Den Höhepunkt der Vesper bildet in der byzanti nischen Liturgie der Psalm 140, wo es zu Beginn heißt: „Wie Weihrauch steige mein Gebet empor, das Erheben meiner Hände als ein Abendopfer (sacrificium vespertinum)." Die Wendung in der Severins-Vita „psalterio ex more decurso" (nachdem die Psalmen in üblicher Weise gesungen waren), läßt auf einen bestimmten „Cursus", also eine festgelegte Psalmen-Ordnung, schließen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit war es die selbe Ordnung, wie heute noch im byzantinischen Ritus, da die gleichen Psalmen auch für das Abend land bezeugt sind.®^ Hier trägt die Vesper wegen des Lichteranzündens zu Beginn die Bezeichnung „Lucernarium"®®, ein Ausdruck, der uns in der Vita je doch nicht begegnet. Nun noch einige Worte zu den ältesten Kirchen bauten in Norikum, wie sie in den vergangenen Jahr zehnten durch Ausgrabungen immer mehr ans Licht getreten sind! 3. 4. Die frühchristliche Hauskirche im Alpen- und Donaugebiet Wie in einer eigenen Studie gezeigt werden konnte, hat sich im gesamten Alpengebiet bis in die ersten Jahrzehnte des 5. Jahrhunderts ein Kirchen bau-Typus erhalten, der in den meisten übrigen Pro vinzen des römischen Reiches schon mehr als hun dert Jahre früher anderen Bauformen weichen muß te, nämlich die frühchristliche Hauskirche (domus ecclesiae).®® Das älteste Zeugnis einer solchen befin det sich in der parthisch-römischen Grenzstadt Dura-Europos und stammt aus dem Jahr 256.^° Es handelt sich in all diesen Fällen um Versamm lungsräume, die eine Fläche von durchschnittlich 7 X 12 m aufweisen und zu denen meist noch Neben räume, wie die Sakristei und das Baptisterium, gehö ren. Die Gesamtanlage einer solchen Hauskirche hat sich kaum von einem größeren Wohnhaus der Anti ke unterschieden. Ein Charakteristikum der alpenländischen „Do mus ecclesiae" ist die sigma-förmige (d. h. halbrun de), gemauerte Bank; sie befindet sich in der Mitte des Raumes und weist im allgemeinen einen Durch messer von 5 m auf. Sie bot für etwa 20 Personen Platz.^^ Ein sprechendes Beispiel ist die Kirche von Zillis (Schweiz). Da diese Steinbank, wie gesagt, in einigen Fällen mitten im Raum gestanden hat, kann sie nicht für den Klerus allein bestimmt gewesen sein.^^ wji- müs sen vielmehr annehmen, daß auf ihr auch die Gläubi gen Platz genommen haben. Zur Sigma-Bank, die ebenso im profanen Be reich in den Speiseräumen üblich war, gehörte nach r7T\ iNälJlt 12 3»hrlMM4trt cr3 UM ISO) ■ Zillis, Grabungsbefimd der Kirche (nach Poeschel) und Rekonstruktion der frühchristlichen Hauskirche. antiker Sitte ein Sigma-Tisch aus Stein oder Holz. Bei den Mahlzeiten blieb seine Vorderseite unbe setzt, damit die Diener ungehindert die Speisen auf tragen konnten. Diese antike Sitzordnung entspricht den ältesten Darstellungen vom Letzten Abendmahl So berichtet Uranius, Ep.de morte Paulini c.4 (PL 53,862), daß Paulinus von Nola (t 431) noch im letzten Todeskampf, „gleich sam aus dem Schlaf erwachend und erkennend, daß die Zeit des Abendoffiziums (Lucernarii) gekommen sei. mit ausgebreite ten Händen, wenn auch mit leiser Stimme gebetet hat: Lumen paravi Christo meo". Dieser Vers (Ps 131, 17) bildet einen Teil der Gradual-Psalmen. Hinsichtlich der irischen Mönche vgl. 1. Schuster, Liber Sacramentorum IV (Regensburg 1929) 15 mit Verweis auf C. De Smedt — J. De Backer, Acta Sanctorum Hiberniae ex codice Salmaticensi (Edinburg 1888) 133 ff. Vgl. Schuster, Liber Sacramentorum (Anm. 67) 13, wo als wei tere Bezeichnungen „Lucemaris hora" (Kassian) und „Eucharistia lucemaris" (Prudentius) genannt werden. Vgl. K. Gamber, Domus ecclesiae. Die ältesten Kirchenbauten Aquilejas sowie im Alpen- und Donaugebiet (= Studia patristica et liturgica 2, Regensburg 1968). Vgl. Gamber, Domus ecclesiae 14 - 16. Vgl. Domus ecclesiae 86 - 93. Anders E. Dyggve, Über die freistehende Klerusbank, in: Fest schrift R. Egger (= Beiträge zur älteren europäischen Kulturge schichte 1, Klagenfurt 1952) 41 - 52.
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