OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

lUIIE iPiiii 14 Die Gefährten des hl. Florian im Kerker, die „Lorcher Märtyrer". Kupferstich aus Bertholdus Mellicensis, Sancta et heata Austria. Augsburg 1750. Aus: Willibrord Neumül ler: Sie gaben Zeugnis. Linz o.J. (1068). „Lorcher Märtyrer"." Sie sind die Heiligen der er sten Kirche am Platze, in allen folgenden feiert man ihr Gedächtnis, ihren Reliquien erweisen alle weite ren Kirchenheiligen - Laurentius mit Severin und Pilgrim-jeweils in besonderer Weise ihre Reverenz. Die erste Kirche war nicht der erste Sakralbau unter der Laurentius-Basilika, sie ist am zugrunde gegangenen heidnischen Stadtheiligtum von Lauriacum, einem mächtigen keltischen Umgangstempel, konzipiert, dessen Mauern bzw. Mauerfluchten und Estriche sie teilweise weiterübernimmt. Er entsteht zwischen etwa 175 bis spätestens 192 n.Chr.zusam men mit der Zivilsiedlung Lauriacum, die ihrerseits gleichzeitig mit der Anlage des Standlagers der Legio II Italica neu aufgemessen wird. Mit quadrati scher Cella, allseitigem Umgang und je zwei Annex räumen im Osten und Westen schon in Bauperiode 1 präfiguriert (Ost-West-Länge 34/35 m, Nord-SüdBreite 18/19 m), stellt er nach vier Wiederherstel lungsphasen nach Brandverwüstungen ca. 315/20 den Betrieb ein, um ein halbes Jahrhundert später auch als Bauwerk sui generis sein Ende zu finden. Errichtet wurde der Tempel für den Stammes gott der Kelten von Lauriacum, einen Mars einhei mischer Prägung, dessen Epitheton wir wahrschein lich jetzt nennen können. P. Wiesinger^ bemerkt zum Ortsnamen Lorch: „Lorch, antik als Lauriacum überliefert, ist ein typischer keltischer Insassenname auf -akom (lat.-acum) zum Familiennamen Laurios, also ,bei den Leuten des Laurios', und wird,. . . ein gedeutscht, 791 erstmals als Lorahha erwähnt". Nachdem es aber nur schwer vorstellbar ist, daß der Name eines keltischen Sippen- oder Stammeshäupt lings eponym für die Hauptsiedlung werden konnte, und überdies zur Primärfunktion eines „Keltischen Mars" als Stammesgott die des beschützenden Stam mesahns, Stammesurvaters (Teutates) gehört, möchte ich die Übersetzung „Lauriacum" auf „bei den Leuten des Mars Teutates Laurios" erweitern. In der zweiten Bauperiode (Caracalla, 211/17 bis Gallien-Aurelian, 260/75) wird der Tempel unter voller Beibehaltung seiner architektonischen Eigen ständigkeit zum kapitolinischen Jupitertempel von Lauriacum und bleibt es fernerhin. Äußerer Anlaß für diesen Wechsel der Bezugsperson der Gottesver ehrung ist die Stadtrechtsverleihung an die Zivilsied lung Lauriacum durch Caracalla. Mit Bauperiode 4 (unter Probus, 276/82 bis knapp nachher) beginnt der Niedergang des Tem- ^ Wegweisend W. Neumüller, Sie gaben Zeugnis. Lorch - Stätte des heiligen Florian und seiner Gefährten (1968) u.ders.. Die Lorcher Märtyrer.Mitt.OÖ. Landesarchiv 11 (1974) S.3 ff; fer ner ders.. Der heilige Florian und seine „Passio". Mitt. OÖ. Landesarchiv 10 (1971) S. 10, 20, 24; Barton (wie Anm. 1) S.49. 52 ff; F. Lütter, Severinus von Noricum. Legende und histori sche Wirklichkeit (1976) S. 169 f; B. Ulm, Patrozinien in Spät antike und Agilolfingerzeit. Ausstellungskatalog „Baiernzeit in Oberösterreich" (Linz 1977) S. 194 f; O. Winkler. Bischof Pater Timotheos Alois Stumpfl (ungedr. Diplomarbeit aus Kirchen geschichte, Kath.-Theol. Flochschule Linz 1979) S. 81 ff. 142. Das zuerst angeführte Büchlein Neumüllers - angesichts der anspruchsvollen Zielsetzung, komplizierte Sachverhalte allge meinverständlich aufzuzeigen und zu verknüpfen, ein kleines, mit unerheblichen äußeren Mängeln behaftetes Meisterwerk! - erfuhr einige Rezensionen (vollständig genannt Pro Austria Romana 19 [1969] Fl. 7/8, S.21), deren lapidare Kürze und In haltsleere nur eine weitgehende Verständnislosigkeit hinsicht lich des Wertes der Arbeit dartut. Auch die (relativ) ausführ lichste Besprechung durch K. Holter. JbOÖMV 113 I (1968) S. 292 ff. macht da keine Ausnahme, abgesehen von einer deut lich spürbaren Animosität gegenüber schon damals unanfecht baren Flauptergebnissen der Lorcher Kirchengrabungen 1960/ 66, bleibt dem Rez. die bleibende Leistung Neumüllers fremd - auf hagiographischer bzw. hagiologischer Basis über den Weg der minutiösen Dokumentation eines Reliquienfundes der ar chäologischen Empirie erstmals das Tor zu Enderkenntnissen aufgestoßen zu haben. ^ Die Besiedlung Oberösterreichs im Lichte der Ortsnamen, in; K. Holter (Hrsg.), Baiern und Slawen in Oberösterreich (Linz 1980) S. 153.

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