Die Kapelle im Lamberg'schen Schloß Tausende von Besuchern sind im Sommer 1980 durch das Lamberg'sche Schloß in Steyr gegangen. Der prächtige Zugang über die Grabenbrücke, der schöne Hof, die wiederhergestellten Fassaden haben sicher viele beeindruckt. Von den Innenräumen haben die Besucher keinen Eindruck vermittelt bekommen. Wenn nicht einer der heißen Tage war, an denen man hinter die kulis senartige Verbauung spähen konnte, dann war man von engen dunklen Wänden umgeben, die keinen Blick etwa auf das weite Stadtbild mit altertümlicher Dachlandschaft freigaben. Daß man den Biblio theksraum derart verbaute, mag mit Sicherheits rücksichten begründet werden, bei anderen Räumen fällt es schwer, die aufwendigen Bauten plausibel zu machen. Nicht vielen Besuchern wird zu Bewußtsein gekom men sein, daß sie beim Warten auf die Führung, bei der ersten Übersicht über Thema der Ausstellung und Chronologie der Objekte, bei der Vorstellung von Steyr mit seiner fast tausendjährigen Geschichte und von Hallstatt, als namengebendem Ort am dunklen Bergsee, in der Kapelle des Schlosses Lamberg standen. Und darauf sei hier kurz hingewiesen. Vor dem zweiten großen Krieg war die Welt noch in takt. In der damals neuesten Ausgabe des Verzeich nisses der Kunstdenkmäler in Österreich — kurz „Dehio" genannt - wird die Schloßkapelle in Steyr wie folgt beschrieben: Im spitzen Winkel des Hofes ein repräsentativer Torbau (deutlicher Einfluß der Art J. L. v. Hildebrandts) mit Halle, ihm gegenüber die reich geschwungene zweige schossige Fassade der Schloß-Kap. mit hübscher innerer Stuckierung 2.V. 18. Jh., 3 rok. Altäre M. 18. Jh.. das Hochaltarblatt 18. Jh.. die Bilder der Seitenaltäre IT.Jh.^ Aber auch für das Steyrer Schloß kamen stürmische Tage. Mit dem Anschluß Österreichs an das Deut sche Reich zogen neue Herren ein, die für eine Ka pelle nicht mehr viel übrig hatten. Hören wir den Be richt des Denkmalpflegers über die Veränderungen: Nur in zwei Fällen wurden Kirchenräume von hohem Kunstwert profaniert, beide Male hat die Denkmalpflege, wie auch sonst bei solchen Absichten, Einspruch erhoben, auf das Denkmalschutzgesetz verwiesen, hier allerdings vergeblich. Man versprach zwar die Kirche der Barmher zigen Brüder in Linz unangetastet als Musealraum beste hen zu lassen, hat sie aber dann ungeachtet erneuter Schritte der Denkmalpflege in ein Theaterdepot verwan delt. Schlechter erging es der mit Barockaltären herrlich ausgestatteten gotischen Kapelle im Schloß Lamberg in Steyr, die völlig ausgeräumt in ein Standesamt umgebaut wurde. Der damals in Wien krank liegende Denkmalpfle ger sandte ein Telegramm an den Gauleiter Eigruber, das ihm schadete, dem Denkmal nicht half. Das Telegramm hatte den Wortlaut: ..Gauleiter, bitte ordnen sie sofortige Einstellung nicht genehmigten Um baues Lambergkapelle Steyr an." Den Umbauauftrag hat te aber, wie der Denkmalptleger wußte, Eigruber persön lich erteilt.2 In der Außenwirkung blieb die Kapelle erhalten. Hier zeigt der nach Osten aus der Fassade vortreten de Chor noch die gotischen Formen, hat doch das ge samte Schloß erst nach dem großen Brand des Jahres 1727 seine heutige Form erhalten. Der Linzer Bau meister Johann Michael Prunner besorgte den Gm und Neubau. Hier zum Abschluß die Beschreibung des wirkungsvollen Ensembles von Treppenaufgang - den Ausstellungsbesuchern vom Verlassen der Hallstatt-Ausstellung bekannt — und Kapellenfassa de: In der Ostecke des Schloßhofes, die von den zweigeschos sigen, in spitzem Winkel zusammenlaufenden Fassaden des Nordtraktes und des Südosttraktes gebildet wird, ste hen die Fassaden der Kapelle und der Treppenhausvorhalle einander schräg gegenüber. Sie sind fast gleich hoch und ragen mit ihren Giebelaufsätzen knapp über die First linien der Dächer empor. Die zweiachsige Treppenhaus vorhalle mit hohen, fast zur vollen Wandhöhe emporstei genden Torbogen zwischen verkröpften Eckpilastern und einfachem Mittelpilaster ist mit zwei Platzigewölben überdeckt. Die inneren - gleich großen - Toröffnungen führen in den flach abgedeckten Treppenhausraum, der bis in die Hofecke reicht. Drei große Rundbogenfenster zwischen Pilastern, die denen der Vorhalle gleichen, er hellen den Raum. Mit zwanzig Stufen erreicht die Treppe, die volle Breite des schmalen, korridorähnlichen Raumes einnehmend, die Höhe des ersten Geschosses. Die innere Längswand gleicht in ihrem Aufriß der Wandgliederung des Nordtraktes. Der geschweifte Giebel der Vorhalle mit Figuren in seinen rechtwinkeligen Knickungen und Vasen über den seitlichen Attikapfeilern trägt im Giebelfeld die Wappen der Grafen Lamberg und Harrach. Die mit ihrem Kranzgesims die Trakthöhe erreichende Kapellenfassade ist in der Mittelachse tJach eingezogen, so daß die sie rahmenden Pilasterstellungen im Hauptge schoß und im Aufsatzgeschoß schräg gegeneinanderstehen und über die flach zurückgerundeten Seitenachsen zu den äußeren, frontal stehenden Pilastern überleiten. Der Aufsatz mit geschweiftem, horizontal auslaufendem Gie bel und lyraförmigem Fenster, gerahmt von Voluten auf Attikaflügeln, wiederholt die Bewegungen des Hauptge schosses. Das schlichte Portal mit geradem Sturz und drei Rundbogenfenstern mit kurvierten Giebelverdachungen fügen sich der Reliefbewegtheit der Fassade völlig ein. Der dreischiffige Innenraum wird vor dem polygonalen Chörlein über zwei eingestellten Freipfeilern von sechs Platzigewölben überdeckt.^ ' Erwin Hainisch: Handbuch der Kunstdenkmäler in der Ost mark. 2. Band. Oberdonau (Dehio-Ginhart). 2. neubearbeitete Auflage. 1941. S. 200. ^ Franz Juraschek: Denkmalpflege 1943 — 1946. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. 92. Band. Linz 1947. S. 78 f. und Anm. 2 von S. 83. ^ Bruno Grimschitz: Johann Michael Prunner. Photos von Hans Wöhrl. 2. erweiterte Auflage. Wien-München i960. S. 78 f.
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