ist Allerdings scheint eine gewisse Vorsicht gebo ten hinsichtlich weitreichender Folgerungen, wenn in den aufgedeckten Kirchen vielfach Kathedren im Scheitelpunkt der Priesterbänke begegnend Lei der wissen wir über die Feier der Liturgie in dieser Region zu wenig, um das Raumprogramm der je weiligen Basiliken eindeutig zu bestimmen; doch mag hier ein Vergleich der kirchlichen Architektur, und zwar über Noricum und Rätien hinaus, unter Umständen noch Zusammenhänge aufdeckend Fraglos fällt Licht auf die Aussagen der Vita Severini auch von Seiten der Kleinfunded^o Dabei sind von einem gewissen Interesse Dokumente der Reli quienverehrung, von der auch Eugipp berichtetd^^ Am eindrucksvollsten läßt sich diese Frömmigkeits übung in der Laurentiuskirche zu Lorch verfolgen, und zwar auch in ihrer baugeschichtlichen Tragwei te. Flöchst bemerkenswert ist aber auch die Aufdekkung eines Reliquiengrabes in Sankt Severin, Passau-Innstadt^^2^ da Eugipp von der beabsichtigten Herbeischaffung von Reliquien für die Basilika von Boiotro spricht.^Die Annahme, Severins Leich nam sei in dem bei Sankt Jakob, Heiligenstadt, auf gedeckten leeren Grab bis zu seiner Überführung nach Italien beigesetzt gewesen, hängt von der erör terten, aber umstrittenen Lokalisierung ab. Jeden falls spricht der allgemeine Befund in einigen freige legten Kirchen dafür, daß die Reliquienverehrung im Frömmigkeitsleben der Christen dieser Zeit ihren Platz hatte und damit auch Randprovinzen von den Strömungen der christlichen Zentralen, z. B. Mai land, erfaßt wurden. Ohne Zweifel werfen auch Einbauten und Klein funde christlicher Provenienz ein bezeichnendes Licht auf die kirchlichen Verhältnisse der SeverinsZeit. 4. Folgerungen Die Zusammenschau von literarischen Nachrich ten, insbesondere der Vita Severini, und archäologi schen Ergebnissen vermag zwar kaum die Konturen der Gestalt Severins zu schärfen, wohl aber seine Wirksamkeit in die geographischen, politischen und kirchlichen Verhältnisse der ausgehenden Antike im Alpen-Donau-Raum einzuordnen. In vieler Hin sicht, vor allem was die Kirchenbauten betrifft, hat die Archäologie bereits einen umfassenderen Rah men aufgewiesen, als ihn Eugipp liefert, so daß ange sichts der Entdeckungen geradezu Schwierigkeiten in der Lokalisierung auftauchen. Dieser Umstand weist jedenfalls auf eine breite Christianisierung des Volkes hin, und teilweise auf die Ablösung antiker Kultstätten durch das Christentum, wenngleich der heidnische Opferdienst nicht erledigt war.^^"* Ande rerseits läßt sich deshalb nicht ohne weiteres eine un mittelbare Beziehung zwischen Severin und einer bestimmten Kirche herstellen. Auf jeden Fall bietet die Archäologie trotz unge klärter Fragen im einzelnen einen historischen Hin tergrund, vor dem die Vita Severini nicht mehr als le gendarisches Machwerk der Hagiographie erscheint, sondern eben als eine Vita mit den ihr durchaus eige nen Stilgesetzen, aber eingefügt in den Raster kon kreter Gegebenheiten. Man mag diese Konvergenz literarischer Aussagen und archäologischer Denk mäler als Bestätigung oder Illustration bezeichnen, der historische Aussagewert der Vita Severini hat mit dem Fortgang der Bodenfunde in den letzten Jahrzehnten fraglos gewonnen. Mit gebotener Vorsicht ist es darum gerechtfer tigt, auch Nachrichten Eugipps über politische und kirchliche Zustände im Alpen-Donau-Raum ernst zu nehmen, so sehr sie gelegentlich differieren ge genüber Erkenntnissen der allgemeinen For schung.^^® Allein die beachtliche Größe der freige legten Basiliken rechtfertigt die Annahme, daß die '0^ Eine Ableitung der freistehenden Priesterbank ..vorn Bema im Triklion des Herrscherpalastes" versuchte E. Dyggve, (Jberdie freistehende Klerusbank. Beiträge zur Geschichte des Bema, in: Beitr.z.älteren europäischen Kulturgeschichte. Festschr. R. Egger 1 (Klagenfurt 1952) 41 — 52. In Zusammenhang mit der Agapenfeier bringt die Priesterbank K. Gamber, Domus ecclesiae. Die ältesten Kirchenbauten Aquilejas sowie im Alpenund Donaugebiet bis zum Beginn des 5. Jh. liturgiegeschicht lich untersucht (Regensburg 1968) 63 ff, während C.Andresen in dieser Bauform einen Hinweis auf die Presbyterialverfassung erblickt: Die Kirchen der alten Christenheit (Stuttgart - Berlin - Köln - Mainz 1971) 85 f. '08 Die Aufdeckung einer frühchristlichen Kirche mit Priester bank und Kathedra bei Sankt Andreas in Lienz demonstriert beispielsweise für das Stadtgebiet von Aguntum die Häufig keit dieses Baudetails, das wohl nicht immer mit einer „Bi schofskirche" in Zusammenhang stehen muß, zumal in diesem Bereich die „Bischofskirche" auf dem Lavanter Hügel zur Verfügung stand. Vgl.h.Plank, Die Pfarrkirche St. Andreas in Lienz. Untersuchungen zur Baugeschichte, in: Bericht über den elften österr. Historikertag in Innsbruck 1971. Veröffentl. d. Verb, österr. Geschichtsvereine 19 (1972) 40 - 44. Siehe ferner E. Stommel, Die bischöfliche Kathedra im christlichen Altertum, in: Münchener Theol. Ztschr. 3 (1952) 17 — 32; O. Nußbaum, Der Standort des Liturgen am christlichen Altar vor dem Jahre 1000. Eine archäologische und liturgiege schichtliche Untersuchung, 2 Bde.Theophaneia 18,2.2 (Bonn 1965). '08 Siehe zuletzt Th.f//ber/, Die religiöse Architektur im östlichen Illyricum, in: eaahnika 26 (1980) 19 - 30. "0 Vgl.R.Ao//, Neuere Funde und Forschungen zum frühen Chri stentum in Österreich, in: Mitt. d. Österr. Arbeitsgem. f. Urund Frühgeschichte 25,2, Teil 1974-75, 195 ff. '" VS9,3 (Vo//72); 22,1 (Noll86)-23,2 (Noll88). "8 V\/.Sage, Ausgrabungen in der Severinskirche 38 f. "8 VS 22,1 (Noll 86). " "8 VS 11,2 (NolllA). "8 Vgl. etwa F. Lotter, Severinus 261 ff.
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