OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

der Antike. Das Buch gibt Zeugnis für den Weg, den er im Zeichen Goethes gegangen ist; vom Charakte ristisch-Vielgestaltigen zum Typischen, vom Maleri schen zum Plastischen, vom Psychologisch-Realisti schen zum Klassisch-Normhaften. Stifter wollte in diesem Werk eine große, einfache sittliche Kraft der Niedrigkeit vieler Zeittendenzen gegenüberstellen. So ist es das klassische Buch von der edlen Einfalt und stillen Größe des Menschenherzes geworden. Stifters Wesen und Werk mit dem Bekenntnis zum Sanften Gesetz und zum Naturrecht der Men schenwürde ist fast zu einem Synonym für das geisti ge Oberösterreich geworden, für jene „Stillere Hei mat", wie sich das seit 1952 vom Kulturamt der Stadt Linz herausgegebene Jahrbuch nannte, das in Anla ge und Auswahl seinem Titel gerecht wurde: Es zeig te die stillen, wesenhaften Züge der Heimat hinter lauten, fluktuierenden Ereignissen des Vordergrun des, das Dauernde im Wechsel der Erscheinungen - und verwaltete damit das Erbe Adalbert Stifters. Die geistige Ahnenlandschaft Stifters ist auch in vielen Späteren gegenwärtig, ob sie ihrem Taufschein nach geborene Oberösterreicher sind oder sich gleich ih rem dichterischen Leitbild durch ihr Schaffen das Heimatrecht im Lande ob der Enns erworben haben, wie z. B. Julius Zerzer, der zwar aus der Steiermark stammt (seine mütterliche Großmutter war aller dings eine geborene Stifter), der aber in der dichteri schen Landschaft Stifters heimisch geworden ist, wie seine mit gleichgestimmter Künstlerseele empfunde ne Erzählung „Stifter in Kirchschlag" erweist. Stif ters Gestalt geht durch so manche Dichtungen der Nachgeborenen: In Carl Hans Watzingers „Fahrt nach Kefermarkt" wird in einer Episode die Sehn sucht des Kinderlosen nach dem Kinde lebendig, Rudolf Weilhartner lotet in seinem Gedicht „Hom mage für Adalbert Stifter" unpathetisch und unsen timental in die Tiefe von Stifters Existenz. Stifters Sanftes Gesetz strahlt über Generationen und Lite raturströmungen hinweg immer wieder in aufnah mebereite Dichterherzen, sein Name wird zum Sinn bild eines Landes, in dem sich dichterische Kräfte wie Arthur Fischer-Colbrie, Franz Turnier, August Karl Stöger, Linus Kefer, Karl Kleinschmidt und manche von den Jüngeren und Jüngsten zum Dichter des Maßes und der Freiheit bekennen. In dieser gei stigen Landschaft haben nach Verlust der Heimat so manche Zuflucht und Bleibe gefunden, weil sie hier das „Flutend-Anverwandte" spürten, wie es Zerzer einmal lyrisch ausgedrückt hat (Gedicht „Das Vor land"). Sie haben ihrer Wahlheimat durch ihr Werk und Wirken dafür gedankt, wie die Oberschlesier Gerhart Baron und Hans Gottschalk, wie der Dresd ner Herbert Lange oder der Mährer Othmar CapellAdalbert Stifter. Bleistiftzeichnung von Georg Kordik (Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich, Linz). mann. Von ihnen mag gelten, was einst Franz Hönig mundartlich ausgedrückt hat: Drauf sagt ma gwiß an iada glei: Bei enk in Oberösterrei Da steckt a Kern drin und a Bluat, Da will i bleibm, da gfallt's ma guat. In diesem Lande wird auch das Werk Stifters be treut, dafür sorgt das Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich, dem Literaturforscher aus aller Welt angehören, von Amerika bis Japan. Hier reift das große Unternehmen der historisch-kriti schen Ausgabe (Verlag Kohlhammer, Stuttgart), die erfolgreich fortschreitet, hier wird Sekundärliteratur über Stifter aus aller Herren Ländern gesammelt und registriert, hier macht sich die Vierteljahresschrift des Adalbert-Stifter-Institutes nicht nur um die StifterForschung verdient, sondern auch um oberösterrei chisches Schrifttum von einst und heute. In diesem Zusammenhang ist auch die 1923 gegründete Innviertler Künstlergilde zu nennen, deren Wirken weit über eine engere Landschaft hinausgeht, deren Mit glieder nicht nur Schriftsteller, sondern auch Maler,

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