Prälaten von Garsten und der protestantischen Bür gerschaft weiterd Schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts plante die Stadtobrigkeit in Steyr den Bau eines Ge bäudes, in dem ebenerdig Fleischbänke, in den obe ren Stockwerken Getreideschüttböden unterge bracht werden sollten. Als Baugrund faßte man den unteren Teil des Pfarrhofgartens ins Auge, der längs der südlichen Stadtmauer zum Grünmarkt abfiel. Von hier waren es nur wenige Schritte bis zum Ufer der schiffbar gemachten Enns, wo beim Anlegeplatz die Fahrzeuge mit Lebensmitteln für die Arbeiter in Innerberg (Eisenerz) beladen werden konnten.^ Erst im Jahr 1590 kam es wegen der Überlassung des Baugrundes zum Abschluß eines Vertrages zwischen der Abtei Garsten und der Stadt Steyr, sogar einen Unschlittdienst an den Stadtpfarrer nahm der Magi strat auf sich. Wieder ruhte das Bauvorhaben einige Zeit. Im Juni des Jahres 1611, als Abt Johann Wil helm von Garsten (1601 - 1613) vorübergehend ab wesend war, ließ die Steyrer Stadtobrigkeit im Pfarr hofgarten den Bauplatz abstecken und die Grundfe sten legen. Da der Getreidespeicher („Traidt Ga sten") auch dem Eisenwesen sehr nützlich werden konnte, weil die Möglichkeit bestand, „ein suma schweres gedraidt auf ein notfall vnd zu versehung des landtsfürstl. kamerguets aufzubehalten, vnd in verwarung zu bringen", steuerte die Eisenhandels gesellschaft (Eisenkompagnie) zum Bau 1000 Gul den bei.^ Es ist nicht überliefert, ob der Garstner Abt den 1590 abgeschlossenen Vertrag kannte. Jedenfalls war er sehr überrascht und erbost, als er nach seiner Rückkehr den Baubeginn feststellen mußte. Am 8. Juli richtete er ein scharfes Protestschreiben („ . . . in optima forma ... ") an den Magistrat der Stadt Steyr: Zu meiner iezigen anhaimbskhunfft vernimbe ich. wasmasscn sich die herren auf ainen meines gotthauß Garsten totaliter incorporierten pfarr Steyr mit allen recht und gerechtigkheiten aigcnthumblich zugehörigen, negst undterhaib des pfarrhof gelegenen grundt, ein gebew. ihne vor gehende ersuchung. und durch mich beschehne bewiUigung alles geist- und weltlichen rechtes zuwider, anzufan gen. unnd mit auferbawung desselben fortzuschreiten aigenthättig undterstanden haben. Der Abt verlangte die Einstellung des Baues und die Aufnahme von Verhandlungen. Man betonte dem Abte gegenüber, daß ja schon früher über den Bau grund verhandelt worden sei und nun statt der Fleischbänke eine Salzkammer eingerichtet werde. Der Stadel biete schließlich nicht allein der Stadt, sondern auch dem Eisenwesen erhebliche Vorteile. Dem Landeshauptmann gegenüber, dem gleichfalls eine Beschwerde des Abtes zugegangen war, vertei digte sich der Stadtrat in ähnlicher Weise. Er wies auch darauf hin, daß sich bei Einstellung der Bauar beiten die Maurer verlaufen würden. Der Magistrat versicherte ferner, daß „ein saubers zwischlichtiges Dach" gesetzt werde, „daß also dem pfarrhoff weder das licht noch die lufft verbaut und benomben werden solle". Am 26. Juli kam ein Vergleich zustande. Der Abt be willigte der Stadt Steyr die Benützung des Grundes zur Errichtung des Salz- und Getreidestadels, doch sollen sye die von Steyr oder Ire Nachkommen iezo und hinfüro zu ewigen Zeiten auf solchen grundt khein an ders gebäu alß undten auf der erden den salzstadl. dann oben darauf zwei pöden zum traidt kästen und das völlig gebeu von undten auf bis undters tach höcher nit. dann drey gaden hoch führen, dasselb auch mit ainem zwischlischen tach versehen und ire gegen des pfarrhofs garten hinauß gemachte fenster mit eisen und gestrichhten gatter also bewahren, daß dardurch ainich unsauberkheit hinaus geworffen. weniger ainen pfarrer. dem gartten oder pfarr hof von demselben aus ainiche beschwär oder ungelegenheit nit zuegefüegt werde. Weiter heißt es, daß die Stadt Steyr jedes Jahr besonders Natiuitatis Mariae von solchem grundt und gebey verwilligung ainen jeden pfarrer zu Steyr oder wenn keiner vorhanden, nach gotteshaus Garsten raichen und dienen soll zehen gülden reinisch unnd dann drey fueder gerechts Ischler salz unnd nit mehr. 1612 war also der Getreidespeicher errichtet wor den. Der breit gelagerte dreigeschossige Unterbau wird von einem zweigeschossigen Giebelpaar mit Krüppelwalm bekrönt. Zum Schmuck der Fassade gehört ein Rusticaportal, die Tore und Fenster sind an allen Seiten mit reichen Ritzschnittverzierungen umrahmt. Die Jahreszahl 1612 ist über einem Fresko zu sehen, das zwischen den Fenstern über dem Portal angebracht ist. Es könnte sein, daß der Abt von Gar sten bei seinem Einschreiten gegen den „traidtkasten"-Bau tatsächlich noch andere Befürchtungen hegte. Am Ende wollten die Steyrer ein protestanti sches Gotteshaus errichten? Hier hatte er aber unbe rechtigte Sorgen. Allerdings machte man in der Ei senstadt beim Schmuck des neuen Gebäudes aus der religiösen Einstellung keinen Hehl. Die protestanti schen Darstellungen neigten zur Betonung des Alten ' Franz Xaver Pritz: Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebungen. Linz 1837. — Neuere Literatur über Steyr siehe: Manfred Brandl-Josef Ofner; Steyr. In: Herbert Knittler. Die Städte Oberösterreichs (= Österrei chisches Städtebuch 1) Wien 1968. S. 275 ff. 2 Josef Ofner: Kunstchronik der Stadt Steyr. 4. Fortsetzung. In: Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. Heft 18. Steyr 1967. S. 62. 5 Ofner zitiert dazu einen Akt aus dem Stadtarchiv Steyr. F. Bau und Straßensachen 1490- 1777. Kasten III. Lade 19. Nr. 11. " Die Darstellung der Baugeschichte folgt Ofner S. 63 ff.
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