OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

zwanzigsten Meilenstein von der Stadt weg", näm lich Lauriacum32, während das oppidum loviaco „viginti et amplius a Batavis milibus" entfernt liegt.^3 Diesen Entfernungsangaben anhand der Meilen steine, mit denen die römischen Hauptstraßen zeit lich eingeordnet und vermessen waren, eignet zu nächst ein Zug zur Präzision. Aber schon die Knapp heit der Hinweise warnt uns vor übertriebenem Ver trauen, zumal auch die Angaben des Itinerarium Antoninianum nicht immer weiterhelfen. Der Verfasser wollte damit wohl eher eine Dislozierung seiner Ereignisberiehte vornehmen, um so vor dem Hinter grund der geographischen Gegebenheiten eine grö ßere Anschaulichkeit zu erreichen. Nun wurden ge wiß schon zahlreiche Meilensteine an den Straßen zügen der Donauprovinzen ans Licht gefördert^"; trotzdem bereitet es Schwierigkeiten, aufgrund sol cher Funde die eugippischen Angaben zu verifizie ren, ganz abgesehen davon, daß eine solche archäo logische Überprüfung nicht der Aussagetendenz der Vita Severini entspricht. /. 3. Im Rahmen der Topographie ist schließlich die Erwähnung mehrerer Städte im Werk Eugipps aufschlußreich, da hierdurch über die weitläufige Tätigkeit Severins hinaus ein Licht auf die spätantike Siedlungssituation im Alpen-Donau-Raum fällt. Von vornherein muß freilich betont werden, daß die Nennung von Orten im Interesse der Vita erfolgt, nicht jedoch in der Absicht, Auskunft über das Sied lungswesen zu geben. Dem entspricht der Umstand, daß weithin stereotyp am Beginn von Ereignisbe richten der betreffende Ort genannt wird, wobei ab gesehen von den ersten Plätzen^s die Ordnung äu ßerst sprunghaft erscheint. Im übrigen erlaubt die Terminologie (locus, castellum. oppidum, urbs) kaum, weitreichende Schlüsse zu ziehen.Auf die geographische Situation nimmt jedoch die Rede von den „übrigen oberen Kastellen" Rücksicht, wobei offensichtlich Orte donauaufwärts gemeint sind^^, neben Künzing vielleicht Steinbrücken und Straubing (Sorviodurum). Schon dieser Hinweis zeigt, daß die Vita Severini nur zum Teil Auskunft über die Städte Noricums und Rätiens geben will.38 Als west lichster Ort begegnet uns in Rätien Ouintanis (Kün zing), das der Verfasser als municipium kennzeich net, dann als Kastell und schließlich als oppidum. Die Ausgrabungen der letzten Jahre haben die Ent wicklung von Quintanis erhellf*", und sogar die Be merkung von den Mauern bestätigP'^, die den beiden Bauperioden entspricht. In Batavis (Passau) ergaben archäologische Untersuchungen ebenfalls die Rich tigkeit der knappen Bemerkungen über die Ortslage am Zusammenfluß von Donau und Inn.''^ Die Freile gung des Kastells Boiotro (Innstadt) am rechten Ufer des Inn'*3 und damit bereits in Noricum gelegen. verrät geradezu eine detaillierte Ortskenntnis des Verfassers der Vita Severini. Während die Lokalisie rung der an der Salzach gelegenen Städte Jovao (Salzburg)"'' und Cucullis (Kuchl)"® keine Schwierig keiten bereitet, ist die Identifizierung des „mehr als zwanzig Meilen von Batavis entfernten" loviaco"® schon umstritten; die geläufige Gleichsetzung mit Schlögen"^ unterliegt doch beachtlichen Vorbehal ten."® Mehrmals genannt ist in der Vita Severini Lauriacum"®, das wieder unterschiedliche Bezeichnun gen aufweist, wobei insbesondere die hur einmal vorkommende Kennzeichnung als „urbs" zu weitrei chenden Schlüssen Anlaß gibt.®® Nach Auskunft der Vita Severini bot sich Lauriacum als Zufluchtstätte für die geflohene Bevölkerung der oberen Donauka stelle an; von einer militärischen Bedeutung der Stadt ist nicht mehr die Rede. „Das Lager, das keine Besatzung mehr hatte, diente als Fluchtburg für die 32 VS 31,2 (Noll 98). 33 VS 24,1 (NollSH). 3'' Vgl. H. Deringer, Die römischen Meilensteine der Provinz No ricum, in: Beitr.z.älteren europ.Kulturgeschichte. Festschr.R. Egger 11 (Klagenfurt 1953) 286-314; G. Winkler, Die Meilen steine von Noricum: Itinera Romana 4 (Bern 1976). 35 Vgl.VS 1,1: Asturis (Noll 58), WS 1,3: Comagenis (Vo/ZSS); VS 3,1: Favianis (Noll 60) usw. 35 R, Noll meint, daß den Ausdrücken kein ..verwaltungstech nisch exakter Bedeutungsinhalt mehr zukommt" (Noll 138). 32 VS 22,2: „cetera superiora castella" (Noll 86); vgl. VS 28,1: „oppidorum in superiore parte Danuvii" (Noll 92); VS 30,1: „superiorum . . . castellorum" (Noll 96). 38 Vgl. H. Thaller, Die Städte der Vita S. Severini im Donauraum, in: Beitr.z.älteren europ.Kulturgeschichte. Festschr.R.Egger 11 (Klagenfurt 1953) 315-321; ferner E. Polaschek, Noricum in Ptolemaios' Geographie (Teü)Ypa<pi,Kfi EuvfjYnctq), in: Beitr. z. älteren europ. Geschichte. Festschr. R. Egger II (Kla genfurt 1953) 247 - 256. 38 VS 15,1 (Noll 78); 16,1 (Noll 80); 27,1 (Noll 92); 24,2 (Noll 88) ist nur der Name Quintanis erwähnt. ^8 Vgl. H. Schönberger, Kastell Künzing - Quintana: Limesfor schungen 13 (1975); H.-}. Kellner, Die Römer in Bayern 65 f. VS 15,1: „ecclesiam etiam loci eins mansores extra muros ex lignis habuere constructam" (Noll 78). 32 VS 19,1 (Noll 84). 33 Vgl. R. Christlein, Das spätrömische Kastell Boiotro zu PassauInnstadt: Neue Veröffentl. d. Inst. f. ostbairische Fleimatforschung d. Univ. Passau 40 (Passau 1979). 33 VS 13,1 (Noin6). Siehe N.Heger, Salzburg in römischer Zeit: Salzburger Museum Caroline Augusteum (Salzburg 1974). 35 VS 11,2 (Nolll4). 36 VS 24,1 (Noll 88). 32 So R. Noll, Römische Siedlungen 38f: 43f. 38 L. Eckhart, Das römische Donaukastell Schlögen in Qberösterreich (Die Ausgrabungen 1957 - 1959), in: Der römische Limes in Österreich 25 (Wien - Köln - Graz 1969), 68: „Gera de aber die geringe Fassungskraft des Kastells ist es, die ent schieden gegen die Gleichung: Schlögen - loviacum spricht". 38 VS 30,1 (Noll 96); vgl. dazu die Erläuterungen ebd. 138. 50 VS 30,4 (Noll 96).

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