zen - im Jahre 431 der oberste Heeimeister Aetius blutig einen durch übermäßigen Steuerdruck her vorgerufenen Aufstand der norischen Provinzialen4® Ungleich bedeutsamer ist das ein Vierteljahr hundert jüngere, kunsthandwerkliche Zeugnis des reliefierten Marmordeckels zum Lorcher-MartyrerOssar der Basilika II (wie Anm. 9), der in Lauriacum entweder von einem wandernden Ravennaten oder von einem Einheimischen nach ravennatischer Vor lage gemeißelt wurdet® Wenn um 450 bis etwas spä ter, in den letzten Jahren des Westreiches, die Kunst archäologie unmittelbare Beziehungen zwischen Ravenna und Lauriacum nachzuweisen imstande ist, „um wieviel stärker müssen damals noch die poli tisch-administrativen Bindungen zwischen Kapitale und Restlimes-gewesen sein?"^^ Das geht auf Severin, den Mann der Basilika II, dessen strategisch-organisatorisches Wirken am „Restlimes" ohne die letzte Macht Ravennas im Rücken undenkbar wäre - jener Stadt, aus der uns auch mit dem Laurentius-Mosaik im sog. Mauso leum der Galla Placidia die erhabenste Repräsenta tion spätrömischen herrscherlichen Laurentius-Kul tes überkommen ist. (Am Mosaikfries des Martyrerzuges von S. Apollinare Nuovo in Ravenna kommt Laurentius hinter dem Titelheiligen Martin und zwei Päpsten an vierter Stelle, er ist der einzige, der eine goldene Tunika trägt und anstatt des Kranzes ein kaiserliches Diadem darbringt, sein Platz entspricht bezeichnenderweise dem der Lieblingsheiligen Roms, Agnes, vom gegenüberliegenden Martyrerinnenfries.) Severin war ein großer Reliquienverehrer, so empfängt er u. a. an der Donau Gebeine der Mailän der Stadtheiligen Gervasius und Protasius (Vita, c.9, 2. 3).3Z" Von Mailand hat er sie nicht, kann er sie nicht gut mehr haben, hingegen ist aus dem Vorstadt bezirk Ravennas, Caesarea, eine Memorialkirche zu Ehren des hl. Laurentius, mit der das Kloster der hll. Stephanus, Gervasius und Protasius verbunden war, überliefert.3® Von dort her kommen - selbstver ständlich nicht ohne Severin, der damit seine Ver bundenheit mit Ravenna offenbart - Gervasius und Protasius an die Donau, und ebenfalls (es ist die ein zige bekannte Laurentiu.s-Kirche Ravennas) der hl. Laurentius®®", was aber in der Vita Severini keinen Niederschlag findet.®®'' Nicht von ungefähr haften an Wirkungsorten des hl. Severin alte Laurentius-Patrozinien, so an der Pfarrkirche von Künzing (Quintanis) am rätischen Donaulimes, oder an der Friedhofskirche von Aschach (loviacum) am norisch-oberösterreichischen Donaulimes.®® Und möglicherweise schim mern auch noch durch das Gestrüpp der, auf Otto von Freising zurückgehenden und von den Humani sten des 15./16. Jahrhunderts tradierten, Verwechs lung Severins mit dem Bischof Severus von Raven na'*®, der 343 am Konzil von Serdica teilnimmt"*, die authentischen Beziehungen des Heiligen zur Haupt stadt durch. In den Hochaltar der, um die Mitte bis nach der Mitte des 5. Jahrhunderts entstandenen, Basilika II von Lauriacum kommen erstmals Laurentius-Reli quien, die zweite Bischofskirche der Stadt ist somit Laurentius-Kirche geworden. Die Gebeine stam men nicht direkt aus Rom, sondern aus Ravenna, der letzten großen Pflegestätte des Laurentius-Kultes im Westreich. Motor der Translation ist der auf Raven na fußende hl. Severin."® Der bisher zentrale und einzige Kult der Lorcher Märtyrer rückt — bei ehr furchtsvoller Kennzeichnung ihres nunmehrigen Grabes und dessen selbstverständlicher Einbezie hung ins neue Altarkonzept - an die zweite Stelle, die Basilika II erscheint jetzt durch das LaurentiusE. Kornemann, Geschichte der Spätantike, hrsg. von H.Bengtson (Beck'sche Schwarze Reihe. Bd. 175 [1978]) S. 138 f. Eckhart, Schlange (wie Anm.9) S. 171 Anm.81. 82. Eckhart, Schlange (wie Anm. 9) S. 172, Schluß. Von Bischof Ambrosius 386 aufgrund einer „Ahnung" geho ben. vgl. zum ganzen Komplex E. Dassmann, Ambrosius und die Märtyrer. JbAChr. 18 (1975) S. 49 ff. passim; der Vorgang: Gervasius-Protasius gilt als der Ursprung von Reliquienerhe bungen im Westen, vgl. H. v. Petrikovits, RAC, Lfg. 76 (1977) Sp. 583. 635, s. v. „Germania (Romana)". C. Anciresen, Einführung in die christliche Archäologie (1971) S. II5B; Deichmann 1 (wie Anm. 33) S.21 ff.; Deichmann II, 2 (wie Anm. 33) S. 336 ff. Schon der Dreierverein: Laurentius-Gervasius-Protasius an einem Ort in Ravenna. und dann wieder benachbart im severi nischen Ufernorikum, läßt auf gemeinsame Herkunft schlie ßen. Übrigens gibt es bereits aus der Vorgängerin Ravennas, Mailand, ambrosianische Hymnen u.a.auf Gervasius. Protasius und Laurentius, vgl. Dassmann (wie Anm. 37a) S. 61 Anm. 101. An Laurentius-Reliquien direkt aus Rom ist für die Zeit nicht mehr zu denken. 3®*' Wie auch nicht der ufernorische Protomartyrer Florianus (s. u. Anm. 48). Vgl. L. Eckhart, Das römische Donaukastell Schlügen in Ober österreich (Die Ausgrabungen 1957 - 1959). RLÖ 25 (1969) S. 70. Mit Aschach-loviacum das Paradebeispiel einer „Familia Laurentiana" topographisch eng verbunden: Aschach, Fried hofskirche - Laurentiuspatrozinium; Hartkirchen, Pfarrkirche — Stephanspatrozinium; Eferding, Pfarrkirche - Hippolytpatrozinium; vgl. E. K. Winter, Studien zum Severinsproblem (1959) S. 225 ff. passim. Das Strahlzentrum der Laurentius-Pa trozinien für die obere Donau ist Lauriacum. Vgl. P. Uiblein, Geschichte der Altertumsforschung in Öster reich vor Wolfgang Lazius (ungedr. phil. Diss. Wien 1950) S.6. 10. 12 f.. 14 f.: Winter (wie Anm. 39) S. 69, 266, 325 ff., 338. 368. Deichmann I (wie Anm. 33) S. 11. Über die guten Kontakte Severins zumindest zum Kreis des letzten weströmischen Kaisers. Romulus Augustulus, infor miert jetzt in Kürze Zinnhobler, Woher stammte der hl. Seve rin? (wie Anm. 28) S. 32 f.
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