OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

hatten.30 So wird in c. 22, 2 von der „sancti loannis benedictio" gesprochen. Wir hören ferner von Reli quien der Mailänder Märtyrer Gervasius und Protasius.3i 2. Die Vita Severini als liturgiegeschichtliche Quelle Nun zum gottesdienstlichen Leben in Norikum, wie es sich uns in den Berichten der Severins-Vita präsentiert! 2. 1. Die Fastenpraxis Beachtenswert ist gleich zu Beginn des Commemoratoriums die Nachricht, daß die Einwohner von Comagenis — auf Anordnung Severins hin — für drei Tage ein allgemeines Fasten hielten.Eine solche Bußübung war schon von den Juden bei besonderen Notständen geübt worden.33 So mahnt der Prophet Joel (1, 14 bzw. 2, 15): „Haltet ein heiliges Fasten, beruft die Gemeinde (iKH\r|OLav), versammelt die Ältesten (TrpeaßuT^pouq) und alle Bewohner im Hause eures Gottes und ruft inständig zum Herrn!" Fasten bedeutete zu damaliger Zeit, sich den ganzen Tag von jeglicher Nahrung zu enthalten und erst am Abend etwas zu essen. Severin fastete auf diese Weise das ganze Jahr hindurch, indem er, au ßer an bestimmten Feiertagen, niemals vor Sonnen untergang etwas zu sich nahm.3" In Comagenis versammelten sich die Gläubigen an drei Tagen in der Kirche und begingen am dritten Tag die Feier des abendlichen Opfers (sacrificii vespertini sollemnitas). Damit ist, wie wir noch sehen werden, die Meßfeier gemeint. Man kann sich vor stellen, daß bei diesen Gottesdiensten die oben zi tierte, tröstende Joel-Stelle vollständig (2, 12 - 27) verlesen wurde. In der Vita wird hier ein Zweifaches ausgesagt: einmal, daß es keine tägliche „sacrificii sollemnitas" gab, und zum zweiten, daß die Meßfeier als Ab schluß des Fastens begangen wurde. Man könnte freilich hinsichtlich dieser Interpretation einer Abendmesse Bedenken äußern35, wenn wir nicht in der Vita diesbezüglich weitere Belege hätten. 2.2. Die Meßfeier am Abend So wird c. 13,1 — 2 berichtet, daß sich Severin ein mal während des Sommers in luvao (Salzburg) auf hielt. Als man sich am Abend zum Gottesdienst in der „basilica" versammelte, fehlte Feuer, um die Lichter anzuzünden (ad accendenda luminaria). Es wurde versucht, Feuer aus einem Stein zu schlagen, doch dauerte dies zu lange, sodaß die übliche Zeit für die „vespertina sollemnitas" vorüberging. Da flammte auf ein Gebet Severins hin die Wachskerze in seiner Hand von selbst auf, und es konnte nun, wie gewohnt, das abendliche Opfer (sacrificium vespertinum) begangen werden. Des weiteren wird in c. 12 berichtet, daß bei ei nem Aufenthalt Severins in Cucullis (heute Kuchl oberhalb Salzburgs) ein gewaltiger Heuschreckenschwarm einfiel. Der Heilige rief daraufhin die Ein wohner in der Kirche zusammen, wo den ganzen Tag über Gebete und Psalmen vorgetragen wurden. Ei ner der Anwesenden verließ jedoch schon bald den Gottesdienst (opus dei coeptum deserens); er begab sich auf seinen Acker und vertrieb hier den ganzen Tag über die eingefallenen Heuschrecken. Erst ge gen Abend kehrte er in die Kirche zurück, um wenig stens noch an der Kommunion teilzunehmen (ecclesiam communicaturus intravit). Mit „communicaturus" ist ohne Zweifel die Teil nahme an der Kommunion gemeint.36 Da aber im 5. Jahrhundert ein Empfang der Eucharistie, vom Viaticum abgesehen, nur innerhalb des „sacrificum" der Messe üblich war, muß in Cucullis die „sacrificii sollemnitas" am Abend den Gebetsgottesdienst, der den ganzen Tag über angedauert hat, abgeschlossen haben. Aus der gleichen Ortschaft wird in c. 11 berichtet, daß auf Anregung Severins hin die Priester des Ortes ein dreitägiges Fasten angeordnet haben. Es war nämlich bekannt geworden, daß ein Teil der Bevöl kerung immer noch heidnischen Opferbräuchen (nefandis sacrificiis) anhing. Severin ließ außerdem an3° So bitten die päpstlichen Legaten in einem Schreiben an Papst Hormisdas V.J.519 für Kaiser Justinian, „wie es Brauch ist", um „Sanctuaria" für dessen Basilika, die den Aposteln Petrus und Paulus geweiht war, in Konstantinopel: „Unde si beatitudini vestrae videtur, sanctuaria beatorum apostolorum Petri et Pauli secundum morem ei largiri praecipite, et si fieri potest, ad secundam cataractam ipsa sanctuaria deponere"; nach F. X. Kraus, Real-Encyklopädie der christlichen Altertümer 1 (Frei burg 1882) 326. 3^ Vgl.c. 9, 3: „. . . (Severinus) qui debito sanctorum Gervasii et Protasii martyrum reliquias honore suscipicns in basilica, quam in monasterio construxerat, collocavit officio sacerdotum (stell te er für den Dienst der Priester nieder). Ouo loco martyrum congregavit sanctuaria plurimorum." Hinsichtlich JohannesReliquien vgl.c. 23,2: „quas dei servus debita veneratione suscipiens basilicam sancti Johannis, sicut praedixerat, ultronea benedictione collata sacravit officio sacerdotum." 33 Vgl.c.2, 1: „in ecclesia per triduum congregati". 33 Vgl. 1. Elbogen. Der jüdische Gottesdienst in seiner Entwick lung (Nachdruck Hiidesheim 1962) 126. 3" Vgl. 39, 2: „Numquam ante solis occasum nisi certa solvit festivitate ieiunium. Quadragesimae vero temporibus una perhebdomadam refectione contentus . . ." 33 Zur Geschichte der Abendmesse vgl. Fr. Zimmermann, Die Abendmesse in Geschichte und Gegenwart (= Studien und Mitteilungen aus dem kirchengeschichtiichen Seminar in Wien 15, Wien 1914). 3® Inc.43, 8 ist ähnlich vom „sacramentum communionis" die Re de, das dem sterbenden Severin gereicht wird.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2