Er läßt sich nicht nur die Geschichte des Hauses er zählen - und Bauern sind für gewöhnlich gute Erzäh ler sondern er geht auch auf Besonderheiten ein. ganz abgesehen davon, daß sich auch stets nur ein bestimmter Platz für das Sgraffito eignet. Wie ist Friedrich Thiemann zu seinen Sgraffiti gekommen? Die Wege der Künstler, um zu dem von ihnen er wünschten, ja erträumten Ziel zu gelangen, dauern oft lange an. Der Laie stellt sich das meist zu einfach vor. Darum sei einmal auf solche Durststrecken, denn anders kann man sie nicht nennen, eingegan gen. Um es an den Anfang der Biografie Thiemanns zu stellen; er ist 1917 in Karlsbad geboren, sein Vater war städtischer Beamter, sein Großvater väterlicher seits Offizier unter Radetzky und später Postmeister in Karlsbad. Dieser Großvater war u. a. auch einmal in Wels stationiert und hat dort seine Ehefrau ken nengelernt. Sie stammte aus Steinhaus bei Wels. Gottes Wege sind unerforschbar, und auch die der Menschen sind es. Wie könnte sonst der Mensch ein Geschöpf Gottes sein! Friedrich Thiemann - sein Onkel Carl Thiemann war ein bekannter Maler zur Zeit des Jugendstils - studierte nach Abschluß des Gymnasiums, in seiner als Badeort weltberühmten Vaterstadt, an der Prager Technischen Hochschule Naturwissenschaften und dissertierte in ihnen auch zum Doktor rer.nat. Ebenso aber bildete er sich, eine Doppelbegabung, an der Prager Akademie der bil denden Künste zum Maler und Grafiker aus. Sein Lehrer war hier der damals schon bekannte sudeten deutsche Maler Hönich, dessen Assistent Thiemann auch wurde. Zunächst strebte er aber eine Tätigkeit an einer deutschen Allgemeinbildenden höheren Schule (Mittelschule) an und kam als Schulreferen dar nach Graslitz. Inzwischen hatte der Zweite Welt krieg begonnen, Friedrich Thiemann mußte zur Deutschen Wehrmacht einrücken, zur berittenen Artillerie. Seine Ausbildungsstationen waren Am berg und Regensburg. Dann kam der Frontdienst in Frankreich, Griechenland, Rumänien und auf dem Kaukasus. Die Zeit als Leutnant auf der Krim schenkte ihm starke Eindrücke, man kann behaup ten. daß in diesen Monaten der Maler Friedrich Thiemann geboren wurde; der Landschafter, der die jeweilige Wesensart einer Gegend einzufangen weiß in Farben, die nur ihm gehören, eine kräftige Palette, die durch seine Spachteltechnik besonders hinter gründig wirkt, aber auch seine Aquarelle beeinflußt hat. Viermal ist Thiemann verwundet worden. Als Hauptmann und Regimentsadjutant trat er mit sei nem Verband den Rückzug in die Tschechoslowakei an und kam hier in russische Gefangenschaft. Odessa und Charkow waren dann seine hauptsächlichen Aufenthalte. Bei einem Fluchtversuch gelangte er bis Bessarabien. 1947 ließ man ihn frei. Er setzte sich nach dem Innviertel ab. wo einer seiner Artilleristen als Mühlenbesitzer lebte. Am Heiligen Abend 1947 klopfte er bei ihm an die Tür und wurde wie ein zum Haus Gehörender aufgenommen. Die Heimat Böhmen war ihm verloren, Eltern. Schwester, Schwiegereltern, Frau und Kinder lebten nicht mehr. Kurze Zeit nahm er die Stelle eines Generalpräfekts des Pestalozzi-Heimes in Wels ein, das in die Alpenjägerkaserne eingewiesen war, in die Kaserne, in der einst sein Großvater Dienst gemacht hatte. Ein gutes Omen? Mangels österreichischer Staatsbürgerschaft mußte er diesen Posten aufge ben. Mühsam hielt er sich als freischaffender Künst ler über die Jahre. 1950 wird er aber Österreicher und kann als Kunsterzieher in den Gymnasien Schlierbach und Kremsmünster unterrichten. 1978 beschließt er als Oberstudienrat seine Lehrtätigkeit und lebt seither, wieder ganz seiner Kunst zuge wandt, im eignen Haus in Schlierbach, das er sich un ter großen Schwierigkeiten erbaut hat. Aus seiner zweiten Ehe stammt ein Sohn, der seit kurzem in Ried i. 1. als Zahnarzt tätig ist. Friedrich Thiemann hat einmal von sich und sei ner Kunst gesagt, er male, was er malen müsse, und dem Maler folge das Material, wenn er etwas zu sa gen habe. Das ist eine gewichtige Aussage, eine strenge Disziplin vorwegnehmend, die den Künstler sicher führt. Thiemann ist ein nachdenklicher Maler, der aber eine rasche Hand hat, seine Pläne auszufüh ren. Da sind die Landschaften, so die des eigenarti gen oberösterreichischen Kremstals, dessen Baum gruppen oft an die Landschaften der alten Nieder länder erinnern, bei Thiemann aber schon durch die Spachteltechnik des Malers wirklichkeitsnäher sind, ohne naturalistisch zu sein. Daher liegen ihm auch die Nebelbilder und solche des Winters. Auch die Herbheit des niederösterreichischen Waldviertels und des Bayrischen Waldes, von dem er ins Böhmi sche hineinblicken kann, in seine verlorene Heimat, hat er eigentümlich eingefangen. Manchmal fängt er einen Menschen — wie verloren in die Landschaft - ein, etwa eine Frau als unruhigen Pol, aber innerhalb der gesamten Komposition des Bildes eine Bele bung. Seine Pastellbilder sind gleichsam lyrische Bil der, oft Blumen, die er liebt. Blumenbilder bedeuten für einen Künstler nicht wenig; man meint nur un richtigerweise, das sei zweitrangig. In ihnen, in ihrer künstlerischen Bewältigung liegt, so wenig es er kannt wird, ein Kriterium, ob positiv oder negativ. Thiemanns symbolische Ölgemälde, u. a. „Der Ge fangene", in vielen seiner Ausstellungen zu sehen, dann „Der Judaskuß" und „Auferstehung", diese unmittelbar aus dem Strahlen der Farben erfaßt, sind
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