OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

worden, etwa das der Mischehen, aber erst durch diese Erklärung ist der ökumenische Geist der ka tholischen Kirche glaubhaft und deutlich dargelegt worden.^ Für Holland und England gilt auch, daß diese Länder auf Grund von wirtschaftlichen Moti ven — wegen des Handels — geradezu zur Toleranz verhalten waren. Diese wirtschaftlichen Motive als Grundlage zur Gewährung von Glaubensfreiheit können übrigens auch anderswo beobachtet werden. In Österreich jedenfalls gab es schon während des Mittelalters Verfolgungskampagnen von Ket zern und Häretikern, die teilweise ein größeres Ausmaß angenommen haben. Verwiesen sei vor allem auf die Anhänger albigensischer, waldensischer und hussitischer Lehren, die besonders in den Donauländern sehr zahlreich waren. So wird etwa berichtet, in den Jahren 1395 - 97 seien allein in Steyr über 1000 Personen verhört und 100 ver brannt worden. Im 15. Jahrhundert wurden nicht nur die Anhänger des Johannes Hus weiter ver folgt, sondern es kam auch einem großen Judenprogrom (etwa 400 Opfer) in den Jahren 1420/21, der sogenannten „Wiener Geserah".^ Eine neue Dimension erhielt das Toleranzpro blem im Zeitalter der Reformation. War man zu nächst der Lehre Luthers gegenüber von Seiten des Landesfürsten in Österreich zwar nicht freundlich gesinnt, so hoffte man doch auf Verhandlungen und eine Wiedervereinigung der Kirche in naher Zu kunft. Kompromißloser aber verfuhr man mit den Wiedertäufern (oder Täufern), die die Erwachse nentaufe betrieben (daher der Name), darüber hin aus die Prinzipien des Christentums aktiv vorleben wollten und Gütergemeinschaft propagierten. Von der etablierten katholischen Kirche als Organisation hielten sie nicht viel, ebensowenig von der lutheri schen Kirche, was sie bei beiden naturgemäß ver dächtig machte und zu Verfolgungen führte. Die Wiedertäufer waren aber nun tatsächlich Verfechter religiöser Toleranz, wie auch später die verschieden sten Sekten und religiösen Dissidenten in England und Amerika, was dann wieder sehr stark auf den Kontinent zurückgewirkt hat. In Oberösterreich war ein Zentrum der täuferischen Bewegung die Gegend von Steyr, sodaß die Vermutung nahe liegt, daß es hier eine echte Kontinuität von den Waldensern des Mittelalters bis hin zur Täuferbewegung gibt. Man fürchtete vor allem den radikalen Flügel der Täufer, wie er sich im „Täuferreich" in Münster kurzfristig durchgesetzt hatte, da es sich bei dieser Bewegung ja um eine der bestehenden Gesellschaftsordnung diamentral entgegengesetzte Richtung handelte. So ge rieten die Täufer überall in Konflikt mit den Obrig keiten und wurden grausam verfolgt, in der Habs burgermonarchie besonders in Tirol und nach an fänglicher Duldung später auch in Mähren. Dabei befleißigten sich die habsburgischen Lan desfürsten Österreichs zunächst noch einer modera ten Haltung, Ferdinand /. war ja ein Schüler des be kannten Irenikers Erasmus von Rotterdam und sein Sohn Maximilian II., der privatim selbst der Augs burgischen Konfession nahestand, mußte den adeli gen Ständen seiner Länder entgegenkommen, war er doch auf die Steuerbewilligung der Landtage im Zeitalter der Türkenbedrohung angewiesen. Von Toleranz in unserem Sinne kann man bei ihm aber trotzdem nicht sprechen, allerdings gab es diese da mals kaum irgendwo in Europa, auch nicht im prote stantischen Bereich, am weitestgehenden vielleicht noch in Siebenbürgen, wo Fürst Stephan Bäthory, selbst ein Katholik, dafür eintrat, daß Lutheraner, Reformierte, Katholiken und Unitarier gleichbe rechtigt und friedlich nebeneinander leben konnten. Von ihm, der auch König von Polen wurde, ist der berühmte Ausspruch überliefert: „Ich bin König der Völker und nicht der Gewissen. Gott hat sich drei Dinge vorbehalten: aus nichts etwas zu schaffen, die Zukunft zu kennen und über die Gewissen zu herr schen"."* Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war die Bevöl kerung des kleinen Landes ob der Enns (damals noch ohne das bayerische Innviertel) zu etwa 90 Pro zent protestantisch. Es gab darüber hinaus auch eini ge wenige katholische Adelige, eine katholische Minderheit in den Städten und in einzelnen Gegen den auch „päpstische", also katholische Bauern. Das war die Ausgangslage, die die nach dem Konzil von Trient und der inneren Erneuerung wieder gefestigte Kirche vorfand. Nun verband sich aber diese katholi sche Reform und das Bestreben der Wiedergewin nung der Bevölkerung für den alten Glauben durch Volksmission und literarischen Kampf, getragen vor allem von den neuen Orden der Jesuiten und Kapu ziner, mit den Intentionen eines von neuen Inhalten des Herrscheramtes geprägten Landesfürstentums. In seiner deutlichsten Ausprägung vertrat vielleicht Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich, der spä- ^ Ernst-Wolfgang Böckenförde, Einleitung zur Textausgabe der „Erklärung über die Religionsfreiheit", in: Lutz (Hg.), Zur Ge schichte (wie Anm. 1), 401 - 421, bes. 406 f. 3 Dazu und zum folgenden vgl. bes. Hans Wagner, Die Idee der Toleranz in Österreich, in: Religion und Kirche in Österreich, Wien 1972, 111 — 128; sowie Erika Weinzierl, Der Toleranzbe griff in der österreichischen Kirchenpolitik, in: Comite Interna tional des Sciences Historiques, Rapports 1, Wien 1965, 135 - 150. Vgl. Joseph Leder, Geschichte der Religionsfreiheit im Zeital ter der Reformation, Stuttgart 1965, Bd.l, 543.

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