OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

dus Fixlmillner, der sich auch als Astronom einen Namen in der wissenschaftlichen Welt gemacht hat te, für die vom Staate geforderte Toleranz ein. Er be tonte allerdings auch die Gefahren, die von der Dul dung einer, seiner Meinung nach, irrigen Religion für den Katholizismus drohten. Einem anderen Kremsmünsterer Pater, Rudolf Graser, allerdings war die Toleranzidee viel mehr; er selbst ist als Autor einer „Toleranzbibel" hervorgetreten, die sich nicht an die Gebildeten oder gar an die Theologen richte te, sondern an das Volk.^^ Graser erscheint hier ganz als Kind seiner Zeit, dem ein starker Zug zur Popula risierung und zur Vereinheitlichung innewohnte. Nun zur Entstehungsgeschichte des Toleranzpa tentes von 1781 selbst. Joseph hatte, wie gesagt, die Gelegenheit gehabt, die Zustände in Mähren kennen zu lernen, und die Maßnahmen, die unter der Ägide seiner Mutter getroffen wurden, als nicht befriedi gend erkannt. Er war kaum zur Alleinregierung ge kommen, als die Dinge in Fluß gerieten und er sei nem „unveränderlichen Prinzip" zum Durchbruch verhelfen wollte. Fairerweise muß man allerdings auch sagen, daß schon vor 1781 in einigen Gebieten de facto Toleranz ausgeübt wurde, so in Galizien (ab 1772 bei Österreich), das seine alten Gesetze bestä tigt erhielt, im Ascher Bezirk in Böhmen, infolge ehemaliger Reichsunmittelbarkeit, und schließlich in Triest, wo die Evangelischen ab 1778 eine Son derstellung innehatten. Ab 1777 sorgte, wie gesagt, die religiöse Bewe gung in Mähren für Unruhe, ihre Rolle kann - wie die tschechische Forschung (Frantisek Bednar) und neuerdings im Anschluß daran Reinhold J. Wolny, deutlich gezeigt hat - nicht hoch genug eingeschätzt werden.''® Als Wegbereiter des Patentes von 1781 muß besonders der Bischof von Königgrätz, Johann Leopold Hay genannt werden, der als Organisator der Mission in Mähren die Probleme genau kannte und der wegen seiner irenischen Haltung weder von Bewunderung („österreichischer Fenelon") noch von Kritik verschont blieb. Auch begann sich in der mitunter polemisch geführten literarischen Ausein andersetzung zum Toleranzproblem, die 1780 ver stärkt einsetzte, allmählich eine positive Grundein stellung zur Toleranz durchzusetzen. Das alles soll und darf aber das besondere Verdienst des Kaisers in der ganzen Angelegenheit nicht schmälern, auch wenn an das Verdienst anderer Männer erinnert werden muß und die Tatsache nicht zu übersehen ist, daß auch bei Joseph II. das Nützlichkeitsdenken - wie bei allen seinen Maßnahmen - eine große Rolle spielte. Nach dem Tode Maria Theresias handelte der Kaiser rasch. Noch 1780 (31. Dezember) wurde praktisch die „Missionstätigkeit" aufgehoben, am 30. Juni 1781 ließ er allen Hof- und Länderstellen mitteilen, daß „in keinem Stuck, ausgenommen daß sie kein öffentliches Religions-Exerzitium haben, ein Unterschied zwischen katholischen oder prote stantischen Untertanen mehr gemacht werde".'® Darauf folgten noch weitere Verfügungen vom 15. Juli und 28. August des gleichen Jahres, die den Bruch mit der bisherigen Praxis herbeiführten. Staatsrat Tobias Philipp von Gebler, der an der Tole ranzgesetzgebung ganz entscheidenden Anteil hatte, berichtet darüber: Durch die Allerhöchste Resolution ist in den Erblanden das fürchterliche Gesetz, wodurch unglückliche Verstan desirrtümer pro crimine contra statum erkläret waren endlich aufgehoben worden. Ganz Europa hat dieser ge rechten Verfügung unseres weisen Selbstherrschers zugejauchzet; alle deutsche, französische, englische, holländi sche Zeitungen haben dieselbe wörtliche eingeschaltet und der österreichischen Monarchie gewünschet, daß sie die echten Grundsätze, Länder blühend zu machen, er kannt und angenommen habe.2° Eine gewisse Rolle hatten bei den Beratungen im Staatsrat in dieser Angelegenheit — neben dem Bei spiel Mähren - auch die Erfahrungen gespielt, die man im militärischen Bereich gemacht hatte, wo ja der Not gehorchend de facto nicht nur Toleranz, son dern auch Parität herrschte. Staatskanzler Kaunitz, selbst ein Aufklärer, der die französische Philoso phie kannte und schätzte, hatte bezüglich der Tole ranz im großen und ganzen Vorschläge angenom men, für die vor allem Staatsrat Gebler verantwort lich war. Das letzte Wort hatte aber natürlich der Kaiser selbst. Die Person des Freiherrn von Gebler (1720 - 1786)2' ist leider noch immer nicht erschöp fend in einer wissenschaftlichen Biographie behan delt, sie wäre der Betrachtung wert, denn ihm kommt sicher großes Verdienst, sowohl von der Sa che, als auch von der Formulierung des Toleranzpa tentes her, zu. Dieser Mann war zunächst selbst ProVgl. Hans Sturmberger, Studien zur Aufklärung des 18. Jahr hunderts in Kremsmünster, in: Land ob der Enns und Öster reich, Linz 1979, 391 f. Frantisek Bednar, Näbozenske näzory tolerancnich evangelikü na Morave (Religiöse Ansichten der tolerierten Evangelischen in Mähren), in: Reformacny sbornik 5 (1935); Frantisek Bed nar — Ferdinand Hrejsa, Tolerancni patent. Jeho vznik a vivöj (Das Toleranzpatent. Seine Entstehung und Entwicklung), Praha 1931, sowie neuerdings Reinhold J. Wolny, Die josephinische Toleranz unter besonderer Berücksichtigung ihres geist lichen Wegbereiters Johann Leopold Hay, München 1973. Gustav Frank, Das Toleranz-Patent Kaiser Joseph II., Wien I88I, 15. Frank, Toleranz-Patent. 18. 21 Vgl.den Artikel „Gebler" in: Neue Deutsche Biographie Bd.6, 122 (G.Gugitz) und die phil. Dissertation von H.Maic/rer (Hei delberg 1935).

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2