OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 3/4

Pfarrkirche Pfarrkirchen, mit dem gegen Ende des 18. Jh. abgebrochenen Andreaskirchlein und der Andfeasschule (in der unmittelbaren Nähe der Kindshub) und der nordöstlich gelegene Furtberg mit dem anschließenden Plateau zwischen Enns und Krems, Konzentrationspunkte protestantischer Bauern gewesen. Weitab von den umliegenden Orts kernen und den katholischen Pfarreien, in der Ein schiebt, konnte sich der lutherische Glaube trotz Ge genreformation am längsten halten. Das Schicksal dieser schlichten, einfachen, arbeitsamen und be drückten Menschen, die instinktiv um ihr materielles Überleben und um ihr seelisches Gleichgewicht ge rungen haben, erschien aber nie wert, in der histori schen Literatur besonders beachtet zu werden. Die Zahl der Lutheraner war außerdem in diesem abseits gelegenen Raum und in der hier behandelten Zeit nicht so groß, wie in anderen Teilen des Landes ob der Enns, wie etwa im Salzkammergut. Umsomehr muß man die Opferbereitschaft bewundern, die die se Menschen vor harten Entscheidungen gezeigt ha ben. Man kann an den Nachkommen dieser oberösterrei chischen Bauern in Siebenbürgen erkennen, daß es nicht die Schlechtesten waren, die da ihr Haupt trot zig erhoben. Alle haben sich in ihrer neuen Heimat unter schwierigen Umständen durch Fleiß und Tüch tigkeit bewährt. Heute teilen viele der Nachkommen das Schicksal ihrer Vorväter: nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges leben sie zerstreut in aller Welt. Zwei von ihnen konnte ich ermitteln. Dr. Erich Buchinger, Pensionist in Graz, der eine umfangrei che Geschichte der Transmigration geschrieben hat, und Dr. Julius Lederhilger, pensionierter Tierarzt in Schweden, der eifrig mitgeholfen hat, damit die Ge schichte der oberösterreichischen Transmigranten geschrieben werden konnte. Die Ahnen des Dr. Bu chinger kamen vom Frieshammergut in Rutzenmoos, Regau/Vöcklabruck, die des Dr. Lederhilger vom Oberhubergut in Mandorf/Adlwang, Bad Hall. 3. Die Grundherrschaften im Raum Pfarrkirchen — Bad Hall Die Grundherrschaften als Grundobrigkeiten hatten zur Zeit der hier behandelten Ereignisse noch öf fentlich-rechtliche Aufgaben zu erfüllen. Sie waren E Instanz in der Landesverwaltung. Das bedeutete, daß die ihnen untertänigen Bauern nicht nur privat rechtlich verpflichtet waren, sondern auch in allen öffentlichrechtlichen Angelegenheiten, auch mit ih ren Beschwerden, die Grundherrschaft ansprechen mußten. Die Bauern waren auf Gedeih und Verderb ihren Bedrückern ausgeliefert. Im Umland Pfarrkir chen — Ball Hall waren vor allem die Herrschaften Feyregg, Mühlgrub, Hall, Stift Kremsmünster, Bi berbach, Gschwendt, Losensteinleiten und das Spi talsamt Steyr für diese Geschichte relevant. Herrschaftsinhaber von Feyregg war ab 1629 das Stift Spital am Pyhrn.^ Mühlgrub stand seit 1659 im Eigentum des Stiftes Schlierbach.^ Vorher waren diese Güter durch Jahrhunderte in wechselndem Be sitz evangelischer Landadeliger^ bzw. wohlhaben der, vorwiegend Eisen oder Salz handelnder, Bür ger, die vielfach untereinander familiär verbunden waren. Gschwendt gehörte den Auersperg, Weyer und Biberbach Bürgern aus Steyr. Für die lokale Ge schichte und damit für die Geschichte der Protestan ten in diesem Gebiet waren die wichtigsten Namen: Sinzendorf, Wucherer, Willinger, Fenzl, Schütter, Kazianer und die Wolkensdorfer bzw. Losensteiner, die schließlich in den Auersperg aufgingen. Der Sohn des höchsten Würdenträgers des Landes, Chri stoph von Jörger, wurde bereits 1521 von Luther in Wittenberg für die evangelische Sache gewonnen. 1524 kehrte er ins Land zurück und bald waren die einflußreichen Adelsfamilien evangelisch und berie fen lutherische Prädikanten auf ihre Schlösser. Der kleine Landadel paßte sich sehr bald an. Jeder Land adelige nahm für sich den Grundsatz in Anspruch „Cuius regio, eius religio" und veranlaßte sein Haus gesinde und die untertänigen Bauern, den neuen Glauben anzunehmen. Daß dies im Gegensatz zur Gegenreformation ohne wesentliche Schwierigkei ten, ohne sichtbaren Widerstand möglich war, wirft ein bezeichnendes Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse. Auch die Bürger der landesfürstlichen Städte vollzogen reibungslos den Wandel zum evan gelischen Glaubensbekenntnis. Der Protestant Roepke^ schreibt: Um die Mitte des 16. Jh. war vor allem der österreichische Adel fast ausnahmslos evangelisch. Das Motiv war freilich nicht bei al len eine klare evangelische Glaubensüberzeugung. Nicht selten war der Gegensatz zur alten Kirche auch im Haß auf das Priestertum. in der Gier nach kirchlichem Besitz oder der Drang nach einem zügellosen Privatleben begründet. Für viele bedeutete Pro testantismus nicht viel mehr als eine Ablehnung der Habsburger und der habsburgischen Zentralgewalt. Und Loesche^ meint, „es gab üble Gesellen unter den evangelischen Großen . . ." ' Moriz Maria Edler von Weitenhiller: Schloß Feyregg und seine Besitzer. Jb. Adler. 1884. - Georg Grüll: Burgen und Schlös ser im Salzkammergut und im Voralpenland. Wien: 1963. ^ Grüll: ebenda. — Gerhard Stenzel: Von Schloß zu Schloß in Österreich. Wien 1976. ^ Das Kaiserliche Patent, datiert mit 20.5.1627: die österreichi schen Herrn und Ritter werden vor die Alternative gestellt, ka tholisch zu werden oder außer Landes zu gehen. " C.i.Roepke: Die Protestanten in Bayern. München 1972. ® Georg Loesche: Archivalische und bibliothekarische Beiträge zur Geschichte des Protestantismus im ehemaligen und im neuen Österreich. 45/46 (1925). 86. (JGGPÖ).

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