OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

die Weihnachtsgeschenke brachte, in dieser Eigen schaft aber in der Flysch- und Alpenzone nur mehr sehr sporadisch bekannt warJ^ Die Masse der bisher rund 260 ausgearbeiteten volkskundlichen Karten aber zeigt einen davon völlig abweichenden, nach vertikaler Gliederung tendierenden Verlauf. Wir be gegnen diesem Sachverhalt bereits bei den bei der Erntearbeit benützten Hilfsgeräten: Während im mittleren und östlichen Oberösterreich, also im Ge samtbereich östlich des Hausrucks, die dem Schnitter nacharbeitende Person Wert darauf legte, sich die schwere Arbeit des Garbenbindens dadurch zu er leichtern, daß sie dazu (im Raum zwischen Hausruck und Traun) einen etwa 40 cm langen gedrechselten „Knebler", bzw. (im Bereich östlich der Traun) das Geweihstück einer Gemse benützte, mit deren Hilfe man das Ende des Strohseiles unter das die Garbe zusammenhaltende Band schieben und dieses selbst fest zusammenwinden konnte, trachtete die „Binde rin" im westlichen Oberösterreich mit Häufigkeits dichte der Belege im Innviertel, d. i. die Landschaft zwischen dem Hausruck und der westlichen Landes grenze an Salzach und Inn, dem in großen Schwün gen dahinarbeitenden Schnitter dadurch rascher fol gen zu können, daß sie die in Schwaden niedergeleg ten Halme mit einem hakenförmigen Holzgerät, dem „Hagler", aufraffte, den sie während des Gar benbindens neben sich in den Boden steckte (s.Karte 2).!" Dem Beispiel aus der Gerätekunde möge ein sol ches aus dem Traditionsbereich des bäuerlichen Hausbaues folgen, das wir einer Untersuchung von R. Heckl entnehmen.Seinen Feststellungen nach verebbte die ursprüngliche Verbreitung des flachen Legdaches östlich eines Grenzsaumes (s. Karte 2), der sich vom nördlichen Mühlviertel südwärts zur Donau und von hier weiter längs des Hausrucks hin zog. Östlich dieser Marken treten bereits die steile ren Dachformen, im Bereich der Landesmitte waren dies vor allem die strohgedeckten Steildächer der für diese Landschaft charakteristischen Vierkanthöfe, in Erscheinung. Was die Beispiele aus der Sachvolkskunde aussa gen, bestätigt die Mundartforschung. In seinem den österreichischen Dialekten gewidmeten Buch illu striert Franz Roitinger die Besonderheiten der Mundarten-Landschaften in Oberösterreich an Hand einer Karte über die Aussprache des O-Lautes. Sie zeigt, daß in dem Raum zwischen der Enns und der Traun (ebenso wie in den angrenzenden Be zirken Niederösterreichs) ein reines O gesprochen wird („Brot", „Not", „groß" usw.), zwischen der Traun und dem Hausruck jedoch eine Diphthongie rung zu eo („Breot" usw.) und jenseits des Haus rucks (im Innviertel) eine solche zu ou („Brout") zu beobachten ist (s. Karte 2). Analoge Lautverände rungen finden sich nach Roitinger auch für andere Laut- und Wortgruppen wie „neu", „heuer", „Feu er", „fliegen" usw.i® Der regionalen Färbung der Laute entspricht ei ne räumlich gleichlaufende Tendenz in der Wahl be stimmter regional gebundener Bezeichnungen. Wir illustrieren dies am Beispiel der verschiedenen Be nennungen eines in ganz Oberösterreich bekannten, verhältnismäßig derben Festtagskuchens, der im öst lichen Oberösterreich (wieder wie in den anrainenden Gebieten Niederösterreichs) „Schober", west lich von Haselgraben und Traun aber „Bunkel" und westlich des Hausrucks (wie im angrenzenden Salz burger Flachgau und Bayern) „Schlägel" genannt wird (Karte 2).^^ Gleich gelagert sind die Verhältnisse für die Na men der Zweigbündel, die am Palmsonntag zur Wei he in die Kirche gebracht und nachher als Segen bringende Requisite in Haus und Stall aufbewahrt und in die Felder gesteckt werden. Für sie verwendet man im östlichen Oberösterreich (s. Karte 2)^® den Namen „Palmbesen", „-beserl", westlich vom Ha selgraben und dem Unterlauf der Traun „Palmbuschen" und westlich des Hausrucks „Palmbaum", ei ne Benennung, die mit den im mittleren und westli chen Mühlviertel üblichen Bezeichnungen „Palm", „Weihpalm" korrespondiert. Die Verbreitungsgebiete von Lautfärbung und Wortwahl haben ihre Gegenstücke in solchen der brauchtümlichen Redensarten und Sprüche. Als Beispiel diene die Kartierung der sonst doch wohl kaum beachteten Hohnsprüche, mit denen die fre chen Kinder den dunklen Nikolausbegleiter und vielfach auch den allerdings erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit allgemein auftretenden heiligen Bischof Die hs. Verbreitungskarte zu diesem Thema wurde noch nicht publiziert. Über die Mythe selbst s. Verf., Das goldene Rössel. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde. XIV.68 ff. '" Zum Aufhebegerät des „Hagler" s. die Verbreitungsangaben in Karte „Erntegeräte" im Atlas von Oberösterreich. Bl.53d. K. Heckl, Landwirtschaftsbau. In: Heraklith Rundschau, Dez. 1970, H. 5, 9 ff., s.bes. Karte „Siedlungsformen und Siedlungs formengrenzen in Österreich" S. 18. Siehe Karte 4 in M.Hornung und Fr. Roilinger, Unsere Mund arten. Wien 1950. Die in dieser Karte von Fr. Roitinger angege benen Verbreitungsgrenzen stimmen weitgehend mit jenen in Karte 1 „Grenzen primärer Laut- und Formenmerkmale im östlichen Oberösterreich" von P. Wiesinger, Baiern und Slawen in Oberösterreich aus dialektgeographischer Sicht. Zum Ver hältnis von Dialektgrenze und Siedlungsgrenze, In: Baiern und Slawen in Oberösterreich. Linz 1980, 211 ff. überein. Verbreitungsangaben nach Karte „Weihnachtliche Kuchengebäcke" Atlas von OÖ., Bd. 39 d, und Verf., Brauchtumsgebäkke und Weihnachtsspeisen. Linz 1957, Karte 19. Verbreitungsangabe nach Karte „Palmbaum", Atlas v.OÖ., Bl. 52b.

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