Der Zentralraum von Oberösterreich im Spannungsfeld zwischen den west- und ostösterreichischen Kulturlandschaften Von Ernst Burgstaller Oberösterreich ist, so eng es auch in den Verband der übrigen österreichischen Bundesländer einge fügt ist, ein Land vieler Grenzend Dies zeigt sich be reits in seiner naturräumiichen Gliederung, durch die es an fast allen morphologischen Systemen Mit teleuropas Anteil hat; Wer an einem föhnigen Vor frühlings- oder Herbsttag von der Warte am Frein berg oder der Bastei am Pöstlingberg in Linz über das Land hinwegblickt, dem eröffnet sich dessen geographische Struktur wie eine aufgeschlagene Karte. Den ganzen Norden, das sogenannte „Mühlviertel", erfüllt von der Landes- bzw. Staatsgrenze gegen die CSSR bis in das Tal der Donau das Granit plateau der „Böhmischen Masse", durch das neben vielen anderen Zertalungen auch der tief eingefurch te Haselgraben von Linz aus nordwärts zieht. Im Sü den baut sich als imposantes Panorama der Anteil Oberösterreichs an den nördlichen Kalkalpen auf, denen das schmale Band der sanfteren, reich bewal deten Berge der Flyschzone vorgelagert ist. Zwi schen das Donautal, bzw. den Abfall des Granitpla teaus und dieser Flysch-Alpenregion schiebt sich in breiter Front als klimatisch besonders begünstigter LandesteiE das Alpenvorland ein, das in seinem Verlauf auf oberösterreichischem Boden im Osten durch das Bett der Traun und im Westen durch das Schottergebirge des Kobernaußer- und Hausruck waldes in einen Ost- und einen Westbereich geglie dert ist, die den eigentlichen Zentralraum, das Herz stück von Oberösterreich zwischen der Traun und dem Hausruck, beidseitig flankieren. In diesem fruchtbaren Gelände verbreitete sich bereits das zum ehemaligen römischen Stadtbezirk von Ovilava (heute Wels) gehörige Territorium. Hier stießen die Archäologen auf die meisten Siedlungsreste und Gräberfelder der vor- und frühgeschichtlichen Bevölkerungä, und hierher zielte nach dem Befund der Ortsnamenkunde (s. u.) auch der massive Vorstoß der bairischen Landnahme mit ihren Sippensiedlun gen ab dem 6. nachchristlichen Jahrhundert. Es liegt nahe zu prüfen, ob dieser naturräumli chen Gliederung auch die Struktur der kulturräumli chen folgt, wie sie sich aus den Verbreitungsgebieten der verschiedenen Elemente der heutigen Volkskul tur in ihrer Erfassung durch Mundartforschung und Volkskunde erschließen läßt. Wir benützen für diese Untersuchung die geographische Methode, wie sie bereits von H. Aubin, Th. Frings und J.Müller für die Kulturraumforschung im Rheinland'', von R. Weiß für die Schweiz® und von S.Erixon für Schweden® mit besonderem Erfolg angewendet wurde. Sie beruht auf der Eintragung von repräsentativem Belegmate rial Ort für Ort in sogenannten „Punktkarten", bzw. aus diesen Punktkarten entwickelten Anwendungs karten, in denen die Verbreitungsbereiche der ein zelnen Kartenthemen generalisiert sind. Wir stützen uns bei Anlage dieser Karten für die Veranschaulichung der Sachverhalte für die Fragen des ländlichen Hausbaues auf die Arbeiten von R. HeckE, für die Laut- und Wortkunde auf die Werke zur Mundartforschung von Fr. Roitinger®, dem lang jährigen Mitarbeiter des Bairisch-Österreichischen Wörterbuches, und P. Wiesinger, dem Vorstand des Germanistischen Institutes der Universität Wien. Für die verschiedenen Sparten der Volkskun de steht das umfangreiche Material zur Verfügung, das der Verfasser in privaten Erhebungen und bei der systematischen Landesaufnahme im Korrespon denzverfahren in den Jahren 1949 - 1958, also gera de noch rechtzeitig vor der Entfaltung der Volltech nisierung der bäuerlichen Betriebe, in ganz Ober österreich sammeln konnte.® Bei der Kartierung dieses umfangreichen Beleg materials zeigt sich, daß nur eine sehr kleine Anzahl ' S. u. a. H. Maurer. Zur Wertung der oberösterreichischen Gren zen. In: OÖ. Heimatblätter IV, H. 2, 135 ff. ^ V. Steinhauser, Klima. Atlas von Oberösterreich (s. Anm.9), Bl. 57. ^ Ä. Kloiber, Gräberarchäologie. Atlas von OÖ.. B1.59; L.Eckhart und Ä. Kloiber, Siedlungsarchäologie. a.a.O. Bl.59a. ^ H. Aubin, Th. Frings und i.Müller, Kulturströmungen und Kul turprovinzen in den Rheinlanden. Geschichte, Sprache, Volks kunde. Bonn 1926. ® R. Weiß, Die Brünig-Napf-Reuß-Linie als Kulturgrenze zwi schen Ost- und Westschweiz auf volkskundlichen Karten. Geographica Helvetica 1947, Nr. 3; ders., Sprachgrenzen und Kon fessionsgrenzen als Kulturgrenzen. LAOS 1951, 967 ff. ® S. Erixon, Svenska kulturgränser och kulturprovinser. Stock holm 1945. ^ Fr. Lipp, Rudolf Heckl (1900 - 1967) zum Gedenken. In: OÖ. Heimatblätter XXll, H. 1/2, 98 f. ° A. Pischinger, Franz Roitinger 1906 - 1968. In: OÖ. Heimat blätter XXII, H. 1/2, 101 ff. ® Das Antwortmaterial dieser Erhebungen liegt den volkskund lichen Karten im „Atlas von Oberösterreich", 1. u. 2. Lfg. redi giert von Fr. Pfeffer, 3. und 4. Lfg. redigiert von E. Burgstaller, Linz 1958 ff. zugrunde. Über die Anlage dieser Karten und die Materialsammlung unterrichtet E. Burgstaller. Das Fragewerk zu den volkskundlichen Karten. Veröffentlichungen zum Ober österreichischen Heimatatlas. Bd.l, Linz 1952.
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