OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 3/4

Ein „Schatzkrug" aus Tragwein Von Alfred HöIi huber Im Juni 1979 wurde im Bauernhaus Hörand, Zudersdorf 7 in der Marktgemeinde Tragwein (Bez. Freistadt), ein sogenannter „Schatzkrug" (ein be sonders im Mittelalter gebräuchliches Versteck für Wertsachen) gefunden. Der Besitzer des Hofes, Jo hann Eder, entdeckte ihn beim Umbau des ehemali gen Erdäpfelkellers zu einem Badezimmer. Als dort der Wandverputz an der Seite zum Vorhaus (Hausgang) abgeschlagen wurde, brachen drei klei ne Steine in einen Hohlraum ein. der sich beim ge naueren Untersuchen als ein eingemauerter, alter tümlicher Krug erwies. Dieser stand, mit der Mün dung schräg nach oben außen zeigend und den Hen kel abwärts gelagert, mit seinem vordersten Rand et wa eine halbe Spanne hinter der Wandfläche der 70 cm dicken, lehmgemörtelten Steinmauer, wobei die Längsachse des Gefäßes mit der Senkrechten einen Winkel von 5.1 Grad bildete. Der Abstand von der Mündungsmitte betrug bis zum Fußboden 103 cm. zur Fensterwand 83 cm und zum Stock der Zugangs tür 97 cm. Nimmt man als einheitliches Merkmaß zum Wiederauffinden der mit den drei kleinen Stei nen vermauerten Öffnung von den angegebenen Richtungen her 90 cm an — das waren damals etwa 3 Fuß (Schuh) oder 1/2 Klafter-, lag der Suehpunkt knapp links unter dem Mündungsrand des Kruges. Trotz der guten Einbettung in Lehm war das Gefäß zur Zeit des Auffindens in 69 Stücke zersprungen. Als Ursache dafür kann man den zu großen Gestcinsdruck oder auch die Wirkung von Erdbeben annehmen. Der Behälter dürfte allerdings schon vor seiner letzten Verwendung einige Risse gehabt ha ben. weil sich an den bodennahen Bruchfläehen ein feiner, weißer Belag befand - vielleicht Kasein, was auf die Benützung als Milchtopf schließen ließe. Oder es war aber Klebstoff, mit dem der zerbroche ne Unterteil vor dem Einmauern notdürftig ..ge flickt" worden war. (Eine chemische Untersuchung konnte wegen der nur geringen Spuren nicht durch geführt werden.) Wahrscheinlich verwendete man allgemein für solche Zwecke nach Möglichkeit schon beschädigtes Geschirr. Das Fehlen von fünf kleine ren Teilen ist hingegen eher auf das unsachgemäße Bergen zurüekzuführen. weil später noch einige Scherben unter dem weggeräumten und auf die Stra ße geschütteten Mauerschutt gefunden wurden und alle Bruehstellen durchwegs schmutz- und rußfrei waren. Unerklärlich ist das Fehlen eines Deckels. welcher zum Abdecken der - wenn auch etwas schräg liegenden — Krugmündung von 18 cm Weite nötig gewesen wäre, um beim Öffnen und Schließen des geheimen „Wandfaches" eine Verschmutzung des Innenraumes zu verhindern. Es sei denn, daß ein ehemals vorhanden gewesener Holzdeckel in der langen Zeit völlig vermoderte und die morschen Re ste nicht beachtet wurden. Vielleicht hat man auch deswegen bei der Anlage eines solchen Versteckes die Tongefäße den an sich leicht herzustellenden Holzkästchen vorgezogen. Der Krug ist mit seinem mehr als 9 1/21 betragenden Fassungsvermögen überdurchschnittlich groß und - ohne die fünf fehlenden Stücke und einige Absplitte rungen - 2.67 kg schwer. Seine Höhe mißt genau 37.0 cm. aber nur an der linken und reehten Wängen-öberkante. weil der Mündungsrand vorne am Ausguß und hinten oberhalb des Henkelansatzes leicht eingedellt ist. Der Außendurchmesser beträgt am Boden 17.0 cm. an der größten Bauchweite in der Höhe von 18.3 em - also fast in der halben Gesamt höhe - 24.1 cm. an der engsten Halsstelle 14.3 cm und an der Mündung 21.3 cm; da der Randwulst mit einer Hohlkehle nach innen übergreift, bleiben für die lichte Mündungsweite nur 18.0 cm. Die Dicke der Wand ist im Umkreis und der Höhe nach unterschiedlich groß. Sie beträgt am Körper 3 - 4 mm und ist an der größten Bauchweite am schwächsten. Am Hals und an der profilierten Wan ge ist sie mit 4 — 5 mm etwas stärker und erreicht im Fußteil fast 6 mm. Der Randwulst ist an der Stelle des Umschlages nach innen 12 mm dick. Der unterständige, leicht nach oben schräg rechts ge stellte. seitlich stark gerundete Bandhenkel ist in sei ner Mittelachse 16 cm lang, am oberen Ansatz 6.9 cm und nach einer anfangs starken Verjüngung kurz vor dem unteren Ansatz 3.2 cm breit und - auch von oben nach unten schwächer werdend - 2.6 cm bis 2.2 cm dick. Er bildet zwischen den beiden An sätzen einen fast gleichmäßig gekrümmten Bogen, der nur nach dem ersten, oberen Drittel leicht ab knickt. Dabei steht er 3.5 cm über die weiteste Ge fäßbauchung vor. Dem Henkel gegenüber liegt eine um fast den ganzen Hohlkehlenüberhang hinausge drückte. aber mit dem übrigen Rand gleich hohe. 3.5 cm breite Ausgußschnauze (Schnabel). Dies ist insofern bemerkenswert, als an den Krügen aus der Gotik und der Frührenaissance der Henkel - von

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