OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Der Liedaufzeichner Ferdinand Schaller Von Rudolf Foch1er Die vor rund hundert Jahren erfolgte Herausga be des zweibändigen Sammelwerkes „Weihnachts lieder und Krippenspiele" (Band I 1881, Band II 1884) durch den Florianer Wilhelm Pailler hatte nicht nur auf den überaus reichen Schatz solchen Liedgutes in oberösterreichischen Landschaften auf merksam gemacht, sondern auch das Interesse zum Sammeln wachgerufen. In der Zeitschrift „Heimat gaue" wurden seit 1920 immer wieder Sammel- und Forschungsergebnisse publiziert: Eduard Kriech baum für Braunau, Georg Grüll für Gaflenz, Fried rich Morton für den „Hallstätter Bezirk". Hans Commenda entdeckt handschriftliche Aufzeichnun gen im Ennstal, Salzkammergut und im Mühlviertel und Alfred Webinger untersucht und ordnet eine Sammlung von 150 „Weihnachtsliedern aus Ober österreich". Aus: Hirtenlieder zur Zeil der Gehurt Jesu Christi (OO. Volksliedwerk). Unter den Sammlungen wird mit Recht immer wieder auf die „Hirtenlieder zur Zeit der Geburt Je su Christi" hingewiesen, die „im Tonsatze nach den Aufzeichnungen des Lehrers Ferdinand Schaller, Ebensee" im Verlag von Johann Habacher in Gmunden Ende 1920 oder Anfang 1921 gedruckt worden waren. Das schmale, schlicht gehaltene Büchlein ist leider ohne Jahresangabe herausgegeben worden und verzichtet auch sonst auf Angaben über Ge währsleute, Quellen, ja sogar über seinen Bearbeiter Ferdinand Schaller. Eher noch ist wohl das Jahr 1921 als Erscheinungsjahr anzunehmen, was aus dem Ver merk des Gestalters des Buchumschlags schließen läßt, der neben seinen Namen Reisenbichler die Zahl 21 setzte. Es ist anzunehmen, daß Schaller sein Lieder büchlein gar nicht einmal mehr zu Gesicht bekom men hatte, denn bereits in den ersten Wochen dieses Jahres fiel er einem Bergunfall zum Opfer. Schallers „Hirtenlieder aus Ebensee", die inzwi schen einige unveränderte Neuauflagen erfuhren und 1976 durch einen zweiten Band ergänzt wurden,, erfreuen sich im Salzkammergut einer regen Benüt zung. Der erwähnte zweite Band geht allerdings nicht auf Schallers, sondern auf die bereits 1860 an gelegte Sammlung eines Josef Moser zurück, die dann von seinem Großneffen Johann Brandner bis 1940 fortgeführt und bereichert worden war. Trotz der zumindest regionalen Bedeutung der Schaller'- schen Sammlung sind Daten über den Sammler nur sehr schwer in Erfahrung zu bringen. Als Ferdinand Schaller am 14. Feber 1921 im Dachsteingebiet tödlich verunglückte, war er knapp 46 Jahre alt. Am 13. September 1875 wurde er als Sohn des Volksschuldirektors Lukas Schaller in Traunkirchen geboren. Die Familie übersiedelte aber bald darauf nach Ebensee, woher die Mutter Ferdinands — Schwester des damaligen Ebenseer Arztes Gallasch - stammte. Ferdinands älterer Bru der studierte Medizin und übernahm später die Arzt praxis seines Onkels; der jüngere Bruder, Lukas Sehaller, wurde Mittelschullehrer und wirkte an ei nem Wiener Gymnasium. Von Ferdinand Schaller ist bekannt, daß er die Lehrerbildungsanstalt absol vierte und zuletzt an der Volksschule Roith, einem Ebenseer Ortsteil, angestellt war. Seine Liebe galt der Musik; als guter Violinspieler wirkte er in Ischler und Gmundener Orchesterkonzerten mit und war

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2