OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Die Ausgrabungen in Lavant haben außerdem Fundamente einer Hauskirche aufgezeigt, die dem eben beschriebenen Bau vorausgegangen ist, wobei auch hier Reste einer Sigma-Bank erhalten geblie ben sind. Der mittlere Raum des jüngeren Baues war für den eucharistischen Gottesdienst bestimmt, der hin tere (östliche) diente als Baptisterium. In beiden Räumen finden wir die bekannte Sigma-Bank, die jedoch im Gegensatz zu den älteren Zeugnissen in der Mitte der Basis einer Kathedra zu erkennen gibt. Vor dem Halbrund der Apsis stand im mittleren Raum einst der Altar. Der Priester hatte davor sei nen Platz mit dem Blick nach Osten. Der ganze Al tarraum war, wie in der Kirche von Laubendorf, mit Schranken umgeben. Zum Schiff hin sind die Fundamente eines sog. Bema zu erkennen, wie es uns ähnlich in den syri schen Kirchen aus der gleichen Zeit begegnet.®® Beim syrischen Bema handelt es sich um ein Vorle sepult, das in der Mitte des Kirchenschiffs aufgestellt und mit dem der Thron des Bischofs verbunden war. Hier saß er während des Lehrgottesdienstes.®® Wie in diesem Fall, so konnten Hinweise auf die syrische Kirche und deren Liturgie im Verlauf unse rer Untersuchungen mehrmals gebracht werden. Die Bedeutung der Vita Severini in liturgiegeschichtli cher Sicht liegt dabei vor allem auch darin begrün det, daß sie eine wichtige Quelle für die frühe Litur gie Sirmiums, der Metropole von Illyricum, darstellt, über die wir sonst nicht allzuviel wissen. Sirmium hat allem Anschein nach den christli chen Glauben durch Missionare aus Syrien erhalten. Bezeichnend ist allein schon die eingangs erwähnte Nennung mehrerer Märtyrer aus Sirmium im älte sten syrischen Martyrologium, obwohl hier sonst nur Heilige aus den Grenzgebieten Syriens aufgeführt sind. Auch in der Folgezeit dürften die Verbindungen dorthin nicht abgerissen sein. Da sich aber erfah rungsgemäß gottesdienstliche Bräuche in der Pro vinz länger halten als im Zentrum, von dem sie aus gegangen sind, kündet die Vita zugleich von der frü hen Liturgie Syriens. Besonders deutlich wird dies in der Verbindung von Vesper und eucharistischem Opfer am Abend. Die vorangegangenen fünf Abhandlungen sind für den Abdruck erweiterte Fassungen von Referaten, die anläßlich des 3. Lorcher Symposions „Severin und die Vita Severini" am 22. Oktober 1981 gehalten wur den. Das 1. Lorcher Symposion fand am 17. Oktober 1970 statt. Die Vorträge sind enthalten in: Mitteilun gen des Oberösterreichischen Landesarchivs Bd. 11 (1974), S.3 — 98. Das 2. Lorcher Symposion fand am 10. Oktober 1971 als „Pilgrim-Akademie" statt. Die teilweise Drucklegung erfolgte in: Ostbairische Grenzmarken Bd. 14 (1972), S. 72 — 79. Vgl. Nußbaum, Der Standort 24 ff. Auf das Vorhandensein ei nes Ambo in der Kirchenmitte läßt sich bereits aus den (in Sy rien entstandenen) Constitutiones Apostolorum VIII. 6 schlie ßen. Weitere kirchliche Bauten Binnen-Noricums werden von Menis, La basilica (Anm. 81) eingehend beschrieben; sie bringen für unsere Betrachtung keine neuen Gesichtspunkte.

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