OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Auge vom Kalvarienberg eine manigfaltige Ab wechslung grüner Hügel, dunkler Wälder und la chende Wiesen, welche durch das von H Aweger oben aufgestellte Perspectiv, gesehen wie eine perspectivische gezeichnete Landschaft dastanden. Auf dieser nördlichen Seite liegt von Gmunden aufwärts, auf einer kleinen Insel im See das Schloß Orth, in ei niger Entfernung das Schloß Ebenzweyer u Altmün ster, eine halbe Stunde davon das Dorf Traunkirchen. Dies war 1563 ein Nonnenkloster, und soll um jene Zeit ein reizendes Mädchen, die Geliebte eines herzhaften Ritters der in einem Schloße am jenseiti gen Ufer gewohnt, in seinen Mauern, nach der be kannten Sage, gefangen gehalten haben. Der Ge liebte auf Alles übrige resignierend, ist oft bei nächt licher Stille, auf zerbrechlicher Barke hinüber ge schwommen, um das geringe Glück, welches, des Gesetzes Strenge ihm verweigerte — eine kurze Un terredung durch das Eisengitter ihres Fensters - während rings um Alles im tiefen Schlummer lag, Dieben gleich zu erhaschen. Lange Nächte hat er un ter ihrem Fenster gezweifelt: ob wohl jene Kirche die wahre sey, welche das vermeinte Lebensglück der Sterblichen gegen die Vaterliebe Gottes, tyranisch zerstöhret und die Menschen durch Büssen und Ent sagen dem Himel zuführen will? Bis ein Sturm, der ihn auf der Rückkehr traf, seiner langen Qual ein Ende machte, und ihm zur Kühlung seiner heißen Leiden, für immer unter die Finthen bettete, denn der See gibt seine Todten nicht wieder. Benanntes Kloster wurde 1624 von Ferdinand II. den Jesuiten geschenket, die es auch bis zu ihrer Aufhebung 1773 besessen. Wir gukten durch den Tubus auch auf den Traunstein, welcher abgerissen von den übrigen Ber gen, seine Scheitel in den Wolken u seine Füße im See netzet. Er soll 5248 Fuß hoch und ein Portrait Ludwig 16ten von Frankreich seyn, welches durch die Erhöhungen und Vertiefungen des Berges gebil det wird. Gegen 9 Uhr verließen wir den Berg und eilten, nachdem ich für Fritz ein Paar Schuhe be stellt, das Vergnügen der Seefahrt zu genießen, stie ßen 3/4 10 Uhr in einem fest gebauten Kahne, voller Erwartung vom Lande und fuhren auf der ruhigen Fläche des grünlichen Sees bei Orth vorüber auf Traunkirchen zu. Im Schiffe herrschte, so wie auf dem See tiefe Stille, die nur durch den gedoppelten Ruderschlag unsrer Schiffer unterbrochen wurde. In der Ferne fuhren andere Kähne ab- u aufwärts an uns vorüber, während jeder vom schaukelnden Schifflein in tiefe Gefühle gewiegt wurde. Gerne gab ich mich den trügenden Gedanken hin und fand: daß man weit leichter in die Finthen des klaren Sees, als in die Falten menschlicher Herzen sehen kann, denn offen zeigt dieser seine drohende Tiefe, während der Mensch nur als Maske dem Menschen begegnet. Der See soll gemeinhin 90, an manchen Stellen aber auch 5C • * ä ' 'j.-- Gmunden um 1860

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