OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

tere Kaiser Ferdinand //.® diese Richtung. Seine Per sönlichkeit ist der Schlüssel zum Verständnis von Gegenreformation und werdendem Absolutismus in Österreich, von der Verbindung von Konfession und Politik in jener Zeit, die der Epoche auch die Be zeichnung des konfessionellen Zeitalters eingetra gen hat. Erzherzog Ferdinand war der Sohn Karls von In nerösterreich, des Bruders des konfessionell zwie spältigen Kaisers Maximilian II. Seine Mutter aber war eine bayerische Prinzessin aus dem Hause der Wittelsbacher und das wurde für die Bildung seiner Persönlichkeit entscheidend, denn sie blickte neid voll auf ihre Verwandten in Bayern, die weder Pro bleme mit aufsässigen Ständen noch mit protestanti schen Untertanen hatten und sie verabscheute die nachgiebige Haltung ihres Gatten zutiefst. Ihr Sohn sollte einmal eine andere Rolle spielen und er wurde deshalb bei den Jesuiten in Ingolstadt erzogen. Als er nach dem Tode des Vaters die Regentschaft in Graz übernahm, gelang es ihm durch eine konsequente Politik, die adeligen Stände, die in ihrer Mehrheit lu therisch waren, und die Lehre vom „leidenden Ge horsam" gegenüber der Obrigkeit vertraten, zurück zudrängen . Innerhalb weniger Jahre wurden die pro testantischen Geistlichen und Lehrer vertrieben - darunter auch Johannes Kepler, der damals an den Kaiserhof nach Prag ging - und die Steiermark wur de zumindest äußerlich zu einem katholischen Land. So wurde Ferdinand für die einen zur großen Hoff nung aus der Krise der Zeit, für die anderen aber zu einem, an dem die Merkmale des Tyrannen zu er kennen waren. Dieses Beurteilungsproblem ist bis heute geblieben, wenngleich man dem Kaiser heute gerechter wird und gelegentliche Entgleisungen in der jüngeren Literatur, wie etwa der Vergleich mit Hitler (Ferdinand als Hitler von 1600!®^) zurückzu weisen sind. Ferdinand hat im „Zwiespalt der Zeit" eindeutig Stellung bezogen und sich damit in Öster reich durchgesetzt. Zugute gekommen ist ihm dabei, daß die ständisch-protestantische Bewegung tat sächlich den „Keim der Anarchie" in sich trug und doch auch bei vielen Menschen in einer so verworre nen Epoche die Sehnsucht nach Ordnung und Si cherheit vorhanden war. Als es 1618 zum offenen Aufstand gegen die Habsburger in Prag gekommen war, hielt Ferdinand in einer äußerst ungünstigen Lage durch, gab nicht nach und erlebte zwei Jahre später die Genugtuung eines vollständigen Sieges, denn ein Heer der verbündeten katholischen Fürsten vor allem des Bayernherzogs Maximilian, seines Vetters, besiegte die Aufständischen in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag yernichtend. Daraufhin erst konnte der Absolutismus in den österreichi schen und böhmischen Ländern durchgesetzt wer den und Hand in Hand mit ihm die Gegenreforma tion. Es war jedoch nicht Leichtfertigkeit, die Ferdi nand zu Werk gehen ließ, sondern seine tiefgreifen den Beschlüsse faßte er erst nach harten Gewissens kämpfen und Beratung mit seinen Ministern, auch mit Geistlichen, wie dem Jesuiten Lamormain, des sen Einfluß man jedoch auch nicht überschätzen soll te. Aber er, der „kein papiererner oder angemalener Landesfürst" sein wollte, konnte man es ihm verden ken, daß er sich dagegen wehrte, wenn in seinen Län dern die offene Rebellion ausbrach? War einer der Aufständischen bereit sich zu unterwerfen, war er sehr schnell wieder versöhnt und alles war vergessen. Was die Einflußnahme auf die Konfession betrifft, so muß man auch berücksichtigen, daß der Kaiser zu tiefst von der Schädlichkeit des Protestantismus für die Einstellung der Adeligen, Bürger und Bauern überzeugt war, die dadurch erst zum Aufruhr getrie ben worden seien. Und tatsächlich waren seine größ ten Widersacher Protestanten, besonders Anhänger Kalvins, wie der Kurfürst Friedrich von der Pfalz, sein Gegenspieler um die Krone Böhmens, und in öberösterreich der Freiherr Georg Erasmus von Tschernembl, der Führer der Adelsopposition, der eine von naturrechtlichen Vorstellungen geprägte Theorie des Widerstandsrechts gegen den ungerech ten Herrscher entwickelte.® Hier wird aber auch deutlich, daß Tschernembl seinerseits kein verant wortungsloser Unruhestifter war, wie sie bei jeder Revolution ans Tageslicht treten, sondern ein zu tiefst gläubiger Adeliger, der die Rechte der Stände als die des Volkes zu schützen glaubte und der genau wußte, daß „religio und libertas", also Religion und ständische Freiheit, wie er sie sah, zusammenhingen. Tatsächlich verlief die weitere Entwicklung nach dem Sieg des Kaisers ja dann so, wie Tschernembl es vorausgesehen hatte. In zwei Patenten aus den Jahren 1624 und 1625 wurde die Rekatholisierung in Oberösterreich ein geleitet: zunächst mußten alle protestantischen Geistlichen und Lehrer das Land verlassen (1624), bald darauf verfügte ein Reformationspatent vom 10. öktober 1625, das der Statthalter Herberstorff der selbst ein Konvertit war, auf Grund kaiserlicher ^ Zur Person Kaiser Ferdinands II. vgl. die Arbeiten von Karl Eder, Hugo Hantsch, Günther Franz, und v. a. Hans Sturmher ger, Kaiser Ferdinand II. und das Problem des Absolutismus, Wien 1957; zuletzt Johann Frartzl, Ferdinand II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit, Graz-Wien-Köln 1978 (dazu vgl.meine Be sprechung in: MIÖG 88 (1980), 229 ff.). So Peter F. Barton, Der vorweggenommene Bauernkrieg - Der Modellfall Innerösterreich, in: Sozialrevolution und Re formation, Wien — Köln - Graz 1975, 71. ® Zu Tschernembl: Hans Sturmberger, Georg Erasmus Tscher nembl. Religion, Libertät und Widerstand, Graz-Köln 1953.

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