testant, gehörte den Freimaurern an und war erst an läßlich seines Übertrittes von holländischen in öster reichische Dienste katholisch geworden. Er war lite rarisch interessiert, verkehrte im Salon der Familie Greiner-Pichler und hat sich selbst als Autor von al lerdings höchst mittelmäßigen Werken dichterisch versucht. Bedeutend war zweifellos seine staatsmän nische Tätigkeit, die Verbindung des „Gottschedianers" Gebler mit Friedrich Nicolai, dem Haupt der Berliner Aufklärung, und vor allem mit Lessing, wo mit an das vorher Gesagte erinnert sei. Eines von Geblers Werken, das ägyptische Drama „Thamos" zählt übrigens zu den Vorbildern von Mozarts und Sehikaneders „Zauberflöte". Der Kaiser selbst entschloß sich jedenfalls für die Publizität, nachdem dagegen ursprünglich offen sichtlich Bedenken im Staatsrat erhoben wurden. Endgültig festgelegt wird der Text bei der Sitzung des Staatsrates vom 20. Oktober, aber auf den 13. rückdatiert, weil es sich praktisch um eine allerhöch ste kaiserliche Entschließung auf einen Vortrag vom 26. September handelt, die eben schon früher erfolgt ist. In diesem Originaltext heißt es folgendermaßen;22 An gesammte k.k. Länderstellen. „Liebe Getreue! ueberzeuget einerseits von der Schädlichkeit alles Gewissens zwanges und andererseits von dem grossen Nutzen, der für die Religion und den Staat aus einer wahren christli chen Toleranz entspringet, haben Wir Uns bewogen ge funden, den Augsburgischen und Helvetischen Religions verwandten, dann den nicht unirten Griechen ein ihrer Religion gemässes Privat-Exercitium allenthalben zu ge statten, ohne Rücksicht ob selbes jemals gebräuchlich oder eingeführt gewesen sei oder nicht. Der katholischen Religion allein soll der Vorzug des öffentlichen ReligionsExercitii verbleiben, den beiden protestantischen Religio nen aber, sowie der schon bestehenden nicht unirten grie chischen aller Orten, wo es nach der hier unten bemerkten Anzahl der Menschen und nach den Facultäten der In wohner thunlich fällt, und sie Acatholici nicht bereits in Besitz des öffentlichen Religions-Exercitii stehen, das Privat-Exercitium auszuüben erlaubt sein. Insbesondere aber bewilligen Wir: Erstens: den akatholischen Unterthanen, wo 100 Fami lien existiren, wenn sie auch nicht in dem Orte des Bethhauses oder Seelsorgers, sondern ein TTieil derselben auch einige Stunden entfernt wohnen, ein eigenes Bethhaus nebst einer Schule erbauen zu dürfen, die weiter entfern ten aber können sich in das nächste jedoch inner den k.k. Erbländern befindliche Bethhaus. so oft sie wollen, bege ben. auch ihre erbländische Geistliche die Glaubensver wandten besuchen und ihnen, auch den Kranken mit dem nöthigen Unterrichte, Seelen- und Leibestroste beiste hen, doch nie verhindern, unter schwerster Verantwor tung. daß einer von einem oder anderem Kranken anver langte katholische Geistliche berufen werde. In Ansehung des Bethhauses befehlen Wir ausdrücklich, dass, wo es nicht schon anders ist, solches kein Geläute, keine Glokken, TTiürme, und keinen öffentlichen Eingang von der Gasse, so eine Kirche vorstelle, haben, sonst aber, wie und von welchen Materialien sie es bauen wollen, ihnen frei stehen, auch alle Administirung ihrer Sacramenten und Ausübung des Gottesdienstes sowohl im dem Orte selbst als auch deren Uebergringung zu den Kranken in den dazu gehörigen Filialen, dann die öffentlichen Begräbnisse mit Begleitung ihres Geistlichen vollkommen erlaubt sein soll. Zweitens: bleibet denselben unbenommen, ihre eigenen Schulmeister, welche von den Gemeinden zu erhalten sind, bestellen, über welche jedoch Unsere dort (hier-) ländige Schuldirection, was die Lehrmethode und Ord nung betrifft, die Einsicht zu nehmen hat. Ingleichen be willigen Wir: Drittens: den akatholischen Inwohnern eines Orts, wenn selbe ihre Pastoren dotiren und unterhalten, die Auswahl derselben, wenn aber solches die Obrigkeiten auf sich nehmen wollen, hätten sich diese des Juris praesentandi allerdings zu erfreuen, jedoch behalten Wir Uns die Confirmation dergestalten bevor, dass, wo sich protestanti sche Consistoria befinden, diese Confirmationen durch selbe, und wo keine sind, solche entweder durch die im Teschnischen oder durch die in Hungarn schon bestehen de protestantische Consistoria ertheilet werden, insolange bis nicht die Umstände erfordern, in den Ländern eigene Consistoria zu errichten. Viertens: Die Jura stolae verbleiben, so wie sie in Schle sien, dem Parocho ordinario vorbehalten. Fünftens: Wollen Wir die Judicatur in den das Religions wesen der Acatholicorum betreffenden Gegenstände Un serer politischen Landesstelle mit Zuziehung eines oder des andern ihrer Pastoren und Theologen gnädigst aufge tragen haben, von welcher nach ihren Religionsgrundsät zen gesprochen und entschieden werden, hierüber jedoch der weitere Recurs an Unsere politische Hofstelle freiste hen solle. Sechstens: Hat es von der Ausstellung der bisher gewöhn lich gewesenen Reverse bei Heurathen von Seite der Aca tholicorum wegen Erziehung ihrer erzeugenden Kinder in der römisch-katholischen Religion von nun an gänzlich abzukommen, da bei einem katholischen Vater alle Kin der in der katholischen Religion, sowohl von männlich als weiblichen Geschlechte, ohne Anfrage zu erziehen sind, welches als ein Praerogativum der dominanten Religion anzusehen ist, wo hingegen bei einem protestantischen Vater und katholischen Mutter sie dem Geschlecht zu fol gen haben. Siebentens: Könnten die Acatholici zum Häuser- und Gü ter-Ankauf, zu dem Bürger- und Meister-Rechte, zu academischen Würden und Civil-Bedienstungen in Hinkunft dispensando zugelassen werden, und sind diese zu keiner andern Eidesformel als zu derjenigen, die ihren ReligionsDer Text nach Frank, Toleranz-Patent, 37 ff. Vgl. auch Ferdi nand Maaß, Der Josephinismus. Entfaltung und Krise (Fontes Kerum Austriacarum 11/72), Edition: 278 f. Über die verschie denen Fassungen neuerdings auch Peter F. Barion, „Das Tole ranzpatent von 1781". Edition der wichtigsten Fassungen, in: Peter F. Barton (Hg.). Im Zeichen der Toleranz. Wien 1981, 152 - 202.
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