OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

u Eurichs Fritz als Bediente in Wagen auf und fuhren um das Mittagessen für uns zu bestellen, voraus wei ter. Wir übrigen mietheten ein elendes Fahrzeug und fuhren ihnen im Schritte mit sehr alten Pferden nach. FI Eurich, welchen die Pferde dauerten, ging in der Sonnenhitze neben dem Wagen her; um ihm Gesell schaft zu leisten und meinen FI zu schonen, denn der Wagen hatte harte Federn, that ich ein Gleiches. So kamen wir um 3/4 1 Uhr endlich in dem Stifte Kremsmünster mit hungrigem Magen und durstiger Kehle an. Das Stift, wohl das reichste in ganz Österreich, dessen jährliche Einkünfte auf 6 000 000 FI. geschäzt werden, übt seit undenklichen Zeiten eine Gastfreundschaft, die jedem auch dem ärmsten Handwerksburschen, der in diese Gegend kommt, Speise und Trank zur Erquickung darreicht, und bei längerem Aufenthalte auch ein Zimmer mit aller nöthigen Einrichtung anweiset.^ Hier hofften auch wir, an einer reich besezten Tafel Stärkung für unsern kranken Magen zu finden, gingen daher die Frauen im weitläufigen Gebäude aufzusuchen, wel che mit ihrem mutigen Gespann wohl um eine Stun de früher als wir angekorhen waren. Als wir sie nir gends finden konnten — sie waren grade bei der Tafel — suchten wir den Pater Ulrich Hartenschneider in den vielen Abtheilungen des Gebäudes auf; irrten von einem wohlbeleibten Pater geführt, lange herum, bis wir ihn im Garten auf einer steinernen Bank ruhend fanden. H Ulrich, ein geschickter Mann, der unsern na genden Hunger nicht ahnte, erboth sich sogleich uns die Merkwürdigkeiten des Stiftes zu zeigen — da wir doch einen Semelschmarrn oder sonst ein Gericht für den Magen bereitet, lieber als alle Kunstgebilde des Geistes vor uns gesehen hätten. Wir suchten un sern schreienden Hunger, der so laut war, daß ihn ein wachsames Ohr hätte vernehmen müßen, so gut als möglich zu verbergen und folgten dem guten Pater zuerst zu den Fischbehältern nach. Die nach Art der römischen Bäder gebaut, in verschiedenen Abthei lungen, Karpfen, Forellen. Hechte, nach der Größe gesondert in kristallenem Wasser gefangen halten. Wie auf den Ruf der Speiseglocke die Geistlichen zur Tafel also eilen in einem Behälter sehr große Hechte auf das Geklingel des Wärters zum Futter herbei. Je der Behälter hat beständigen Zufluß aus Röhren die in mythologischen Statuen von weißem Marmor ver borgen sind. Ein gedeckter Säulengang, an deßen Wänden viele Hirschgeweihe mit dem Namen irgend eines österreichischen Prinzen, der das Thier erlegt. sich befinden, führt rings um die Teiche und zeigt, wie die Geistlichen jederzeit nicht nur auf Nutzen, sondern auch auf Bequemlichkeit gedacht haben. Von hier gingen wir in die Maierey und sahen wie die Butter und Rahmtöpfe von 48 braunscheckigen Kühen, welche ihr gewürzhaftes Futter aus steiner nen Krippen genießen, in einen aus Stein gehauenen Wasserbehälter, das einen beständigen Zufluß hat, in Menge aufbewahrt werden. Hier war es, wo ich mich lebhaft meiner Kindheit und der kleinen Rahmtöpfe erinnerte, die ich damals sorgenlos mit dem besten Appetite oft ausgeleert. „Ach (dachte ich) sie ist dahin, die süße Zeit - jetzt plagt mich her be Trockenheit!" Solche und ähnliche Gefühle mögten wohl auch das Herz meiner übrigen Begleiter er weicht haben: denn alle verließen mit einem finste ren Gesichte und wäßrigem Munde den Ort, der uns für den Augenblick alle hätte zufrieden stellen kön nen. Von den Milch- u Rahmtöpfen, nach denen im Weggehen sich Mancher noch umsah, kamen wir in die auf 36 000 Bände geschäzte Bibliotheik, welche nebst andern Seltenheiten auch mehrere Codizes enthält. Sie hat an Pater Ulrich, Profeßor der Welt- u Kirchengeschichte, einen wackeren Gustos, der sich die Vermehrung derselben wie auch des Naturalienkabinets sehr angelegen seyn läßt. Es mögte gegen 1/2 3 Uhr seyn, als mir das Papier der Bücher schwarz und die Buchstaben, ich weiß nicht warum. weiß, vorkamen. Endlich verließen wir die Bibliotheck (!) und trafen an der Treppe zu unserer aller Freude, die lange gesuchten Frauen, denen bei der Tafel eine bange Ahndung, unser Schicksal verkün digt hatte. „Haben sie schon gegessen?" fragte bei unserer Zusammenkunft Rosette „noch nicht!" tön te die wehmüthige Antwort. Hierauf gingen wir aus dem Stiftsgebäude in Ge sellschaft der Frauen und H Ulrichs, dem unsere Noth bei unsrer Verschwiegenheit noch nicht be kannt war, durch den Garten zu der ganz frei stehen den acht Stock hohen Sternwarte, deren Bau 1749 angefangen und nach zehn Jahren beendigt wurde. Auf dem Absatz der Treppe zum ersten Stock, steht die Statue des Ptolomäus aus grobem Stein gebildet, da er doch eher als manche Majestät verdient hätte, aus Marmor gebildet zu werden. Im ersten Stock ist das erste Zimmer der Entomologie gewidmet: die 2 Vgl.: Brandsteuer, Alois: Die Abtei. Salzburg: Residenz-Verlag 1977. S. 7 ff. Benedictas Capite. LXVI. de hostiarius monasterii.

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