schienen) ist kein verfälschter Klang, die süßlichen Nebentöne sind daraus verbannt. Nichts wird ver ziert und verniedlicht, ungeschminkt sind die Far ben, hart stoßen Licht und Schatten aneinander. Da liegt das ahnenheilige Land in der fruchtschweren Fülle seiner Äcker, patriarchalische Ordnung waltet in Haus, Hof und Familie, der Rhythmus des Säens und Erntens geht in den Pulsschlag der Geschlechter ein, die Natur hat ein bäuerliches Gesicht, die Hei mat wird zum zweiten Mutterleib des Menschen: . . . Dahoam is dahoam. Wannst net furt muaßt, so bleib! Denn d' Hoamat is ehnta Da zweit Muadaleib. Diese Geborgenheit im Mutterleib der Heimat läßt die Freude über die Schönheit der Welt in Stelzhamers Dichtungen strömen. Das Leben ist wie ein blühender Kirschbaum, der mit seiner bräutlichen Krone in den heimatlichen Himmel ragt; doch wie Raupe und Wurm an Blüte und Frucht herankom men, so stehen Schatten und Licht im Gegeneinan der des Daseins. Dem „kreuzlustigen" Stelzhamer sind auch die Tiefen des Leidens und die Gramfur chen der Einsamkeit vertraut. Er kennt die Frau Not, die zeitlebens bei ihm Quartier nahm, die „Königin Not", wie er sein gereimtes Mundartmärchen nennt, in dem Chöre die Erzählung begleiten. Und er weiß vom Tod, der dem Leben erst Profil gibt („s' Mahrl vom Tod") in einem obderennsischen Totentanz, in dem er apokalyptisches Geschehen mundartlich zu Bild und Wort werden läßt. Die künstlerische Spannweite dieses Mundart poeten ist groß. Wie er den Vierzeiler des be schwingten Schnaderhüpfels meistert, so gibt er auch dem griechischen Hexameter neues Leben: Er nimmt ihm die fremde Würde und stimmt ihn auf den vertrauten Ton des Volksmundes. Da ist das lebens nahe Epos „Da Soldodnvöda", eine Hausgeschichte aus Piesenham, die der bäuerliche Großvater des Dichters beim Leichenschmaus für seinen Bruder er zählt: Bauer der eine, Soldat der andere Bruder, bei de aber, der Erdverwurzelte wie der von Fernweh Getriebene, treffen sich am Ende in der gleichen Heimatliebe. Und da ist die unsentimental starke, ganz auf dem Boden eines bäuerlichen Realismus stehende Hexameterdichtung „D' Ahnl" mit der herben Prachtgestalt der Großmutter, die an ihrem goldenen Hochzeitstag und am grünen der Enkelin zeigt, wie Liebe und Leid nicht den persönlichen Ei telkeiten des Herzens, sondern dem Fortleben der Sippe dienen müssen, dem Bestand des Hofes im Auf und Ab der Generationen. Alle Einzelvorgänge dieser Epen fügen sich zum Gesamt eines bäuerli chen Universums: Da ist die Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten, aus ihr spricht die Natur mit den Stimmen der Stille und den tosenden Urlauten der Gewitter. Die Hierarchie des Hofes ist eingebettet in die Gemeinschaft des Dorfes, umrankt vom farben frohen Brauchtum der Bauernwelt. Mit Licht und Schatten, mit Vorzügen und Fehlern ersteht das „Landl", wie der Oberösterreicher seine Heimat nennt. Sie wird zum Land schlechthin, zur Erde, zur Menschenwelt. Um den Gipfel Stelzhamer lagert, in entspre chendem Höhenunterschied, noch im 19. Jahrhun dert eine beträchtliche Anzahl oberösterreichischer Mundartdichtungen, vom Stelzhamerbund und sei nen Getreuen sorglich gehütet. Da ist der Ennser Karl Adam Kaltenbrunner (1804- 1867), ein Au tor, der auch die Ballade mundartfähig machte und sich überdies als Erzähler und Volksdramatiker ver suchte („Oberösterreichische Dorfgeschichten". „Die drei Tannen"). Da ist der Linzer Norbert Purschka{l8l3 - 1898),dermitStelzhamerbefreun dete Pfarrer von Waldneukirchen, der „Bilder aus dem oberösterreichischen Dorfleben" entwirft, wie sie ihm der seelsorgerische Alltag im Bauernland ver mittelt („Aus der Hoamat"). Zum Landgeistlichen gesellt sich der Landarzt: Als solcher hat der Pernsteiner Anton Gärtner (1817 — 1858) Freud und Leid mit seinen Patienten geteilt, wovon seine „Ge dichte in oberösterreichischer Volksmundart" Zeug nis geben, die Adalbert Stifter eines Vorwortes für wert gehalten hat. Arzt war auch der Grieskirchner Josef Moser (1812 - 1893), der gleich Gärtner in Kremsmünster studiert hatte. Seine mundartlichen Guckkastenbildchen aus dem Volksleben verraten. seine satirische Ader. Und ein weiterer Zögling aus der Benediktinerabtei im Kremstal war der aus Ebenzweier am Traunsee stammende Rudolf Jungmair (1813 - 1875) - nicht zu verwechseln mit Otto Jungmair - Rudolf Jungmair, der Jurist wurde und in Gmunden, Wels, Mattighofen und Vöcklabruck be scheidene Ämter bekleidete, was ihn nicht hinderte, seinen Humor und Witz in drastische Dialektdich tungen strömen zu lassen („Tombakerne Flinserln", „Gmundner Blüemeln", „Hoanbucherne Blattln"). Auch im 20. Jahrhundert ist Oberösterreich das gelobte Land der Mundartdichtung geblieben. In fortschreitendem Maße erweitert sich der Themen kreis, nimmt Geschichtliches, Soziales, Zeitkriti sches in sein Weltbild auf. Schon Franz Hönig (1867 - 1937) hatte geschrieben: Ich bin koa Wald- und Bleamerldichter, mein Fall san d' Leut und eahni Gsichter mit eahni Vorzüg, eahni Fahler. Also das Menschenbild - in Vergangenheit und Gegenwart. Da entwirft Norbert Hanrieder (1842 - 1913) sein großes Epos „Der oberösterreichische
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