OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

meinschaft und die Entschlossenheit, die gesellschaftliche Le bensbasis zu humanisieren, besser und menschlicher zu gestal ten." Es dürfte nicht schlecht stehen um die Chancen eines solchen Heimatbegriffs, in unserer Zeit überdauern zu können, wenn Menschen, denen es nicht um eine — im Doppelsinn „nostalgi sche" — Mumifizierung einer nicht mehr lebensfähigen, anachro nistischen Worthülse geht, sondern um deren Wiederbelebung, um deren Ausstattung mit lebendiger, blutvoller Wärme, von si cher ganz unterschiedlichen Warten aus zu einer im Wesenskern so übereinstimmenden Schau finden können. Gerhard Baumann Alfred Hoffmann: Studien und Essays. Ausgewählt und her ausgegeben von Alois Mosser. - Band 1: Staat und Wirtschaft im Wandel der Zeit. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1979. 371 Seiten. Ln.S 396.-. ISBN 3-7028-0144-8. - Band 2: Öster reich und das Land ob der Enn.s. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1981. 293 Seiten. Ln.S 396.-. ISBN 3-7028-0145-6. Kollegen und Schüler seiner Lehrkanzel für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der philosophischen Fakultät der Universität Wien erweisen dem angesehenen Historiker und Hochschullehrer Dr. Alfred Hoffmann mit diesen beiden Sammelbänden ihre Re verenz. Wien hat somit eine Ehrung vollzogen, der Linz bald nachfolgen sollte. Der II. April 1984-auf diesen Termin fällt Alfred Hoffmanns 80. Geburtstag - wäre deshalb schon jetzt vorzumerken, damit auch die engere Heimat eine Persönlichkeit ehrt, die Oberöster reich stets mit einer schmerzlichen Liebe zugetan war und die wis senschaftlich für dieses Land sehr viel geleistet hat. Alfred Hoffmann ist gebürtiger Linzer, genauer gesagt Urfahraner. Im historischen Gefüge der oberösterreichischen Landes hauptstadt spielt diese Unterscheidung heute noch eine Rolle. Den Eindrücken seiner Kinderstube in einer pflicht- und standes bewußten Beamtenfamilie ist er bis heute treu geblieben. 1923 bis 1928 studierte er an der Universität Wien. Entscheidenden Ein fluß gewann dabei seine Studienarbeit am jüngst gegründeten „Seminar für Wirtschafts- und Kulturgeschichte" und am altehrwürdigcn Institut für österreichische Geschichtsforschung. Dis sertation und Institutsarbeit las.sen bereits deutlich seine landes kundliche Orientierung erkennen. Am 7.November 1927 trat Alfred Hoffmann in den Dienst des oberösterreichischen Landesarchivs ein. Er entschied sich für die engere Heimat, obwohl eine Anstellung im Haus-, Hof- und Staatsarchiv möglich gewesen wäre. Mit Wirkung vom I.Jänner 1956 wurde er zum Direktor des oö. Landesarchivs bestellt. In diese Zeit des entsagungsvollen Archivdienstes fallen einige für die oberösterreichische Landesgeschichtsforschung wichtige Neuerungen, so 1946 die Gründung der Wirtschaftswissenschaft lichen Gesellschaft für Oberösterreich, die Anregung zur Begrün dung eines Landesamtes für Statistik, sowie der 1956 erwirkte Be schluß der oö. Landesregierung für den Neubau eines Archivge bäudes. Dieser Zeit gehören auch grundlegende Werke zur Lan desgeschichte an: Die oberösterreichischen Städte und Märkte (1932) - Das Wappen des Landes Oberösterreich als Sinnbild sei ner staatsrechtlichen Entwicklungsgeschichte (1947) - Wirt schaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, Bd. 1 (1952) - Bauernland Oberösterreich (als Herausgeber, I974-). Noch als Landesarchivar habilitierte sich Alfred Hoffmann 1951, im Jahr 1957 erfolgte seine Ernennung zum korrespondie renden Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1961 seine Berufung zum Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Der Abschied von Linz, die Übersiedlung in einen neuen Wir kungskreis, fielen ihm nicht leicht. Es entsprach jedoch seiner Ge wissenhaftigkeit und seinem Temperament, daß er sich mit voller Tatkraft in den Aufgabenbereich eines Universitätslehrers ein lebte. Im Vorwort des I. Bandes seiner „Studien und Essays" in formiert der Herausgeber Alois Mosser über die Leistungen Hoff manns, die er an der Universität vollbrachte, wie er stets bemüht war, neue Wege zu beschreiten, die Zusammenarbeit mit Studen ten, Kollegen und anderen Instituten fachlich und menschlich zu vertiefen. Das von Friederike Goldmann in Band 2 dieses Sam melwerkes zusammengestellte „Werkverzeichnis Alfred Hoff mann" gibt Zeugnis von einer intensiven Forschungs- und Publi kationstätigkeit in den Jahren 1927 bis 1978. Alois Mosser schreibt in seinem Vorwort von der „bereits früh erkennbaren Bipolarität der Interessenslage Alfred Hoffmanns an geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlich-techni schen Disziplinen". Unruhe des Geistes ist bis heute sein Signum. So bestand auch sein ganzes Leben in ihm ein gewisser Zwiespalt zwischen Wien und Linz, Hochschule und Archiv. Er war bemüht, beiden Polen zu dienen und er geriet dadurch oft in einen Wider streit der freiwillig übernommenen Pflichten. Für seine wissen schaftliche Tätigkeit war diese wache geistige Regsamkeit stets vorteilhaft. Als Universitätslehrer verfolgte er - so Alois Mosser - vor al lem drei Zielvorstellungen: Erkenntnis der „Wurzeln und Trieb kräfte der staatlichen Entwicklung Österreich-Ungarns" - Stär kere Betonung der Sozialgeschichte - Koordination der Wirt schafts- und Sozialgeschichte mit den allgemeinen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Sehr am Herzen lag ihm auch immer ein harmonischer Kontakt zur studentischen Jugend. Als Landesarchivar bemühte er sich um die Fortsetzung der von Ignaz Zibermayr begründeten Tradition einer Nobilierung der Landesgeschichte. In Verfolgung dieser Zielsetzungen geriet Alfred Hoffmann oft in Konfliktsituationen. Er war nie bereit, sich einem Vormachtsanspruch der Bürokratie zu beugen. Die beiden vorliegenden Bände vermitteln in ihrer sorgfälti gen „Werkauswahl" gewissermaßen einen Querschnitt durch das Lebenswerk Alfred Hoffmanns. Band 1 umfaßt wesentliche „Ar beiten zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Österreichs (respek tive Oberösterreichs)". Band 2 bringt Arbeiten aus der „Zeit sei nes Wirkens am oberösterreichischen Landesarchiv". Es ist räumlich und auch sachlich nicht möglich, auf die Ab handlungen kritisch einzugehen. Eine Aufzählung der Titel muß genügen: Band 1: Neue Aufgaben der Wirtschafts- und Sozialge schichte in Österreich —Alfons Dopsch und die Wiener Schule der Wirtschafts- und Sozialgeschichte — Zwischen Planung und Wirk lichkeit. Zur Problematik wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Lehre und Forschung- Staat und Wirtschaft im Wandel der Zeit - Die Donau und Österreich - Die geschichtlichen Grundlagen der österreichischen Wirtschafts- und Sozialstruktur-Die wirtschaft lichen Verhältnisse zur Zeit Rudolfs IV. - Die Wirtschaft im Zeit alter Friedrichs III. - Österreichs Wirtschaft im Zeitalter des Ab solutismus — Österreichs Wirtschaft im Zeitalter der Aufklärung - Das Kaisertum Österreich als Agrarstaat im Zeitalter des Neoabsolutismus (1849— 1867) - Die Grundherrschaft als Unterneh men - Die Agrarisierung der Industriebauern in Österreich - Städtische Bürgerfreiheit als Ursprung staatsbürgerlicher Grund rechte — Bürokratie insbesondere in Österreich. Band 2: Österreich und das Land ob der Enns - Zur Proble matik der Landesgeschichte — Bedeutung der Staatssymbolik für Staatsrecht, Geschichtsauffassung und Politik - Das Landeswap pen und Privilegienrechte in Österreich ob der Enns - Zur Ge schichte der schaunbergischen Reichslehen - Leitlinien einer Wirtschaftsgeschichte öberösterreichs - Die Salzmaut zu Sarmingstein in den Jahren 1480 und 1487-Thomas Seeauer und der Wasserweg von Hallstatt nach Prag - Die Weinfuhren auf der österreichischen Donau in den Jahren 1480 bis 1487 - Das Linzer Stadtsiegel und die Linzer Urkunde - Linzer Bürgerreichtum im 17. Jahrhundert - Werkverzeichnis Alfred Hoffmann . . .

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