OÖ. Heimatblätter 1982, 36. Jahrgang, Heft 1/2

lern Anschein nach gut bekannt war, was seine eige ne Abstammung aus vornehmsten Kreisen als so gut wie sicher und eine ehemalige politische Karriere vor seiner Bekehrung, seiner Hinwendung zum Mönchtum und seinem Wirken als Mann Gottes als nicht unwahrscheinlich erscheinen läßt, zumal er sich ja offenbar auch in der neuen Funktion als einer er weist, der von politischen Geschäften (militärisch, diplomatisch, organisatorisch) etwas versteht. 3. Die Archäologie und die „Vita" Es ist ein glückhafter Umstand, daß die Archäo logie in unseren Tagen so viele Beiträge zur Verifi zierung von Berichten der Vita Severini geliefert hat. Ohne näher darauf einzugehen, erwähne ich Cucullis/Kuchl, Juvao/Salzburg, Batavis/Fassau (Nie dernburg), Boiotro/Passau-Innstadt, Lauriacum/ Lorch, Favianis/Mautern(?) und neuerdings Comagenis/Tulln. Wie sehr die Ergebnisse der Archäologie und der Bericht des Eugippius ineinanderspielen können, sei an einem Beispiel aufgezeigt. In der Vita kommt ein „Ort Boiotro jenseits des Inn"^° vor, wo Severin ein kleines Klösterchen (cellula) für ein paar Mönche errichtet hatte. Auch eine „basilica" wird erwähnt, für die damals Reliquien Jo hannes des Täufers besorgt werden sollten. Nun kannte schon die bisherige Forschung ein Kastell „Boiodurum" bei Passau^L und es lag nahe, dieses mit dem oben genannten „Boiotro" zu identifizieren. Außerdem brachte die Tradition die Friedhofskirche St. Severin in Passau-Innstadt schon wegen ihres Patroziniums mit der in der Vita erwähnten Basilika in Verbindung. Doch diese Rechnung ging nicht recht auf, denn einerseits war Boiodurum zur Zeit Seve rins bereits aufgegeben, andererseits war die Seve rinkirche zu weit von diesem Kastell entfernt, um der Berichterstattung des Eugippius zu entsprechen. Außerdem hatten die in dem Gotteshaus 1928/29 durchgeführten sorgfältigen Grabungen von H. Hör mann ein negatives Resultat erbracht und das älteste Mauerwerk erst dem 10./11. Jh. zuweisen können. Vor wenigen Jahren konnte nun das Rätsel gelöst werden, Vita und Tradition wurden glänzend bestä tigt! Durch Zufall stieß man 1974 bei Bauarbeiten nur 150 m von der Severinkirche entfernt auf die Fundamente eines Kastells, das hier — nach der Auf gabe von Boiodurum um die Mitte des 3. JahrhunVita Severini Kap. 22, 1; 36, 1. Zusammenfassend R.Noll, Römische Siedlungen und Straßen im Limesgebiet zwischen Inn und Enns (Oberösterreich) (= Der römische Limes in Österreich, Heft 21), Wien 1958, S. 28. H.Hörmann, St. Severin zu Passau, Passau 1935. '' • '-«.l A «liMtllilhSPBP tiJwppHH 'Ä||Ä Si Rekonstruktion des Legionslagers Boiotro und der vom hl. Severin erbauten Kirche. Entwurf Rainer Christlein. Ausfüh rung Franz Högner. Aus: Hans Bleibrunner: Niederbayern. Bd. I. Landshut 1982.

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