OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Auch die Vergangenheitin vieler Hinsicht eine Domäne der Frau. Kurt Klinger läßt in seinem Odysseus-Drama („Odysseus muß wieder reisen") Penelope sagen: „Ich kann mich nicht trennen von meiner Vergangenheit! Ich würde mich selbst zerstören". So haben wir denn auch im Bereich des historischen Ro mans bedeutende weibliche Autoren: Juliane Windhager schreibt unter dem Titel „Der Friedenstäter" (1948) einen Roman um Paris Lodron, Gertrud Fusseneggers Roman „Die Brüder von Lasawa" (1948) führt in die Notzeiten des Dreißigjährigen Krieges auf dem schicksalsträchtigen Boden Böhmens. Und da ist die Großmeisterin dieser Dichtung, Enrica v. Handel-Mazzetti (1871 - 1955), die wesentliche Jah re ihres Schaffens in Linz verbrachte, mit ihren histo rischen Romanen, vornehmlich aus der Welt der österreichischen Gegenreformation, um die Über brückung religiöser Gegensätze dichterisch bemüht. Ihre erzählerische Kraft neigt zu dramatischer Stei gerung, die sich in häufigen Dialogen und beweg ten Volksszenen auslebt. Die archaische Sprache greift vom Dialog in den erzählenden Bericht über, so daß ein einheitlicher Stil entsteht, der ganz dem Lebens- und Sprachgefühl der dargestellten Epoche entspricht und auch dort, wo er nicht nach strenger philologischer Norm verfährt, intuitiv das Richtige trifft. Altes überkommenes Sprachgut geht mit neu en Wortformen eine glückliche Verbindung ein. Es ist eine Erneuerung, keine Nachbildung des Barock stils, aber eine Erneuerung aus Geist und Landschaft der Zeit. Mundartliches hat demgemäß entscheiden de Bedeutung im Gepräge dieses Stils. Das soll natürlich nicht heißen, daß wir in Ober österreich nicht auch namhafte Repräsentanten hi storischer Dichtung von männlichen Autoren haben. Richard Billinger hat sich in Schauspielen auch ge schichtlichen Stoffen zugewendet: „Der Herzog und die Baderstochter" dramatisiert die Geschichte von Liebe und Tod der Agnes Bernauerin, „Die Hexe von Passau" stellt die Ballade von der heilkundigen Zauberin in den Rahmen der Bauernkriege, das Festspiel „Paracelsus" geht im letzten Lebensjahr des faustischen Arztes, 1541, vor sich. Hans v. Ham merstein (1881 - 1947), längere Zeit in Oberöster reich lebend und hier auch verstorben, - seines 100. Geburtstages wird ja in Neupernstein und Kirchdorf besonders gedacht werden — hat in seinen Romanen „Ritter, Tod und Teufel" und „Mangold von Eber stein" ein „dichterisches Bilderbuch" aus dem 16. Jahrhundert entworfen und in den „Finnischen Rei tern" die Zeit des Endes des 30jährigen Krieges zum Schauplatz des Erzählten gemacht. Egmont Colerus veröffentlichte die mit philosophischem Gedanken gut befrachteten geschichtlichen Romane „Pythagoras" und „Leibniz". Schließlich muß auch noch an Hans V. Hammerstein-Equord (Archiv Dr. Schiffkorn). Carl Hans Watzingers Luther-Roman „Mensch aus Gottes Hand" (1938) erinnert werden. In einem Gedicht mit dem Titel „Ein HandelMazzetti-Bildnis" hat Arthur Fischer-Colbrie von der Dichterin gerühmt: Sie, die in einem Kriegs- und Haßjahrhundert die Brudersprache der Versöhnung lehrt. Damit spielt er auf das religiöse Ethos dieser Dichterin an, das ja gerade in Oberösterreich in einer reichen Tradition steht. Wir können in unserem Überblick nicht auf die lange Entwicklung der reli giösen Dichtung in Oberösterreich eingehen, von den geistlichen Schreibschulen in den Klöstern Mondsee, Kremsmünster, Lambach, St. Florian, von den Pflegestätten lateinischer und deutscher Spiele in den Stiften, von der religiösen Lyrik in der Ba rockzeit, etwa einer Katharina Regina von Greiffenberg (1633 - 1694) oder eines Simon Reitenpacher (1634 — 1706), dann im 18. Jahrhundert von Michael Denis (1729- 1800), von dem das Adventlied „Tauet Himmel den Gerechten" stammt, - bis schließlich in unser Jahrhundert, in dem wir nur den Gipfel nennen: den Priesterdichter Heinrich Suso Waldeck (1873 - 1943), im Egerland geboren, in Österreich heimisch geworden, in Oberösterreich gestorben. Seine religiösen Gedichte sind nur ein

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