OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Bildhauer, Architekten und Komponisten sind, die über Landesgrenzen hinweg zu einer schöpferischen Gemeinschaft zusammengewachsen sind. Kultur, Volksbildung und Heimatpflege werden in Oberösterreich groß geschrieben wie in kaum ei nem anderen unserer Bundesländer. Auch das Ethos der Erziehung ist ein Erbe Adalbert Stifters. Von ihm stammt das Wahrwort, das man nicht oft genug wiederholen kann, — es steht im „Nachsommer": „Der Unterricht ist viel leichter als die Erziehung. Zu ihm darf man nur etwas wissen und mitteilen können, zur Erziehung aber muß man etwas sein" (Mathildens Mutter zu dem jungen Hauslehrer Risach, Amelang 386). Erzieher in solchem Sinn ist Stifter selbst gewesen, im Menschlichen wie im Künstlerischen, unablässig an sich arbeitend. Wie notwendig wären unserer heutigen Jugend große Er zieher, Lehrer, die an den Studierenden nicht vorMÖergehen, sondern ihnen vorangehen als Vorbild und lebendiges Beispiel. Aus Stifters Werken läßt sich erkennen, wie er in seinen Dichtungen bestrebt ist, die landschaftliche Umwelt aus einer allgemeinen Charakterisierung immer differenzierter hervortreten zu lassen. Das zeigt sich auch in der Namengebung. Während die Ortsnamen zunächst noch ein wenig umschrieben werden (z. B. Viechtau für Viechtwang, Kerberg für Kefermarkt usw.), erfolgen bald eindeutige Benen nungen. Es ist ein weiterer Schritt in die realistische Wirklichkeit hinein, wie sie das Jahrhundert fordert. Dies läßt sich auch in der sprachlichen Gestaltung feststellen, die — das bezeugen die verschiedenen Fassungen von Stifters Erzählungen - von der meta phernreichen Formung eines „blumigen" Stils mit der Zeit immer mehr zur schlichten Aussage drängt, zur Gegenständlichkeit, wie der Dichter es zu nen nen pflegte. Den letzten Schritt zum sprachlichen Realismus innerhalb der poetischen Welt macht die Mundart dichtung. Das 19. Jahrhundert geht auch hier folge richtig den Weg von der Romantik zur Wirklich keitserfassung. Im bajuwarischen Raum wird Ober österreich das klassische Land der Mundartpoesie. Noch im 18. Jahrhundert war der Lambacher Bene diktiner Maurus Lindemayr (1723 — 1783) mit Dia lektgedichten und bäuerlichen Spielen vorangegan gen. Dann aber wird Franz Stelzhamer der unum schränkte Herrscher in diesem Raum. Sein ursprüng licher Ehrgeiz gilt zwar dem Dichterlorbeer in der Hochsprache, doch bald erkennt er richtig: „Meine hochdeutschen Sachen finden wenig Anklang, meine Prosa auch nicht. Das obderennsische Lied ist meine Heimat, da herrsche ich allein". Adalbert Stifter, seit langem mit Stelzhamers menschlicher und künstleri scher Persönlichkeit vertraut (Stelzhamer war u. a. Franz Stelzhamer (Archiv des Stelzhamer-Bundes, Linz). Mitarbeiter an dem von Stifter herausgegebenen Sammelwerk „Wien und die Wiener") bekennt, daß beim Lesen dieser Gedichte „ein solches Entzücken in sein Herz drang, als uns ist, wenn wir nach langen Jahren wieder die Glocken unseres Heimattales hö ren und den Rauch aus der Esse des Vaterhauses aufsteigen sehen". Stelzhamer durfte in seiner völlig unreflektierten und unliterarischen Art. die nur ei ner hat, der mit beiden Füßen auf bäuerlichem Bo den steht, mit Recht gegen eine gemachte „Volks dichterei" wettern, deren Vertreter aus modischer Sentimentalität ihr ländliches Herz für die Mundart entdeckt hatten: Enka letschade Art, Enka latschade Weis Is dran schuld, daß uns auslacht Da Sachs und da Preuß. Solche Gefahren, die der Mundartdichtung so einst wie heute drohen, hat Gottfried Glechner, selbst Mundartdichter, in seinen „Grundsätzlichen Gedanken zur Mundartdichtung" mit Recht aufge zeigt (III. Jahresbericht des BRG Braunau am Inn, Schuljahr 1962/63). In Stelzhamers Obderennsischen Liedern (zwi schen 1837 und 1868 sind seine Mundartgedichte er-

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