OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

sich zu dem Aufruf „Erde unser" steigert. Rudolf Weilhartner läßt die durch die Besitzgier des Men schen geschändete Erde sprechen: Ihr Wissenschafter, ihr Philosophen, schreibt Abhandlungen über mich, füllt die Bibliotheken, Und ihr Dichter, schreibt meinetwegen Verse auf mich, Ja, versucht nur, euch einen Reim auf mich zu machen. Ich bin die Erde - das letzte Wort werde i c h haben! Der Bauer Mundl Schöngruber aus Pichl bei Windischgarsten will in seinem Roman „Die verun treute Erde" die gefährlichen Grenzen des techni schen Fortschritts aufzeigen, wenn dieser an einem Punkt angelangt ist, wo er den Menschen nicht mehr weiterführt, sondern zugrunde richtet. Erna Blaas beschwört die Gefahren der Entfernung von der Er de in einem Gedicht „Weltraumfahrt", wo sie den Künftigen zuruft: Ihr aber, meine künftigen Urenkel - ein Geschlecht von Astronauten, hinausgeschleudert ins All, Landung versuchend auf toten Sternen und abgestorbenen Monden — (so schön einst im Traumglanz der Mythe!) - wie wollt ihr bestehen? Bleibt, b 1 e i b t , ihr Geliebten, - ackert, sät, erntet und haltet Maß: Das Korn nährt euch alle! Die Einkehr bei der nährenden Mutter Erde und der bäuerlichen Welt läßt die Bereiche des Allge meinmenschlichen nicht außer acht. Dafür sind die Bücher von August Karl Stöger (Die Magd und an dere Geschichten aus kleiner Welt, der Roman „Die Kranewittbrüder") ein schönes Beispiel. Und natür lich gehört zum Menschlichen auch das Allzu menschliche und die Widerwelt des Humanen: das Häßliche und das Böse, wie es Billinger in seiner Er zählung von der Dorfkindheit „Die Asche des Fege feuers" erkennen läßt, oder wie es bei Heinrich Suso Waldeck - er verlebte seine letzten Jahre in St. Veit im Mühlviertel - durchbricht in seinem Gedichtzy klus „Das böse Dorf", durch das der gespenstige Re gennachtsvogel geistert. Für das naturhaft Gewachsene, für das Ungebro chene und Starke hat die Dichtung oft ein greifbares Symbol gesetzt: den Baum. Schon bei Stelzhamer ist der Baum ein beziehungsreiches Grundwort, der Baum wird zum Gleichnis des Lebens mit seinen Helligkeiten und Schatten. Johannes Würtz, ein en ger Freund Suso Waldecks, sagt in einem Gedicht: . . . Nimm einen Baum zu deinem Gleichnis! Nimm alle im Busch zu Genossen . . . Linus Kefer sieht den in die Straße vor seinem Fenster gezwängten Baum, der ... Im Innern sich bewahrt und reift zu immer reinerer Gestalt - er könnte dich's noch lehren: Geduld und Schweigen. Wir haben Beispiele von oberösterreichischen Autoren gebracht, aber es ließen sich solche von vie len Seiten ergänzen, denken wir nur an Josef Wein hebers lyrische Apostrophierung, die in eine rhetori sche Frage gekleidet ist: ... Ist nicht ein Baum, mit Wurzeln fest, mit praller Frucht und runder Krön, mit biegsam kräftigem Geäst des Lebens bester, schönster Sohn? Hat jemand Heimat so wie er? So jemand zeugende Gewalt? So Mutterkraft, so Weisheit schwer, so ahnensichre Wohlgestalt? Mit solchen Vorstellungen und Bildern ist ein vielschichtiger Gefühlskomplex verbunden, der den Namen „Heimat" trägt. Heimat - dieses Wort ist si cherlich durch seine Überbeanspruchung bei tau send Anlässen, durch seine Verkitschung in süßli chen Romanen und Filmen in Mißkredit geraten, so daß es bei vielen Jüngeren und Jüngsten nur noch als Synonym für Rückständigkeit und Sentimentalität gilt. Kein Wunder, wenn manche das Allzusüße mit dem Salz der Satire bestreuen oder mit beißender Ironie würzen (Beispiel dafür ist der Sammelband „Daheim ist daheim", 1973 von Alois Brandstetter herausgegeben, mit Beiträgen österreichischer, deutscher und schweizerischer Autoren). Im Grun de aber wissen wir alle: Jeder Mensch braucht einen Ort, wo er äußerlich und innerlich geborgen sein kann, wo er sich behaust und behütet fühlt. Heimat ist ein urmenschliches Seinsgefühl, das zur Existenz des Menschen gehört. Das ist mir besonders zu Be wußtsein gekommen, als ich vor einiger Zeit in ver schiedenen Ländern an zwei Gräbern stand. Einmal war es in Kilchberg, am Züricher See, in der Schweiz. In der Schweiz, die seit vielen Generationen keine Kriege mehr mitgemacht hat, deren Heimat unver sehrt geblieben ist. Es war das Grab Conrad Ferdi nand Meyers, an dem ich stand. Ich dachte an sein Lob der Heimat im „Firnelicht": Wie pocht das Herz mir in der Brust trotz meiner jungen Wanderlust, wann, heimgewendet, ich erschaut die Schneegebirge, süß umblaut, das große stille Leuchten! Ich atmet eilig wie auf Raub der Märkte Dunst, der Städte Staub. Ich sah den Kampf. Was sagest du, mein reines Firnelicht, dazu, du großes stilles Leuchten?

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