ten sei hinsichtlich endgültiger Aussagen.®^ Eine vorschnelle Harmonisierung der archäologischen Funde mit den Hinweisen der Vita Severini ist des halb ebenso unangebracht wie eine übertriebene Skepsis, zumal das Netz der „christlichen" Baudenk mäler schon enger ist als die Angaben Eugipps über den Bestand von Kirchen im Alpen-Donau-Raum, ein Befund, der zwangsläufig zu Differenzen in Lo kalisierungsfragen führte. Mit dem Bau der Basili ken bleibt natürlich die Frage nach ihrer Funktion offen, ob sie etwa der Gemeinde, einer Mönchsgrup pe oder dem Gedächtnis von Heiligen bzw. Märty rern diente. Nichts sagen uns die Befunde über das Bekenntnis der Gläubigen oder die Finanzierung der Bauten, die beispielsweise im Falle der Laurentius basilika in Lorch erhebliche Mittel erforderte. Inso fern ist auch dem Aussagewert der Architektur eine Grenze gesetzt. Während die literarischen Zeugnisse über das Christentum in den römischen Donauprovinzen kaum mehr Neuigkeiten bieten, sondern höchstens durch Interpretationen oder Identifikationen neu ins historische Bewußtsein gehoben werden, gelang es der Archäologie seit dem letzten Weltkrieg in er staunlichem Maße, das Bild des Christentums zu ver vollständigen bzw. überkommene Vorstellungen zu revidieren. Romuald Bauerreiß beklagte noch 1958 die Spärlichkeit der „Boden- und Baudenkmäler je ner frühen Zeit"®®, während Ernst Kirsten schon auf die Bereicherung unserer Kenntnis durch die Ar chäologie aufmerksam machte: „Immer mehr bestä tigt sich durch die Grabungen die aus der Vita Seve rini (beachte Eugipp 1,2.4; 11,2; 15,1; 22,1 u.ö.) her zuleitende Annahme, daß in der zweiten Hälfte des 5. Jh. in den D. (onauprovinzen), soweit sie noch unter römischer Herrschaft standen, selbst an klei neren Orten, Kirchen vorhanden waren".®® Diese Annahme hat sich in den beiden letzten Jahrzehn ten erstaunlich verdichtet, und zwar so sehr, daß der Informationswert der Baudenkmäler kaum geringer zu veranschlagen ist als jener der literarischen Nach richten. Insofern hat auch der Kenntnisstand über das Christentum in den Donauprovinzen aufgeholt gegenüber der Region an Rhein und Mosel, deren städtische Siedlungsstruktur sich offensichtlich auch auf den Bestand christlicher Gemeinden positiv aus wirkte. Angesichts des Zuwachses an Funden im Wiener Raum bereitet schon die Lokalisierung des Zen trums severinischer Tätigkeit, nämlich Favianis, Schwierigkeiten. Die herkömmliche Gleichsetzung mit Mautern ist nicht ohne Widerspruch geblieben.^® Immerhin hat man hier im Jahre 1958 die Grundrisse einer Basilika mit Apsis und Priesterbank entdeckt, und zwar außerhalb des Kastells.Es liegt nahe, die ses Kirchengebäude in Zusammenhang mit der An gabe Eugipps zu bringen, daß dort eine Klosterkir che (basilica monasterii) bestand^^^ deren Lage „iuxta muros"^® dem archäologischen Befund ent sprechen könnte. Der nördlich anschließende Bau etwa gleichen Ausmaßes ließe sich ebenfalls als Teil einer Klosteranlage deuten, wenngleich Zurückhal tung am Platze ist bezüglich seiner Funktion.^'* Der Deutung als monasterium widerspricht die Ausstat tung der Räume mit einer Unterbodenheizung nicht unbedingt; die einfache Schlafstätte des Heiligen auf einer härenen Decke in einem eigenen Oratorium^® und sein Verzicht auf Schuhwerk selbst im Winter^® könnte durchaus als asketischer Kontrast zur Aus stattung der Zellen der Mönche verstanden werden. Jedenfalls bietet der Ausgrabungsbefund von Mau tern hinreichende Gründe, hier das Mutterkloster Severins zu lokalisieren. Andererseits kann man die Ausgrabungsfunde des Jahres 1952 in Wien-Heiligenstadt in diesem ZuTh. Ulbert, Zur Siedlungskontinuität im südöstlichen Alpen raum (vom 2.bis 6. Jahrhundert n.Chr.). Dargestellt am Bei spiel von Vranje (ehem. Untersteiermark), in: J. Werrter- E. Ewig (Hrsg.). Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Ak tuelle Probleme in historischer und archäologischer Sicht. Vorträge u. Forschungen XXV. Hrsg. v. Konstanzer Arbeits kreis für mittelalterliche Geschichte (Sigmaringen 1979) 1411.S7. R. Bauerreiß, Kirchengeschichte Bayerns I (St.Ottilien ^1958) 27. A. Lippold - E. Kirsten, Art. Donauprovinzen, in: RAG IV (Stuttgart 1959) 147 - 189, 177. Vgl. PAR 30 (1980) 25. i. Haberl resümiert: „Die von Eugippius festgehaltenen, geographischen und geophysischen Merkmale für die Lage von Favianis, als am südlichen Donau ufer und zwar dort, wo dieser Fluß sowohl Danubius als auch Hister genannt wurde, und an der norisch-pannonischen Grenze ,certum et ultra milibus' von Passau flußabwärts gele gen, erwiesen sich, im Verein mit aus der Notitia Dignitatum und anderen Quellen gewonnenen Erkenntnissen als richtig. Sie weisen auf das Wiener Becken, nicht aber an den Ausgang der Wachau bei Mautern a.d. Donau, das nur mit dem Aelium Cetium des Itinerars identisch sein kann" (Favianis 218). Siehe H. Stiglitz - H. Thaller, Grabungen in Mautem a, d. Do nau 1957 - 1959) 147 - 189, 177. "VS 10,1 (Nollll). " VS 22,4 (Noll 88). " Die Vermutung, es handle sich um einen Raum für die Aga penfeier (vgl. H. Vetters, Zum Christentum in den Donaulän dern, in: Die Römer an der Donau, Noricum und Pannonien (Wien 1973) 105 - 109, 107, kann angesichts der Dürftigkeit der Nachrichten über diese Praxis eben nur als solche gelten. VS 39,2: „stratus eius unum erat in oratorii pavimento cilicium" (Noll 104). '6 VS 4,10 (NollM).
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