OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Folge von beiden, denn der Mensch trennt sich nicht gerne von dem, was ihm durch Gewohnheit lieb ge worden, und fliehet jede Lage, die ihm einen unge wohnten Zwang aufleget. Mit solchen Betrachtun gen bestiegen wir unser Schifflein und fuhren im Rei che Neptuns mit freiem Sinn der Goldquelle zu, wel che seit dem 14ten Jahrhundert die Kasse der Für sten reichlich gefüllt hat - die wir auch 1/2 1 Uhr glücklich erreichten! Ein gutes Mittagsessen war es, wonach uns in Hallstadt am meisten für den Augenblick verlangte, welches Verlangen die Wirthin sogleich, weil es menschlich war, mit guten Fischen erfüllte. Nach Ti sche fuhren wir von einem Führer begleitet, in einem Kahn auf der ruhigen Spiegelfläehe des Sees dahin, um die Merkwürdigkeiten zu sehen, welche die Na tur verschwenderisch in diese Gegend versezt hat. Vor allem andern will ich zuerst der Stadt erwähnen, die vom See betrachtet, einem wahren Krippel glei chet. Die Häuser sind an den schroffen Berg so über einander gebauet, daß man von oben unterm Daehe in die Zimmer, welche alle die Aussicht auf den See haben, hinabsteigen muß. Statt breiter Fahrstraßen führen nur enge Fußsteige von einem Hause zum an deren, und wer das Treppensteigen nicht gewohnt ist, geht hier schon mit Gefahr. Mitten in der Stadt, stürzt sich ein kleiner Bach vom Salzberg etwa 10 Klafter herunter, und treibet in seinem Falle eine Mühle, welche in der Mitte des Berges, wie ein Schwalbennest an der Wand hängt. Dieser Waßerfall mitten in der Stadt, würde auf die Fremden einen viel tiefern Eindruck machen, wenn er nieht allen Unrath und Schmutz aus den Berghütten und Bergwerken mit sich führte. Während wir dies, und die himmel anstrebenden Berge aus dem schaukelnden Kahne betrachteten; waren wir unbemerkt zum Kessel gekommen - eine Felsenhöhle die sich am Fuße eines dieser Berge befindet. Ihr Bauch war bis zur Hälfte mit Wasser angefüllt, und vollkommene Stille herrschte darinnen. Da sonst bei feuchtem Wetter aus einer Spalte in der Tiefe des Loches, Waßer in großer Menge hervorsprudelt, über den Rand des Keßels (!) und große Steinmaßen sich schäumend darin wälzt und den See binnen einiger Stunden um mehrere Schuhe erhöht. — Ich stieg, um das Innere der Höhle zu untersuchen, hinab, fand aber außer einem unterirdischen Zu- u Abfluß nichts weiter, als einige Namen in der weichen Maße des Felsens einge schnitten. Eine Viertelstunde davon ist der soge nannte Hirschbrunnen - ein unterirdischer Baeh, welcher aus dem Innern desselben Berges kom mend, hier unter großen Steinen rauschend hervor bricht. Mit unbeschreiblicher Gewalt soll bei häufi gem Regenwetter das Waßer zwischen diesen Stei nen sich durcharbeiten und in die Höhe fahren. Ein schönes Schauspiel für den, welcher hiebei an die hervorbrechende Leidenschaft des Zorns denkt, die im höchsten Grad, ebenso wie der Hirschbrunen, durch Schäumen u Toben verräth. Zu solcher Zeit darf man sich keinem von beiden ohne Gefahr nahen. So findet der Mensch in den friedlichen Elementen, sein eigenes Leben dargestellt, oder vielmehr, es wiederholt sich im Menschen vereinigt die ganze Schöpfung wieder: bald ist er ein Lamm, bald ein Ti ger - bald gleicht er dem milden alles belebenden Sonnenschein, und bald dem Hiriiel u Erde erschüt ternden Gewittersturme. Von hier fuhren wir über den See zum Amtmann, welcher in der Gegend Echem wohnet, wo im Ja nuar, Februar u Märtz, keine Sonne über die hohen und nah aneinander gerückten Berge hineinblicken kann. In dessen Nähe befindet sich auch die Sudpfan ne, welche wir samt der Salzmanipulation ansahen. und dann zu den vielgerühmten Wasserfällen in die Gegend Strub, eilten. Der Weg zieht sich in einem engen Thale zwischen den Bergen Hirlaz u Eehernwand, auf Wiesen eine Strecke angenehm hin. Ein zelne zwischen Bäumen befindliche Häuser machen die Gegend sehr mahlerisch, besonders erhöht ein Bächlein, welches vom Berg Echem gegen sechsig Klaftern fast senkrecht herabstürzet, des Gemähides Pracht. Von diesem Sturzbache an, wird der Weg steiler und windet sich zwischen Wäldern und Stein maßen mühsam hinan. Bei einem großen Steinkloß zwischen dünen Nadelbäumen steht das Bild des Er lösers, welcher jeden Vorübergehenden hierunwillkührlich zur Andacht stimmt, besonders wenn ein Führer die Entstehung dieses Kreuzes, dem Wande rer wie uns, erzählet. Ein Bauer soll nämlich vor Zeiten sich hier an der Echernwand verstiegen, und nimer herunter vermögt — endlich nach drei Tagen, da keine menschliche Hilfe Rettung bringen konte. heruntergestürzt haben, naehdem ihm der Geistliche früher von unten das Cruzifix gezeigt und den See gen ertheilt hatte. Von hier führt der Weg nahe am rauschenden Bache hinauf, welcher über die großen Steine als Schaum hinabeilet. Kaum hatten wir uns dem eigentlichen Falle dieses Baches genähert, als sobald der Waßerstaub vom Winde getrieben, uns einigermaßen abkühlte, und ein Getöse uns umgab, in welchem wir unsere eigenen Worte nimmer ver-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2