OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

wurde, sondern auch die Einbindung der evangeli schen Kirchenorganisation in den konstitutionellen Staat erfolgt ist. Dabei erhielten auch die zwei prote stantischen Bekenntnisse AB. und HB.eine gemein same Spitze (den Oberkirchenrat), womit die Einheit der evangelischen Kirche bis heute gewährleistet wurde. Den letzten Schritt zu einer Protestantenemanzi pation in Österreich aber kann man vielleicht doch erst in das Jahr 1961 setzen, als ein Protestantenge setz erlassen wurde, dessen wesentliches Merkmal bedeutet, daß die evangelische Kirche zu einem gleichberechtigten und gleichwertigen Partner der anderen Kirchen erhoben wurde.^2 Staatliche Be vormundung, sowie Eingriffe und Aufsicht, sind nunmehr beseitigt worden und die evangelische Kir che erhielt durch dieses Gesetz ein uneingeschränk tes Selbstbestimmungsrecht. Das Toleranzpatent erscheint uns heute, 200 Jahre nach seinem Entstehen, als etwas ganz Selbstverständliclies. Aber, das sollten wir auch fragen, liegt es nicht daran, daß die Religion nicht mehr die Rolle von einst spielt und dort wo sie sie noch spielt, wie etwa in Persien, und um in Europa zu bleiben, in Irland, das Wort Toleranz ein Fremdwort zu sein scheint? Freilich spielen in diesen Ländern auch noch andere, soziale und politische Fragen eine Rol le, aber die Bedeutung des religiösen Moments kann nicht gering eingeschätzt werden. Das Toleranzpa tent von 1781 hat neben den Maßnahmen zur Eman zipation der Bauern am meisten zur ungeheuren Po pularität Josephs II. bei den Liberalen des 19. Jahr hunderts beigetragen, ja es spielte angeblich noch in der tschechoslowakischen Bewegung des Jahres 1968 eine gewisse Rolle.^3 Es erscheint darüber hin aus aber auch als sehr wertvoll, all derjenigen Perso nen zu gedenken, die zu einer Zeit, in der Toleranz nicht unbedingt zu den Tugenden zählte, eine solche Haltung an den Tag gelegt hatten. Religiöse Intole ranz und Fanatismus, zumindest der christlichen Konfessionen, erscheinen uns in Mitteleuropa heute aus guten Gründen undenkbar. Aber wer kann schon garantieren, daß in einer säkularisierten Ge sellschaft nicht wieder Intoleranz in neuem Gewän de und auf anderen Ebenen sich ausbreitet? 32 Wiener Zeitungvon 17.7. 196I;(BGBI. 182/1961); vgl.auch Do kumentation zur österreichischen Zeitgeschichte 1955- 1980, Wien 1981, 490; vgl. auch Gustav Reingrahner. Protestanten in Österreich. Wien - Köln — Graz 1981, 281 ff. 33 Wolny, Josephinische Toleranz. 1 L5.

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