3. Einzelfragen Im 3. Teil unserer Untersuchung ist auf einige Fakten näher einzugehen, einmal auf die Meßfeier am Abend und dann auf den Kirchenbau in Norikum zur Zeit des heiligen Severin, wobei einige Ausgra bungsergebnisse mit Angaben in der Vita verglichen werden. 3.1. Die Eucharistiefeier am Abend Die Feier der Eucharistie in Verbindung mit der Agape am Abend, und nicht wie später als eigener Gottesdienst am Morgen, war für die Zeit des Ur christentums weithin üblich, wenn es auch bereits die Verbindung von Lehrgottesdienst mit anschließen der Eucharistie gab.®" Die Begehung der Eucharistie am Abend wurde später vielerorts auf die Fasttage eingeschränkt.®' So kannte man im römischen Ritus, bis ins Mit telalter hinein, an Fasttagen, also an den Werktagen der Quadragesima, den Quatember- und Vigiltagen, eine Messe „ad nonam", also etwa um 3 Uhr nachmittags.®^ Im Gegensatz zum Brauch in Norikum, geht jedoch hier die Messe der Vesper voraus. Am Quatember-Samstag dauerte in Rom die Feier ursprünglich bis in die späte Nacht hinein und schloß so einen weiteren (päpstlichen) Stations-Got tesdienst am Sonntagmorgen aus. Wir finden daher in den alten römischen Meßbüchern den Vermerk: „Die dominico vacat (sc. missa)", d. h. am Sonntag fällt die Messe aus.®® Ob das abendliche „sacrificium" in Norikum, ähnlich wie in Rom auf diejenigen Tage beschränkt war, an denen gefastet wurde, läßt sich aus der Vita nicht mit Sicherheit erschließen. Bemerkenswert ist jedoch auf jeden Fall, daß darin nie eine Meßfeier am Morgen erwähnt wird. Auch heißt die Abendstunde ausdrücklich „Stunde des Opfers" (hora sacrificii). Es ist die Stunde, zu der schon im Tempel zu Jerusa lem das Mincha-Opfer (Speiseopfer) dargebracht wurde, wohin die Apostel, wie die Apostelgeschichte berichtet (3, 1), weiterhin „ad horam orationis no nam" gingen.®'' Es ist auch die Stunde, in der Chri stus das Opfer am Kreuz vollbracht hat (vgl. Mk 15, 34). 3. 2. Die abendliche Eucharistiefeier am Samstag in Ägypten Eine Meßfeier am Abend, unabhängig vom vor ausgehenden Fasten, und zwar ausschließlich am Abend des Samstags, begegnet uns noch im S.Jahr hundert in einigen Teilen Ägyptens.®® Diese für die damalige Zeit, wie es scheint, ungewöhnliche Sitte bezeugen SokratesundSozomenus; letzterer schreibt in seiner Kirchengeschichte: „In vielen Städten und Dörfern Ägyptens kommt man gegen alle bestehen de Gewohnheit am Sabbat gegen Abend zusammen und empfängt, nachdem man schon gegessen hat, die Mysterien."®® Unklar ist, ob hier die urchristliche Verbindung von Agape und Eucharistie weiterlebt, wie sie im halbrituellen Mahl der Juden am Ausgang des Sab bats mit dem Anzünden der Lampe und der abendli chen Beracha (Dankgebet) des Hausvaters vorgebil det war.®^ In diesem Zusammenhang ist bemerkens wert, daß das judenchristliche Element in Ägypten sehr stark war. Eine Eucharistiefeier am Abend, ohne vorausgehendes Fasten, läßt sich für die dama lige Zeit fast nur so, d. h. als Nachfolge eines jüdi schen Brauches, erklären. Als in Ägypten später, wie in der übrigen Chri stenheit, die Eucharistie am Sonntagmorgen began gen wurde, blieb dennoch die genannte Feier am Samstagabend, wenigstens noch eine gewisse Zeit, weiterbestehen. So lesen wir in den von Hengsten berg herausgegebenen Pachomiana: „Wir bringen immer zweimal in der Woche das Opfer dar, am Vgl. E. Baumgartner, Eucharistie und Agape im Urchristentum (Solothurn 1909); K. Gamber, Sacrificium missae. Zum Opfer verständnis und zur Liturgie der Frühkirche (= Studia patristica et liturgica 9, Regensburg 1980) 49-51. Vgl. Zimmermann, Die Abendmesse (Anm. 35) 88 - 97. Eine Ausnahme bildete sehr früh der Gründonnerstag, a. a. 0.104. " Vgl. Zimmermann 132 - 142. " Vgl.K.Cfl/nöer, Sacramentarium Gregorianum 1. Das Stations meßbuch des Papstes Gregor (= Textus patristici et liturgici 4, Regensburg 1966) 44, 87, 108, 120. " Vgl. Elbogen, Der jüdische Gottesdienst (Anm. 33) 98 f. Vgl. Th. Schermann, Agapen in Ägypten und die Liturgie der vorgeheiligten Elemente, in: Theologie und Glaube 5 (1913) 177 - 187; K. Gamber. Das Eucharistiegebet im Papyrus von Der-Balizeh und die Samstagabend-Agapen in Ägypten, in: Ostkirchliche Studien 7 (1958) 48-65: ders., Domus ecclesiae, Die ältesten Kirchenbauten Aquilejas sowie Im Alpen- und Do naugebiet bis zum Beginn des 5. Jh. liturgiegeschichtlich unter sucht (= Studia patristica et liturgica 2. Regensburg 1968); da zu H. Brakmann. Die angeblichen eucharistischen Mahlzeiten des 4. und 5. Jh., in: Römische Quartalschrift 65 (1970) 82-97; meine Erwiderung: ebd. 67 (1972) 65 - 67. =6 Sozomenus, Hist. eccl. VIII 9 (PG 67, 1478). Dazu H. Brak mann, Zur Geschichte der eucharistischen Nüchternheit in Ägypten, in: Le Museon 84 (1971) 197 - 211; K. Gamber, in: Ostkirchl. Studien 22 (1973) 322. Das angeschnittene Problem ist immer noch nicht endgültig geklärt; dagegen hat Brakmann die Sokrates-Stelle sicher richtig gedeutet. Doch läßt diese die Möglichkeit offen sowohl eines gemeinsamen (Agape-)Mahles unmittelbar vor der Feier der Eucharistie als auch den Empfang der Kommunion ohne vorausgehendes leiunium. Vgl. S. Krauß, Talmudische Ärchäologie III (Leipzig 1912) 29; Zimmermann, Die Abendmesse 22; Elbogen, Der jüdische Gottesdienst 120 f.
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