol gen wagte. Man stelle sich die seelischen Empfindungen, beispiels weise in einer Lage vor, in der man sich auf den niederge brochenen Trümmern des Gewölbes einer Kammer befin det, über sich die klaffenden einsturzdrohenden Spal ten, schräg unter sich die dunkle Öffnung einer Schlief röhre, in die man sich, mit dem Kopfe nach abwärts, ein zwängen und den Körper nachziehen muß, das Licht lang sam vor sich herschiebend, das hier nicht zu leuchten scheint, sondern die unruhigen Schatten nur noch schwär zer werden läßt, dabei immer mit der Vorstellung im Kampfe, sich zu verirren, den Rückweg nicht mehr zu fin den oder durch nochmals herabbrechende Trümmer ver sperrt zu sehen. Experto crede! Und unter solchen Umständen maß und zeichnete der Verfasser mit der Sicherheit und Genauig keit eines Architekten, der den Grundriß eines Baues in seiner Stube auf dem Papiere festlegt; keine Lichtnische, kein Luftloch, kein Spatenstich, keine Einritzung ist ihm entgangen. Alles fand er der Mühe wert zu verzeichnen und für die Zukunft zu bewahren. So trieb er es ein Vier teljahrhundert lang, unermüdet, begeistert vom For schungseifer, voll ruhigen Ernstes vor jeder Einfahrt, voll glücklichen Gefühls nach jeder Rückkehr zur Außenwelt und sofort wieder freudig bereit zu neuen Unternehmun gen! Mit seiner jahrzehntelangen, unermüdlichen Forschungsarbeit und der damit verbundenen schriftlichen Dokumentation ist Lambert Karner der Klassiker der Erdstallforschung geworden. Er wird fast in allen Arbeiten über das Thema zitiert. Nach über 100 Jahren, seitdem er 1879 mit seinen For schungen begann, soll der Versuch gemacht werden, eine Zwischenbilanz für das Land Oberösterreich zu ziehen. 2. Künstliche Höhlen einst und jetzt Erst in unserem Jahrhundert fand der Mensch den Weg, sich „den Vögeln gleich" in die Lüfte zu schwingen. Den Schutz der Erde nahm er schon im mer in Anspruch, von Tieren lernend, die in natürli chen Höhlen und selbstgeschaffenen unterirdischen Kunstbauten lebten. Von den Wohngruben der Steinzeit, den Urah nen unserer Häuser, über unterirdische Tempelbau ten im Mittelmeerraum, von römischen Katakom ben und frühen Bergwerkschächten zur Salzgewin nung in der Hallstattzeit, von Flucht- und Verbin dungsgängen mittelalterlicher Verteidigungsbauten

i:S l Zweck für sie, sicher ist nur, daß sie jetzt selten überhaupt einem, gewiß aber keinem gemeinsamen Zwecke dienen und während die einen den Zutritt ohne Zögern gewäh ren, verweigern ihn die anderen mit Ängstlichkeit und Be harrlichkeit und ließen lieber das ganze Haus durchstö bern, ehe sie den Zugang zu „ihrem Erdstalle" öffneten. Diese Sätze, als Ergebnis eines Forscherlebens^, wurden zu Beginn unseres Jahrhunderts geschrie ben. Sie behielten ihre Berechtigung bis heute. Denn So sieht die Fundstelle eines Erdstalles kurz nach der Ent deckung aus. Nachbarn, Neugierige, interessierte Heimat kundler, natürlich die Presse, sie alle versammeln sich um den freigelegten Zugang. Eoto: Aigner, OON bis zum Familien-Atombunker unserer Tage, nicht zu vergessen die mit Zwangsarbeitern betriebenen Rüstungsfabriken der letzten Kriegsjahre in Berg werkstollen und in Autobahntunnels, zu allen Zeiten machten sich Menschen den „Schoß der Erde" dienstbar. Heute durchziehen den Untergrund unse rer Städte Wasserrohre und Abwasserkanäle, eng verflochtene U-Bahnnetze und unterirdische Stra ßen. Tausende von Kilometern an Nachrichtenlei tungen unter dem Erdboden sind selbstverständli cher Stand der Technik, genau wie Keller unter den meisten Bauten unserer Zeit. „Bei Feldarbeiten im Frühjahr brach auf einem Kartoffelfeld das Erdreich rund zwei Meter tief ein und legte damit einen Teil eines unterirdischen Gan ges frei",2 so oder ähnlich erscheinen von Zeit zu Zeit Meldungen in unseren Heimatzeitungen. Wenn der Landwirt das lästige Loch nicht sofort still schweigend zuschüttet, um Verzögerungen bei der Feldarbeit oder gar beim Neu- oder Umbau seines Anwesens zu vermeiden, trifft nach einigen Tagen der vom Bürgermeister benachrichtigte Fachmann des Landeskonservatorates ein. Er stellt fest, daß es sich um einen Erdstall handelt, die Presse bringt ei nen Bericht und die Angelegenheit gerät, wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, bald in Ver gessenheit. Denn niemand weiß so recht etwas mit dem Begriff „Erdstall" anzufangen, mit dem Erdstall selbst noch weniger. Was ist denn eigentlich ein Erd stall? So einfach die Frage, so schwierig ist die Ant wort. Dort wo sie vorkommen, weiß jeder Bauer von ihnen zu erzählen; die einen nennen diesen, die anderen jenen m giincrcr ©aiig mit Sütjwcigungcn im igiiitcrgiunbc. ".m il# m lUintiiJogcn- unfi i'piljbogrnliaiiimrrn. 2 „Mühlviertler Nachrichten" vom 9. September 1976, S.40. ^ S. Anm. 1.

Saug, finmmer mit ©ang» Öffnung in bie ücfc unö Suftlodj. ®ang. ©ang in OSctriimmtcr ©ong. bie Sicfe. Ccil rincB ^öljlEnlabgrintljcs im Durrijrrijnitl. Stammer mit i.'uftlod;. Gang. „Dunkle Gebiete der Menschheitsgeschichte" war 1898 der Titel eines Berichtes über Höhlenlabyrinthe, veröffentlicht in der beliebten Familienzeitschrift „Die Gartenlaube". Die Abbildungen in ihrer stark vereinfachten und schematisierten Darstellung dürften für den Leser mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet haben, sind aber als frühe Bildzeugnisse der Erdstallforschung von großem Interesse. wer weiß außerhalb der ländlichen Gebiete etwas über diese eigenartigen unterirdischen Bauten? Nie mand, außer einem kleinen Kreis Interessierter, kennt sie. Die Lexika verschweigen sie, architektoni sche Handbücher erwähnen sie ebensowenig wie die Standardwerke der Volkskunde, in kirchen- und re ligionsgeschichtlichen Werken findet man keine Spur, Karst- und Höhlenforscher übersehen die klei nen Kunstbauten. 3. Quellen Als wichtigste Quellen dienen die mehrfach zi tierten Werke von Lambert Kamer „Künstliche Höhlen aus alter Zeit" sowie Josef Reitingers umfas sende und gründliche Arbeit „Die ur- und frühge schichtlichen Funde Oberösterreichs"." Von beson derer Bedeutung sind Berichte der Tageszeitungen, da die Meldung jeweils die Zeit widerspiegelt, in der die Entdeckung eines Erdstalles gemeldet wurde. Die älteste Zeitungsmeldung von einem Fund stammt aus der Linzer Tages-Post vom 9. August 1866. Unter dem 8. August wird berichtet, daß ein Hirtenknabe in eine neben einer Brombeerhecke befindliche Vertiefung fiel, bei deren näherer Unter suchung man vier miteinander verbundene, ge mauerte (!?) Gemächer entdeckte, in denen man gar keinen Gegenstand vorfand, aus dem man „auf das Zeitalter des so lange verborgen gebliebenen Baues hätte schließen können und gehen die Vermutungen über die ursprünglichen Bestimmungen dieser Räumlichkeiten sehr weit auseinander". Als aufschlußreiche Quelle für das obere Mühl viertel, ist der wirtschafts- und heimatkundliche At las „Der Bezirk Rohrbach"® zu nennen. Außerdem gibt es zahlreiche Einzelmeldungen und Aufsätze in Kalendern, Jahrbüchern und Heimatzeitschriften sowie das Erdstallverzeichnis von Benesch aus dem Jahr 1905. ttad)rit^tcn atiö unb (SJberöflerreii^. 8. Siiguft 1866. § 81m 6. b. um 8V2 Uljr 2I6fnbö fmb 400 3>frtt>iinbett ber ^Rorbarmee über ffiien ^ict^er ge» fcmmen. § 2Iuf aßen ©Irerfen ber ffaifcvin ©lifabelbboßn ttirb im 3J?ciiate SUigiift ein 28f}crjcntiger Slgicjuf^Ing brvftbnct imb eingebeben. § 2sPtigftt ©nmflag fiel auf ber frgen. S e i I i m g (auf brm Gcitciiroegc ber üinj—©allnriifirdjnorftrnffc nad) üi'artlH'rii) ein .fSirtciifnabe in eine neben einer SBrmnbeer« flaute bcfiiiblube 8?erticfuiia. 81ef bereu nnbcrer Uiiterfudjung cnttcrfle man ricr ■lüt einanber ocrbimbeue, geiunuertc Weniiidiev. J^ie Feifc Ic'erften ift fo niebrig, baS man nur tu gcbiiefter ßtclliiug iiorbringeii fann , bie J^ecfe bed jmeitcn ÖUuMdi'J ift in ibinfnufböbc, bie bcibcn lebten fluimnc finb uetl) bebfr. iUtan fnnb gnr feinen ©cgenftnnb imr, nud bem umii nnf baf ^f'talter bcä fo lange öcrbprgen gebliebenen ^tnui'i° lullte fdilicfScn fönnen iinb geben bie tHeriniitbnugen über Me urfpnmglit^en Seflimniiingen bicfcr fRnumlidifcittn fepr mcit nii8 einanber. Von besonderem Wert für jeden, der sich für das Rätsel der Erdställe interessiert, ist die seit 1975 in Roding/Bayern einmal jährlich erscheinende Zeit schrift „Der Erdstall, Tiefte des Arbeitskreises für Erdstallforschung"^, Herausgeber Karl Schwarzfi scher, die ausschließlich Beiträge zur Erforschung künstlicher Höhlen bringt. In den darin zu findenden ausführlichen Bibliographien von Manfred Moser der Hefte 1, 3, 4 und 5 findet sich das wichtige deutschsprachige und internationale Schrifttum zum Thema. " Reitinger, Josef „Die ur- und frühgeschichtlichen Funde in Oberösterreich", Linz 1968/69. ® Winklir, Fritz: „Der Bezirk Rohrbach" Linz 1967. Karte „Ge schichte", Besiedlung. ® „Der Erdstall, Hefte des Arbeitskreises für Erdstallforschung", D-8495 Roding, Erschg. Ix jährlich.

ans £tn^ nn) 0t)etöl!ertej(i). Sinj, 28. Dctober 1889. § au§ tängft ent|c^tDuitbener geit. ®uS S'Jeu^ fetbcn toirb un§ unter bem 26. b. SR. beliebtet: Sorigi SBod^e flieng ^iet baS (Serüe^, bQ| in bet Drtitqoft 3Rab*> bof, ipfarte Stltenfelben, ein untetirbi(c^er@anB bloägelegt Korben fei. <Si fanb fit^ eine (SefeEic^ft in Steac reiben, bie jie^ gejtem ber SDlilö« unterjog, biefen intereffoute« gunb näber tu bcfiebtigen. 3{n Drt unD ©teile erfuhr *10% ba6 eingitgo^f' fraglicher ©teile burchtrat. S)ie(elb« Kurbe erKeitert, neugierige Jlnaben Karen bie erften, bie fonben, ba§ ein längerer untenrbif^er SBeg oothanben fei. SBir fliegen auf einer Seiler burch bie Deffnung, beiläufig brei fWeter ti^, fonben einen fübliih führenben ©tollen in ©anbftetB gehauen, bei trier iUlcter lang, über einen iKeter h^c^r einen OTeter breit. 0m @nbe biefeä ©toEenä ifl eine runbe Deffnung, mit fünfjig (Zentimeter Surchmeffet, fenfrecht abmärts gehenb, jKei iDleter tief. sßon hier aus führt öftlich ein jKeiter ©tollen oon etKaS gril&eren ®imenfionen (jehn SKeter lang), on beffen linter Seite ftch eine nif^enförmige SrKeiterung, erinnemb on gothifche Bauart, befintet. üaft gegenüber }Ketgt em »euerer ©tollen oon einigen ®letem Sänge rechts ab, ber an feinem Cnbe Kieber eine aber engere Deffnung ho', neuerbingS einen ®ang auffchliehenb; boch ba in biefem Sange fein Sicht mehr brannte unb bie Suft faum mehr athembar Kar, fo muhte man oon Kciterer gorfchung Mbftanb nehmen. Der mittlere ©tollen fcheint fich noch toeiter fortjufehen, boch ift er berfchüttet. ©roheS gntereffe gcKinnt bie ganäc ©ache baburch, bah "löi i" ber nächften Slöhc eine heibnifch'^ Dpferhätte gefunben ju baben Kähnt, Ko befonberS ber SRingKaH noih gut erhalten ift utfb Bertiefungen für ben Dpferftein er« im Mittelalter unmöglich sei, führt er eben den Man gel, ja das völlige Fehlen von Urkunden, Dokumen ten, sogar von irgendwelchen Hinweisen und Erwäh nungen an. Statt dessen zitiert er Ovid, Tacitus und Plinius als Zeugen für die Nutzung von Höhlen im „alten Germanien". Heute herrscht die Ansicht, daß die ältesten Erd ställe frühestens zur Zeit der bayrischen Landnahme entstanden, also vielleicht schon zwischen 500 bis 800 n. Chr., eher aber gegen das Ende dieses Zeit raumes. Obwohl in dieser zeitlichen Festlegung des Be ginns der „Erdstallzeit in Mitteleuropa" sehr viel Unsicherheit enthalten ist, kann doch als weitgehend gesichert gelten, daß Erdställe im Zuge der bayri schen Besiedelung entstanden. fic^lli^ finb ßKcd biefer ßdl'n ifh gai^männcr auf bitfen »ntereffanten gunb aufmcrtfam ju machen, ^err S'art 2 u g= mogr, fjraftifc^er Krjt in Slcufefben, ift }ur ©rl^eilung «Der bif«f6Digen HuSfünfte gerne bereit. Zu den älteren Quellen über die Entdeckung von Erdstäl len gehören die Tageszeitungen. Als Beispiel zwei Berichte der „Linzer Tagespost" von 1866 und 1889. (Archiv OÖN) 4. Allgemeines 4. 1. Der Name „Erdstall" Die heutige Bedeutung des Wortes „Stall" als Bauwerk zur Unterbringung von Tieren hat nichts mit dem Erdstall zu tun. Hier bedeutet Stall nur „Stelle, Platz, Ort". Im benachbarten Bayern, dessen nordöstlicher Teil sich eines ähnlichen Reichtums an Erdställen wie Oberösterreich erfreut, hat sich die ser Name wohl erst in unserem Jahrhundert einge bürgert. Bis heute heißen die künstlichen Höhlen im Volksmund dort „Zwergenloch" oder, mit gleicher Bedeutung, „Schrazelloch". Die Ableitung des Namens vom bergmännischen Begriff „Stollen" ist nicht beweisbar, obwohl, bau technisch gesehen, der Quersehnitt vieler Erdstall gänge eine verblüffende Ähnlichkeit mit denen vor geschichtlicher Bergwerksstollen hat. 4. 2. Alter und Entstehungszeit Karner versucht nachzuweisen, daß die meisten von ihm erforschten Erdställe in die „vorhistorische oder wenigstens in den Beginn der historischen Zeit" zurückreichen. Als Nachweis, daß eine Entstehung c?; \ • Rohrbach • • f Erdställe im politischen Bezirk Rohrbach Die Karte zeigt die bis um das Jahr 1000 n. Chr. von Süden her erreichte Besiedlungsgrenze mit einer Strichlinie, die Besiedlungsgrenze um 1200 mit einer Strichpunktlinie. In den nördlich davon liegenden, erst später besiedelten Ge bieten gibt es nur noch wenige Erdställe. Es kann mit hoher Sicherheit angenommen werden, daß der Bau von Erdstäl len mit dem 12. Jahrhundert zu Ende ging, wenn man Hof stelle, aber auch Kirche oder Burg als zumindest zeitgleiche oder spätere Bauten zu den darunter liegenden Erdställen betrachtet. Eine Karte des Bezirks Rohrbach, der wohl zu den am spätesten besiedelten Gebieten Oberöster reichs gehört, zeigt uns das Ende der Erdstallzeit. In der letzten Besiedlungsphase, nach 1200, entstanden keine Erdställe mehr. Die wenigen Vorkommen au ßerhalb dieses späten Siedlungsgebietes liegen in

fruchtbaren Niederungen, die wohl schon früher ur bar gemacht wurden. Diese sehr deutliche Grenze von 1200 zeigt, daß siedlungsgeschichtlich bisher die einzige Möglichkeit besteht, das zeitliche Ende des Baues von Erdställen zu fassen. Die Vermutung, daß die Erdställe schon irgend wo in den riesigen Wäldern nördlich der Donau be standen hätten, in einem Gebiet, das nur von einigen Pfaden und wenigen Handelswegen durchzogen war, wirkt unwahrscheinlich. Wann und warum sollten so viele derartige Höhlen, auf Stunden von den be wohnten und zivilisierten Gebieten an der Donau entfernt, mitten in die Wälder gegraben und später ausgerechnet dort mit Häusern überbaut worden sein? Es hätten dann Erdställe in der Zone, die erst nach 1200 besiedelt wurde, in ähnlicher Anzahl vor handen sein müssen. Es sei erwähnt, daß in Pfaffen schlag, Mähren, noch 1300 zwei Erdställe entstan den sein sollen.^ 4. 3. Bauprinzipien Erdställe unterscheiden sich deutlich von allen anderen unterirdischen Bauten. Ihre Eigenart läßt sich in einigen Stichworten zusammenfassen: — unterirdisch — von Menschen gebaut — sorgfältig geformte Wandflächen — Bearbeitungsspuren der Werkzeuge erkennbar — alle Wand-, Decken- und Gehflächen unverkleidet — Gänge für Erwachsene nur gebückt oder kriechend begehbar — Schlupflöcher mit Abmessungen bis zu 40 x 50 cm, nur schwer passierbar — „Lichtnischen", erkennbar an Rußspuren oder „Tastnischen" gleicher Form ohne Rußspu ren — nur ein Eingang vorhanden — die wenigen Funde sind zerbrochen oder ver brannt, in jedem Falle beschädigt — für heutige Begriffe ein nutzloses, in sich unlogi sches Bauwerk, ohne jeglichen erkennbaren Sinn oder Zweck. Diese Bauprinzipien erklären, wodurch sich Erd ställe von anderen unterirdischen Bauten, wie „Geheimgängen, Fluchtwegen, Bergbaustollen, Bierkel lern und Wasserminen" unterscheiden. Es ist die seltsame Form der Gebilde mit den plötzlich die Richtung wechselnden Gängen, den Kammern und besonders den Durchschlüpfen, die sich bis zu einem Maß von nur 40 auf 50 cm verengen können, für „stattliche" Personen unpassierbar. Fallschächte führen mitten aus einem Gang in eine tiefere Etage, die Eingänge sind oftmals haushohe, oder besser haustiefe Röhren mit ausgearbeiteten Trittstufen an den Wänden, um in die Unterwelt steigen zu können. Der Gangquerschnitt erinnert an eine Kombination von romanischen und gotischen Gewölbekonstruk tionen, aus der Erde herausgearbeitet. ' Schwarzfischer, Karl, 1. Vorsitzender des Arbeitskreises für Erdstallforschung, RodingBayem, Referat vom 27.3.81.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Bauweise eines Erdstalles darzustellen. Am deutlichsten, aber zeitraubendsten, ist die Anfertigung eines maßstabgerechten Modells. Hier sehen wir, von der gleichen Stelle aus innerhalb einer Anlage (Erdstall Wiesinger, Tollet, Bez. Grieskirchen), ein Foto, einen Grundriß, einen Schnitt des senkrechten Schachtes und eine dreidi mensionale Darstellung. Durch die eingezeichneten Figuren werden die Größenverhältnisse deutlicher. Foto: Aigner, OÖN Neben der ungewöhnlichen und labyrinthartigen Anordnung der Gänge in vielen Erdställen, gibt es darin eine weitere Besonderheit; in den Wänden, in der Höhe, wo die Verjüngung zur Deckenwölbung beginnt, finden sich in Abständen kleine Nischen. Welchen Zweck hatten sie? Die Vermutung, hierin wären Lichter zur Erhellung der Gänge aufgestellt, wird bei genauer Betrachtung widerlegt. Bei kaum einer Nische finden sich Qualm- oder Rußspuren. Sie sind so sauber wie das umgebende Erdreich. Die Vertiefungen könnten also Tastnischen gewesen sein, um die Orientierung in den lichtlosen Gängen zu erleichtern. Wenn sie wirklich diesen Zweck ge habt haben, hieße das, die Benützer wären im Dun kel hindurchgegangen. Sie müssen ihren Erdstall ge nau gekannt oder andere Gründe gehabt haben, den Weg in völliger Finsternis zurückzulegen. Aber wenn sie ihn genau kannten, warum dann „Tastni schen"? Für Neulinge bei Erstbegehungen? Aber wem sollten dann „Tastnischen" in unbekannter An ordnung helfen? Fast glatt geschliffene Wände in Schulterhöhe an Engstellen und in Durchschlüpfen sprechen für häufige Begehung der Erdställe. Wie sehen die Kammern aus, in die Gänge und Schlupfröhren münden? Die einheitliche und in der Bauform weitgehend übereinstimmende Gestaltung der Gänge ändert sich zu einer Vielfalt von Kammer formen. Die Skizzen verschiedener Erdställe aus Oberösterreich, Niederösterreich und Bayern zeigen die unterschiedlichsten Grundrisse und Größen. Die Raumhöhen sind ebenso ungleich und gehen von etwa 1,5 bis zu 1,8 m, können aber auch in Ausnah men bis zu 2,5 m betragen. Charakteristisch sind die Rundgänge, die bei einzelnen Höhlen geplant er scheinen, sich bei anderen durch die labyrinthische Gangführung ergeben. In vielen Kammern gibt es „Sitznischen" oder Bänke, seitlich aus der Wand herausgearbeitet. Sie sind meist sehr niedrig, die Hö he des Sitzes beträgt oft nur 20 cm über dem Kam merboden. Überall aber finden wir die gleichen Bauprinzi pien, die gleichen Baubestandteile, so daß der Ein druck eines Baukastensystems entsteht. Gänge, Schlupflöcher, Kammern, Rundgänge werden mit senkrechten Schächten kombiniert und mit den im mer gleichen'Licht- oder Tastnischen, niedrigen Sit zen und Bänken, auch mit Ausweichnischen ausge staltet. Nur die Art der Aneinanderreihung und die Größe unterscheidet die einzelnen Anlagen. Mit an deren Worten gesagt: es steht eine einheitliche Bau idee, ein besonderer, aber für alle Erdställe zutref fender Grundgedanke am Anfang der Erbauung, auch wenn einige Ausnahmen von der Regel gefun den werden. Der Wiener Forscher Guido List vertrat die Ansicht, daß es eine eigene Zunft, ähnlich den römischen „Fossores" oder den späteren Deichgrä bern gegeben habe, welche überlieferungsgemäß die Erdställe gleichartig herstellten, eine Ansieht, die nicht von der Hand gewiesen werden kann und der sich auch Pater L. Karner anschloß. 4. 4. Anzahl und Verbreitung Aus der Tabelle im Anhang geht hervor, daß in Oberösterreich über 250 Erdställe bekannt sind. Diese Zahl muß jedoch etwas genauer betrachtet werden. In mehreren Ortschaften findet sich mehr als ein einziger Erdstall. Hier erhebt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um verschiedene Erdställe handelt oder ob Teile eines umfangreiehen und teilweise ver schütteten Gangsystems an verschiedenen Stellen angeschnitten wurden.

Verbreitui Erdställe i Oberöster nach dem vom 1.6.1 Erdställe in Oberösterreich. Auf der Karte sind nur die Bezirksgrenzen eingezeichnet, um die räumliche Verteilung der Erdställe klar aufzuzeigen. Die Übersicht läßt mit einem Blick erkennen, daß die größere Anzahl (ca. 60%) südlich der Donau liegt und nur etwa 40% nördlich der Donau zu finden sind, im Gegensatz zum benachbarten Bayern. In Haslach, Bez. Rohrbach, finden wir Hinweise auf vier Erdställe. Nach Angabe von OSR Vitus Ecker, Konsulent für Volksbildung und Heimatpfle ge und führender Mitarbeiter der Arbeitsgemein schaft für Heimatkunde und Heimatpflege des Be zirkes Rohrbach im Oberösterreichischen Volksbil dungswerk, soll „der ganze Ort unterhöhlt" sein. Weiters könnten sich Mehrfachnennungen des gleichen Erdstalles dadurch ergeben, daß dieser nach seiner Entdeckung wieder in Vergessenheit ge rät und nach einigen Jahrzehnten, an anderer Stelle seines Systems angeschnitten, „neu" entdeckt wird. Jede statistische Auswertung muß also mit erhebli cher Vorsicht betrachtet werden, jedoch mag eine solche Aufstellung, wie sie nach dem derzeitigen Kenntnisstand möglich ist, eine Grundlage für weite re Untersuchungen sein, z. B. durch eüie Orts- und Lagenamen-Analyse. Die beigefügte Karte von Oberösterreich gibt ei nen Überblick über die räumliche Verteilung der Erdställe. Auf einen Blick widerlegt sie die Vermu tung, daß diese in der Mehrzahl nördlich der Donau liegen. Die Aufschlüsselung ergibt ziemlich genau. daß nur 40% oberhalb, aber 60% südlich der Donau liegen. Im benachbarten Bayern liegt das Verhältnis bei 73% nördlich der Donau und 23% südlich da von. Damit ist die Frage nach der Verbreitungsdich te noch nicht endgültig beantwortet. Wenn wir heute in Oberösterreich mehr als doppelt so viele Erdställe wie Karner um die Zeit der Jahrhundertwende ken nen und das Schwergewicht der Funde seitdem süd lich der Donau liegt, wäre doch zu prüfen, ob nicht eine lebhaftere Bautätigkeit in den reicheren südli chen Gebieten die Ursache ist, daß heute dort mehr Erdställe gefunden werden. Die Gesamtzahl der bekannten Erdställe im mit teleuropäischen Verbreitungsgebiet dürfte bei rund 800 bis 1.000 liegen. Diese Zahl errechnet sich aus den etwa 250 Erdställen in Oberösterreich, der glei chen Anzahl in Bayern, wahrscheinlich ebensoviel in Niederösterreich, dazu die Erdställe in Böhmen im Gebiet der heutigen Tschechoslowakei, in Polen und Ungarn. Dazu dürfte eine erhebliche Dunkelziffer von noch nicht wieder entdeckten, verschwiegenen, zerstörten oder nicht als Erdstall erkannten Bauten kommen, die ein Mehrfaches der bekannten Erdstäl le ausmachen kann.

Sehr übersichtlich zeichnet sich in der Karte die Mehrzahl der Erdställe im Raum nördlich der Donau ab. Mittelpunkt > ist die Stadt Cham im Bayrischen Wald. Grundriß und Schnitte vom Erdstall Eidengrub Seg.ndejEJ'S! ■I Selandeiel« Gruitdwasser • -- ' Sctwil (A)—(J) '>w . Verbreitung der Erdställe in Bayern nach dem Stande vom 1. 10. 1980 Entwurf Karl Schwarzfischer - >•; ScMupi (f) i Schnitt (gHg) (5)\ Brunnen ScWiipl @ \ "x"' \ -)~A~L vN-V ^Lchtnischc y 1 0 1 2m CHATRES Sur CHER Le Pressoir 1973 Zum Vergleich mit oberösterreichischen Erdstallanlagen ein Grundriß der französischen Anlage von Chatres sur eher und ein guter Plan des bayrischen Erdstalles in Eidengrub. -S ^ 1 2 3.4 5 m

Vitus Ecker meint aufgrund siedlungsgeschicht licher Überlegungen sogar, daß bei jedem bis zum Jahre 1000, unter Umständen sogar bis 1200 gegrün deten größeren Hof ein Erdstall vorhanden gewesen sein muß. Wenn wir ganz vorsichtig schätzen, wur den in Mitteleuropa mindestens 2.000 Erdställe ge graben, eine Zahl, die jeden Erklärungsversuch über Sinn und Zweck dieser künstlichen Höhlen noch schwieriger macht. Eine wahrhaft rätselvolle Unter welt liegt unter unseren Füßen! Damit nicht genug. Erdstallähnliche Bauten finden wir in großer Zahl in Frankreich, auch in Spanien, in geringerer Zahl in Großbritannien und Irland. Zwischen den Verbreitungsgebieten Mitteleuro pa im Osten und Frankreich/Spanien im Westen liegt eine breite, fundlose Zone. Auch dafür gibt es keine logische Erklärung, denn es scheint schlechthin aus geschlossen, daß in diesem Streifen von mehreren hundert Kilometern Breite Erdställe vorhanden sein sollten und nur nicht gefunden wurden. 5. Erdstallbeschreibungen Um Fundgeschichte, Beschaffenheit und weite res Schicksal von Erdställen zu verdeutlichen, sollen einige charakteristische Anlagen näher beschrieben werden. 5. 1. Lughof, Gem. Pfarrkirchen, Bez- Rohrbach Nehmen wir als erstes Beispiel den leider nicht mehr zugänglichen, weil zugeschütteten Erdstall in Wehrbach (Lugbauerhof), Gem.Pfarrkirchen/Mühl viertel. Für ihn treffen alle angeführten Gesiehtspunkte zu: er ist unterirdisch von Menschen gebaut, im Innern der Anlage war alles sauber, rein und aus Sandhärte (weichem Sandstein) gearbeitet (Bericht des Herrn Ratzesberger, Altenhof, „SchneiderHans"), die Ganghöhen betragen 85,90 und 100 cm, so daß man nur stark gebückt gehen kann, ein Schlupfloch ist 52 x 50 cm hoch, das andere nur 52 x 42 cm. Es gibt eine „Lichtnische" mit Rußspuren in einer Höhle, die am weitesten vom ursprünglichen, einzigen Eingang entfernt liegt und eine Anzahl gleichgeformter, sauberer Tastnischen. Es fanden sich Scherben, Kohlen und Ruß. Selbst wenn wir in diesem Augenblick noch die Frage nach dem Zweck der Erdställe ausklammem, muß das Problem der Erbauung angesprochen wer den. Wer hat die mehr als 4 cbm Sandstein aus der hinteren Höhle durch zwei enge Schlupflöcher über eine Entfernung von mindestens 17 m zum Ausgang geschafft, wenn nicht, was sehr wahrscheinlich ist, der Erdstall noch größer war? Und wer hat die Mühe auf sich genommen und weitere 5 cbm Sandstein durch das enge Schlupfloch Hm weit zum Ausgang befördert und weitere ca. 5 cbm aus der Erde gebro chen, und alle diese Lasten auch noch durch einen Einbruch, entdeckt am 9. 10.1926 Tastnischen Eingang Lughof (Stailgebäude) Der Erdstall des Lughofes ist wahrscheinlich noch größer gewesen, als es die skizzierte Ausdehnung von ca. 6 x 12 m zeigt. An vier Stellen wurden Gangverstürze (Zickzackli nien) festgestellt. Nach seiner Entdeckung im Jahre 1926 haben ihn hunderte von Besuchern begangen, auch aus Linz und aus Bayern. Alle, die den Erdstall in seiner gan zen, damals zugänglichen Größe kennenlernen wollten, mußten durch die zwei engen Schlüpfe von nur 50 x 52 cm und 50x42 cm kriechen. Hans Ratzesberger beschreibt das Innere: „. . . war alles sauber, rein und aus sehr wei chem Sandstein gearbeitet". Und zum zweiten Schlupfloch vermerkt er: „Diese Stelle ist geradezu herrlich und regel mäßig gearbeitet, eben, mit scharfen Winkeln und einem schönen, regelmäßigen Rundbogen". engen Schacht von 85 x 92 cm Querschnitt einen Meter hochgehoben? Und das alles bei knappem Sauerstoff in fast völliger Finsternis? Welche Bau idee stand hinter dieser mehrtausendfach in Mittel europa gemachten Anstrengung? 5. 2. Mayrhof, .Gem. Arnreit, Bez- Rohrbach Die großartige Chronik der Gemeinde Arnreit enthält ausführliche Schilderungen der beiden im Gemeindegebiet gefundenen Erdställe. Die folgen den Auszüge sagen Wesentliches über die Entdekkung und das spätere Schicksal der Anlagen: In unserer Gemeinde wurde zuerst der Erdstall in Mairhof entdeckt (i. J. 1889), als ein Schulbube ein Paar Ochsen vom Feld heimtrieb. Ein Ochse brach mit den Vorderfü ßen ein. Der Knabe vergrößerte das Loch und entdeckte so Höhle und Gang. Oberlehrer Karl Radler, damals in

11/ III" I I . I H '■in:' iS: M l Ii /■illl iJ'if' " f U lli H . III Iii I IHlilll' i)|ti Zeichnung aus der Chronik 'IIII 11 j I lüillijlfjjij von Arnreit zeigt den Erdstall r IXLLU—u 1 j 11 j Mayrhof in der oberen Skizze als HC JUh I Grundriß, mit den drei schraffieriTTiJjj II II [[*(1 I ten senkrechten Schlüpfen und lllllf h I l'll „Kapelle" mit den vorsprin- -lll i'l"ll Ullllllllii g^'^^den Rippen als Wandprofil. I jjj l'll Ii I I I K untere Zeichnung zeigt den II I In Iii I I 1; verkleinerten Querschnitt. TrotzI ' I ft. '1 ^ ' dem bleiben in diesen Skizzen aus ( llilll ||[/||j ||) }l| der Zeit der Jahrhundertwende i ullll I i I beim Vergleich einige UnklarheiI llllJI' ili Im! Ii ien über die Bauart dieses Erd- ' ' Ifll hill '! sulles. Ihnfllll! I t II-II'! II !i^ ' Ii iII iilü'''!!, !iil' Ii.. ilc'i. I ilYniii lii liilüHi'i '''li'riTTrrrT/'TTmy^ iVt™ Arnreit angestellt, ging mit dem Lehrer Untersmeier so fort an Ort und Stelle und stiegen mit einer Laterne ein. Sie entdeckten ein ganzes System von Kammern und Gän gen. In den senkrechten Schlupfgängen fanden sie Vertie fungen zum Einsetzen der Fußspitzen angebracht. Bevor sie die Durchforschung beenden konnten, drohte das Licht auszulöschen und wurde die Luft so drückend, daß sie schleunigst den Rückzug antraten. Dieselbe Erfahrung machten sie beim 2. Einstieg. Erst als die Besitzerin Rosalie Zauner erlaubte, daß ein Luftschacht gegraben werde, konnten sie ungehindert eindringen. Im ganzen Erdstall fanden sich in gewissen Zwischenräumen Lichtnischen, von denen einige an der oberen Seite geschwärzt waren. Mühsam schafften sie aus einem der Gänge, der mit locke rer Erde verschüttet war, mittels Schaufeln an gekürzten Stielen das Erdreich durch den Luftschacht hinaus. In der Erde fanden sich eine Unmenge Kohlen, ferner Scherben aus schwarzgrauem Ton, aus denen sie ein vollständiges Gefäß zusammensetzen konnten. Ferner fand sich aus dem gleichen Ton ein Geschirr mit einem Henkel, welches die Entdecker für einen gewöhnlichen Deckel hielten. Der Erdstallforscher Lambert Karner meinte, das Gefäß sei eine Opferschale, in der Rauchwerk verbrannt werden konnte. Beide Gefäße wurden an Karner übergeben und dürften sich im Museum des Stiftes Göttweig befinden.® Der Boden der Schale, sowie der Urne, zeigte ein soge nanntes Sonnenrad. Karner schätzte die Funde als sehr wertvoll für die Forschung ein und sagte, sie seien die ältesten Denkmale seiner Höhlensammlung: Wenn so vieles von dem, was die ältesten Völker in Sitte und Religion übten, für uns Geheimnis ist, so bin ich viel leicht nach meinen Beobachtungen in der glücklichen La ge, in dieselben einen Einblick zu geben und das Geheim nis etwas lüften zu können. Die Höhle von Mairhof bei Gefäßböden mit „Sonnenrad", im Erdstall Mayrhof 1889 gefunden, heute verschollen. Prof. Alfred Höllhuber, Rei chenstein, deutet die beiden Böden als frühromanisch (800 — 1000 n. Chr.). (Archiv Vitus Ecker) Stierberg dürfte uns hierfür einigen Aufschluß geben. Die eine Rundkammer des Erdstalles wird von allen, die sie sehen, als Kapelle bezeichnet. Sie ist eine der merkwür digsten, die ich je gesehen. Ein kurzer Eingang führt in die an ihrer Sohle etwas tiefer gelegene Kammer. Die ganze Höhle ist aus einem porösen Sandstein gearbeitet und dies ermöglichte die äußerst interessante Architektonik im In nern des Kämmerleins. Rechts und links vom Eingang er heben sich aus der Wand hervortretende, halbrunde, arm dicke Säulen, die über der gerundeten Decke des Ein gangs sich in einem Bogen vereinigen. Aus der Mitte die ses Bogens strebt eine gleichstarke Rippe empor zur gerundeten Decke, zieht sich an derselben von Ost nach West hin und senkt sich an der Wand dem Eingang gegen über bis zur Sohle hinab. Eine gleiche Rippe durchzieht von Nord nach Süd von Sohle zu Sohle das Kämmerlein und durchkreuzt so die erste in der Mitte der Decke. Dem Eingange schief links gegenüber ist an der Rückwand ein unregelmäßig geformter Steinvorsprung stehen geblie ben. ® Nicht mehr auffindbar (Hinweis von Vitus Ecker, 1980).

Die Chronik berichtet weiter, daß die Gänge ihrer ganzen Länge nach mit einer Schicht brauner, getrockneter Pflanzen bedeckt gewesen sei, die sich, bei Tageslicht besehen, als große Exemplare von Schachtelhalm (Equisdum, im Volksmund Katzenschweif genannt) erwiesen haben. Die eifrigen Forscher fanden bald Mitarbeiter. Wenn jene ihr Tagewerk vollbracht hat ten, setzten die Söhne und Knechte der Besitzerin ihr Werk bis spät in die Nacht fort, in der Meinung, Gold- und Silberschätze zu finden. Dies erfüllte sich nicht, doch ka men sie an eine Stelle, wo man deutlich jedes Wort, das im Freien gesprochen wurde, verstehen konnte. Die Besit zerin wünschte ein weiteres Vordringen einzustellen und so wurde der Gang verschüttet, da, wo zuletzt gearbeitet wurde und ursprünglich der Eingang gewesen sein dürfte. Somit wurde der Erdstall unzugänglich. Beim Brande am 25. Juli 1911 blieben 18 Rinder und 1 Pferd im Feuer und wurden an Stelle des Erdstalles ver scharrt. Damit ist dieser Erdstall nicht mehr zugänglich. 5. 3. Atzesberger, Gem. Arnreit, Bez-Rohrbach Oberlehrer Bernhard Derschmidt berichtet in der Ortschronik von der „großen Überraschung" des 13. April 1928: Anläßlich der Anlegung einer modernen Düngerstätte neben dem Hause des Bürgermeisters Franz Atzes berger mußte an der Westseite des Anwesens in die Tiefe gegraben werden. Da stießen die Arbeiter auf eine Steinplatte, die sich von dem anderen Gestein unter schied. Als man sie abheben wollte, fiel sie in eine kleine Höhlung. K Ii Im Erdstall Atzesberger fand sich ein kapellenähnlicher Raum mit drei spitzbogigen Nischen, ähnlich dem im nahen Erdstall von Mayrhof. Die zentrale Lage der „Kapelle" in der großen Anlage hat K. Radler mit einem „K" gekenn zeichnet. Der junge Ludwig Atzesberger (Volksschüler) zeigte sich gerne bereit, als Erster in die unbekannte Tiefe einzudrin gen. Nach dem antiken Beispiel der klugen Ariadne wur de Ludwig an ein Seil gebunden und trat seinen Entdekkungsgang an. Der Erfolg war lohnend, denn das System der unterirdischen Gänge und Kämmerlein erwies sich als ziemlich lang und verzweigt. Als der Knabe zurückkehrte und diese Nachricht brachte, kroch ich am selben Tage noch selbst hinein und untersuchte den Gang, soweit er zugänglich war. Am gleichen Tage kam noch mein Bruder Julius aus Linz und unterzog sich der Mühe, beim Durch kriechen des Erdstalles den ersten Orientierungsplan da von aufzuzeichnen. Der etwa 2 - 3 m unter der Oberfläche liegende Gang biegt mehrmals nach verschiedenen Richtungen ab. Weite und Höhe wechseln beständig und erreichen ein Maxi mum von etwa 150 cm. Eigentümlich erscheinen fußhohe Lehmstufen, aus etwa kopfgroßen Lehmkugeln geformt. Mehrmals sehen wir auch Wandnischen, in denen sich Steinplatten und Brocken, mittelst Lehm befestigt, befin den. Das Bemerkenswerteste aber ist eine seitlich gelege ne Höhlung, die oben in einem Spitzbogen endigt und sau ber ausgehauen, ebenfalls spitzbogige Wandnischen be sitzt, was ihr ein kapellenähnliches Ausse hen verleiht (man vergleiche damit die Kapelle im Mairhofer Erdstall). An manchen Stellen verengt sich der Gang derart, daß für einen Mann mittlerer Größe das Durchkrie chen ziemlich erschwert wird. An den Wänden befinden sich in ungefähr halber Höhe handgroße rundbogige Ni schen, in kurzen Abständen. In einigen dieser Nischen fanden sich ganz durchnäßte, etwa nußgroße Hoizkohlenstücke, die in Verwahrung genommen wurden. In den Lehmstufen und verklebten Fugen der Nischen sind noch Fingerabdrücke und die Spuren wahrscheinlich sehr pri mitiver Geräte (Holzstücke?) deutlich wahrnehmbar. Im Inneren des Erdstalles befindet sich eine kleine Vertie fung, welche Wasser enthält. Solche Wassergrübchen fin den sich auch in anderen Erdställen. Herr Stroh fand bei einigem Nachgraben im Schutte eine Schicht, in der sich seltsam geformte Scherben aus grauem Ton vorfanden. Darunter waren zwei kegelstumpfförmige, ziemlich dick wandige Gefäße, deren größtes eine Höhe von 65 mm und einen Bodendurchmesser von 75 mm aufweist. Die innere Weite beträgt oben 22 mm und unten etwas mehr. Ein drittes Stück ist den beiden ähnlich, nur etwas weiter. Es könnte der Boden einer Urne gewesen sein. Merkwürdig sind auch zwei Scherben, an denen sich Knöpfe befinden. Es läßt sich nicht so leicht feststellen, ob diese zu einem Gefäße oder zu einem Deckel gehört haben. Die anderen Stücke sind meist Randscherben und stammen von Gefä ßen verschiedener Art; manche weisen Verzierungen auf, von denen eine Fingerdruckreihe am Rande einer Scherbe besonders hervorgehoben werden muß. Ein Stück rührt von einem flachen Gefäße her. Dieser erste Fund besteht aus 16 Stücken, später wurden noch mehr Scherben gefun den. Der Erdstall ist teilweise verschüttet und abgegraben und nicht mehr zugänglich.

'sFeuernisrhe .KAMMER \ 1 "fgrunnen ^ , J KAMMER 2 U /Schlupfloch Im Erdstall Sarleinsbach Nr. 25, der sich vor seiner Ver nichtung unter einem alten Bürgerhaus mit Bäckerei befand, gab es durch späte ren Ausbau Einrichtungen, die den meisten anderen Erdställen fehlen: eine Feu ernische, einen Brunnen, ei ne gute Treppe als Zugang, sodaß eine gewisse Nutzung in Verbindung mit dem Kel lermöglich war. (Archiv Vi tus Ecker) /URSPR. /EINGANG 5. 4: Sarleinsbach Nr. 25, Bez- Rohrbach Einer der besterhaltenen Erdställe wurde erst vor wenigen Jahren mit der Planierraupe zerstört und ist damit ebenso unwiederbringlich verloren, wie die meisten anderen Erdställe auch. Besonders interessant war die teilweise Benutzung der Anlage als Keller, die wohl ein späterer Ausbau ermöglichte. Gemauerte Wände und ein Brunnen deuten darauf hin. Eine kurze Beschreibung, zusammengestellt aus verschiedenen Meldungen der „Oberösterreichi schen Nachrichten", zeigt, welch wertvolles ge schichtliches Denkmal vernichtet wurde: Die Anlage, die von einer Straßenseite des Hauses Nr. 25 einen kellerlochähnlichen Zugang hatte, liegt mit der Gangsohle 360 Zentimeter unter dem Straßenniveau. Der Hauptgang ist 172 Zentimeter hoch und führt in eine sechseinhalb Meter lange Kammer, die einen Schacht nach oben hat. Ein zehn Meter langer Gang führt in eine zweite Kammer, deren Sohle fünf Meter unter dem Stra ßenniveau liegt und einen Brunnen hat. Ein zweiter Gang führt zu einem Schlupfloch, durch das man in einem Kriechgang parallel zum Hauptgang gelangt. Ein zweites Schlupfloch führt zum früheren Eingang. Ein Kriechgang verbindet die zweite zum Teil verschüttete Kammer mit einer dritten. Der Experte für Frühgeschichte des Landes museums, Dr. Reitinger, konnte voll Stolz den Teilnehmern eines internationalen Symposions über Erd ställe die Sarleinsbacher Anlage vorführen. Die 60 Wis senschaftler aus Frankreich, Spanien, Holland und der Bundesrepublik Deutschland zeigten sich sowohl von der Anlage wie von den Versicherungen ihres österreichi schen Kollegen, daß der Staat dieses Denkmal erhalten und schützen werde, neidvoll begeistert. Auch sie be zeichneten diese auf einer Fläche von 28 x 12 Metern kunstvoll und verschlungen angelegten Fluchtgänge als eine der schönsten ihnen bekannten Anlagen. Sorgsam mit Luft- und Brunnenschächten, Leuchtnischen und Sitz bänken versehen, hielten diese als Asyl- und Vorratsräu me in den Flins getriebenen Kammern und Gänge einem Zeitraum von gut tausend Jahren stand; ein Nachmittag genügte, um sie für immer wegzuradieren. Der vielen Vertröstungen vermutlich müde, ließ der Sar leinsbacher Bäckermeister Atzgersdorfer, auf dessen Baugelände die Arbeiten wegen des darunter be findlichen bedeutendsten oberösterreichischen Erdstalles mehr als ein Jahr lang stockten, den Caterpillar auffahren, die Gänge aufreißen und zuschütten. Ein einzigartiges heimatgeschichtliches Denkmal, das mit Kosten unter der Hunderttausend-Schilling-Grenze zu erhalten gewesen wäre, ist damit auf immer dahin. Vor vier bis fünf Tagen kam übrigens ein Brief des Bundesdenkmalamtes Wien am Linzer Landesmuseum an, in dem zugesagt wurde, den Erdstall unter Denkmalschutz zu stellen. Auch Mittel wurden in Aussicht gestellt und ein Kostenvoranschlag angefordert. . . 5. 5. Wiesinger, Gem. Tollet, Bez. Grieskirchen Beim Schlierabbau für die Bahnstrecke LinzPassau entdeckte im März 1981 ein Baggerführer bei der Arbeit einen Erdstall. Es könnte sich um die glei che Anlage handeln, die bereits in den Jahren 1913 und 1933 gefunden wurde, zumindest zeichnet sich in Tollet ein Gebiet hohen Erdstallvorkommens bzw. großer Fundhäufigkeit ab. Wie die Oberösterreichischen Nachrichten am 5. 3. 81 berichteten, war Dr. Reitinger vom Landes museum begeistert: „In Oberösterreich gibt es 200 bis 300 Erdställe, der in Tollet ist jedoch der mit Ab stand weitverzweigteste und schönste." Der Erdstall war hervorragend erhalten. „Der hält sich noch gut 1000 Jahre im selben Zustand" meinte Dr. Reitinger.

E E in «o a Erdstall Wiesinger in Stein, Gem. Tollet, Bez. Grieskirchen Vereinfachte Darstellung nach der zeichnerischen Aufnahme durch Firma Mayreder, Kraus & Co., Linz (Ing.Steigenberger, Ing. Deuschl) vom April 1981: 1. Draufsicht 2. Perspektivische Darstellung, stark vereinfacht, mit Baggerschacht links und Rundgang rechts 3. Schematische Darstellung der Ebenenhöhen vom Einschlupf links bis zum Rundgang als höchstem Niveau 4. Schnitt durch Rundgang und davor liegenden senkrechten Schlupf (verkleinert)

Das Landesmuseum wollte dafür sorgen, daß das in teressante Stollensystem für zukünftige Generatio nen erhalten bleibt, so jedenfalls meldete die Presse. Heute, nur wenige Monate danach, ist außer der un zugänglich gewordenen untersten Kammer nichts mehr vorhanden. Für einige Kubikmeter Schlier wurde ein weiterer Erdstall vernichtet. Glücklicher weise blieben recht genaue Pläne erhalten. Eine Vermessung führte die Baufirma Mayreder, Kraus & Co. durch, ebenfalls zeichnete Magister Helmut Höftberger aus Grieskirchen die Anlage, um mit sei nen Schülern ein Modell anzufertigen. Ein perspektivischer Plan der Firma Mayreder zeigt, wie recht Dr. Reitinger hatte, wenn er den Erd stall als „schönsten" von Oberösterreich bezeichnet. Wenn auch durch die lebhafte Bautätigkeit der Jahre seit dem letzten Krieg viele Erdställe neu gefunden wurden, sind die meisten doch wesentlich kleiner. Besonders aber fehlt fast immer der großartige Rundgang, wie er hier in Tollet einwandfrei erhalten war, erreichbar über einen letzten senkrechten Auf stiegsschacht am Ende des Systems. 6. Praktische Verwendung für Erdställe Ein Überblick über die Theorien zur Entstehung und zum Verwendungszweck der Erdställe bringt zwar keine Lösung, soll aber zum Weiterforschen anregen und verhindern, daß mehrfach erfolglos an gestellte Denkmodelle wieder und wieder errichtet werden, wenn nicht in der Zwischenzeit neue Er kenntnisse gewonnen wurden. 6. 1. Versteck vor Feinden Häufig wird die Theorie aufgestellt, besonders seit Menghin 1915® diese zum verbindlichen Lehrsatz er klärte, Erdställe seien Verstecke vor Feinden. Viele Erdställe liegen unter Bauernhäusern. Der wertvoll ste bewegliche Besitz des Bauern war sein Vieh. Wie hätte er dieses in einem Erdstall verstecken und schützen können? Die Frage beantwortet sich von selbst. Wenn Gefahr drohte, flüchtete der Bauer mit Familie, Gesinde und Vieh entweder in einen Burg stall oder in den Wald, dort wo er Weg und Steg kannte und notfalls kleinere Gruppen umherziehen den Raubgesindels in einen Hinterhalt locken und erschlagen konnte. Das schließt nicht aus, daß zu ge wissen Zeiten und unter besonderen Umständen Erdställe als Versteck dienten, obwohl sie nicht für längeren Aufenthalt geeignet sind. Hier kann daran gedacht werden, daß die Familie Mitglieder ver steckte, die als Wilderer, Fahnenflüchtige oder Ge setzesbrecher für kurze Zeit vor der Obrigkeit ver borgen werden mußten. Aus jüngster Zeit berichtet Karl Lukan^° aus Niederösterreich vom Ende des letzten Weltkrieges, als die Russen kamen; „Ich hab mir denkt, lieber laß ich mich erschie ßen, als daß ich noch a Stund länger in dem grausli chen Loch bleib!" (Ein Bauer aus Japons.) „I war damals noch a jungs Madl. I hab fast a Wochn in dem Erdstall drinnen bleiben müssen. I war nachher halbtot." (Eine Bäuerin in Kollnbrunn.) „Diese Erdställe müssen früher anders gewesen sein. Damals, im 45er Jahr haben wir es darin nicht lang ausgehalten!" (Ein Bauer in Radibrunn.) Versteck vor Feinden hätte bedeutet, daß ein Erdstall für längeren Aufenthalt mehrerer Men schen geeignet sein mußte. Aber dafür fehlen in allen Erdställen einige, oft alle Voraussetzungen: — die niedrige Temperatur kann durch Feuer wegen Sauerstoffmangels und Rauchbildung nicht er höht werden, — beim Aufenthalt mehrerer Personen entsteht, wenn nicht Luftschächte vorhanden und intakt sind, nach wenigen Stunden Sauerstoffmangel, — die Ernährung ist nur für kürzere Zeit möglich, — Licht bedeutete erhöhten Sauerstoffverbrauch, da in der Entstehungs- und Benutzungszeit der Erd ställe nur offenes Licht bekannt war, — Bewegungsmangel in den engen Räumen wäre ei ne zusätzliche Belastung gewesen, — das Großvieh wäre verloren gewesen, — das Abortproblem ist in keinem Erdstall gelöst. Dagegen ist durchaus vorstellbar, daß Wertsa chen und Vorräte im Erdstall versteckt wurden, ob wohl seine Bauweise mit viel zu engen Gängen für den einfachen und schnellen Transport in Notzeiten denkbar ungeeignet ist. Bei dieser Art von Nutzung haben wir mit Sicherheit einen „Zweitnutzen" zu se hen, der mit dem ursprünglichen Gedanken bei der Herstellung soviel gemeinsam hat wie ein Autorei fen, der, nach Verlust seines Profils an die Egge ge bunden und zum Glätten der Ackerkrume hinter hergezogen wird. Eine Ausnahme, möglicherweise durch späteren Ausbau, könnte der Erdstall in Perg^^ sein, der sich durch die ungewöhnliche Höhe der Gänge und Grö ße der Räume von anderen Erdställen sehr unter scheidet. Aus der „Gartenlaube"^®, der früher be liebten Familienzeitschrift, erkennen wir die Struktur einer wirklich bewohnbaren Höhlenwohnung, wie ® Menghin, Oswald, 1888 - 1973, Prähistoriker. Lukan, Karl: „Herrgottsitz und Teufelsbett", Wien 1979, S. 149 - 171. Chasteler, Guido M. du; „Unterirdische Labyrinthe bei Perg", in „MühlviertlerNachrichten", 3.1.1980,S.53.-Zacli, Rudolf: „Der Erdstall .Ratgöbluckn' in Perg - ein Kulturdenkmal", in „Oberösterreichische Heimatblätter", Jg. 29, S. 101 — 102. '2 „Die Gartenlaube", Jg. 1889, S. 447.

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