OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

Jahreszahl noch nicht üblich gewesen. Späterem Usus entsprechend wurde sie nachgebracht, aber in Zifferschrift. Wie vorsichtig man gewichtige Jahreszahlen prüfen sollte oder könnte, sei an einem anderen Beispiele gezeigt; Die beiden obersten Jahreszah len auf Seite 140 erregen an sich kein Mißtrauen. Die erste Grabsteinzahl in der ehemaligen Kloster kirche Baumgartenberg erinnert an die Schreib schrift, in welcher der letzte Einerstrich verlängert wurde, um keine fälschende Verlängerung zu er möglichen. Doch die Jahreszahl 1084 läßt aufhor chen, denn die Stiftung Otto von Machlands er folgte doch erst 1141. Demnach mußte der Stein ursprünglich im Ulrichskirchlein situiert gewesen sein, das in der Gesamtwidmung an die Zisterzien ser enthalten war. Zu schließen ist, daß nach der Weihe der in der Ebene wachsenden Klosterkirche das Ulrichskirchlein auf dem Berge dem Verfall preisgegeben und der Stein daher in die neue Kir che verbracht wurde. Der Stein ist zweifellos origi när. Anders verhält es sich um den großen Grün dergrabstein aus Adneter Marmor in der Kloster kirche. 1141 erfolgte die Zueignung an die Zister zienser u. zw. an das zunächst liegende Kloster in Heiligenkreuz. Von 1142 datiert der Schutzbrief des Herzogs Luitpold von Bayern, in diesem Jahre begannen auch die Rodungsarbeiten. 1148 erfolgte die offizielle Übernahme durch den ersten Abt Fridericus, der von Heiligenkreuz entsandt worden war. Otto von Machland war schon früher als ein facher Zisterziensermönch in Krems gestorben. Die Jahreszahl wäre also verständlich, der prächti ge Stein an der Kircheninnenwand des Stiftes wür dig, aber Adneter Marmor kam erst ein Jahrhun dert später in Verwendung. Fazit: der Schein trügt, der Stein ist nicht originär, er kann erst später an gefertigt worden sein. Glücklicherweise ist folgen des urkundlich: Am 27. Oktober 1495 wurden Heinrich Prueschink, Freiherr von Stettenberg und sein Bruder Siegmund zu Grafen von Mach land erhoben. Diese Ehrung veranlaßte die beiden Herren, ihrem Prädikatsvorgänger, dem Kloster stifter Otto von Machland, ein bisher fehlendes Ehrenmal zu errichten. Der Stein täuscht ein hohes Alter demnach vor, er ist nicht zeitecht. Noch Anfang unseres Jahrhunderts war die Fluktuation unter den Landlehrern gering. Die Laufbahn Bezirksaushilfslehrer — Lehrer II. Kl. — Lehrer 1. Kl. oder Oberlehrer berührte nur wenige Dienstposten. Die Lehrer waren daher weitge hend ortsgebunden und fanden es naheliegend, sich mit Heimatkunde zu befassen, manche mit au ßerordentlichem Erfolg. Mit Einsetzung der Moto risierung und einer Erweiterung des Verkehrsnet zes ging die Ortsgebundenheit zurück. Fast überall legte man außerhalb des Pfarrortes neue Friedhöfe an, die alten Friedhöfe um die Pfarrkirche wurden in vielen Fällen abgeräumt, man beließ nur an den Außenwänden einige Grabsteine zur Erinnerung und heute ist es schon so weit, daß alte Kirchen mit Begräbnisrecht außen und innen jedwedes erin nernden Grabschmuckes entbehren. Weißge tüncht haben sie ihre Vergangenheit abgelegt. Auf meinen Reisen in den letzten 20 Jahren traf ich dennoch eine Fülle von alten Jahreszahlen an auch in alten Gebäuden, Kirchen und auf Grabstei nen, mit deren Abzeichnung ich meine Jahres zahlensammlung erheblich bereichern konnte. Viele Funde machte ich auch in Bibliotheken und besonders den Grabinschriftensammlungen ver danke ich wertvolle Jahreszahlen. Nicht selten fragten mich Touristen nach dem Grunde meines seltsamen Verweilens vor Grab steinen. Nach gegebener Aufklärung waren man che dankbar, einen neuen Aspekt für ihre Besichti gungsgänge gewonnen zu haben, ihr suchender Blick auf Haustürumrahmungen brachte mir man che Jahreszahl ein, die ich sonst übersehen hätte. Ich hege die Hoffnung, daß meine Arbeit in man chem Leser den Wunsch aufkeimen läßt, sich auch in diesem Spezialbereich heimatkundlichen Be trachtungen zu widmen, was sicher auch der Pflege dieser noch verbliebenen historischen Zeugnisse zugute kommen kann. 2. Datierungen mit römischen Zahlenzeichen .|uhljj,riiif 1084, Baumgartenberg, OÖ., zu lesen: Item mille octoginta quattuor r^nliiiilV 1148, Baumgartenberg, OÖ. erst nach 1495 gesetzter Gründergrabstein 1291, Aachen, Deckplatte am Sarkophag von Rudolf 1. 1325, Enns, Stadtpfarr kirche, Grabplatte des Heinrich von Wallsee 1331, Grabplatte, aus Literatur, durch Zahlwörter gedehnte Jahreszahl 1348, Enns, Basilika Lorch, Grabstein des Ulrich Maulhard

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