OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 3/4

und aufgeklärten Zeitgeistes lag, den Konservativen von damals ein erklärter Greuel war. Er habe inter essierte Zuhörer gehabt, mitunter auch Protestan ten, und habe bisweilen auch Kritik gefunden. Dem Volk galt er natürlich als Aufklärer. Mischehen mochte er aber nicht. Das Anwachsen des Protestan tismus seit dem Toleranzedikt von 1781 beunruhigte ihn selber nicht wenig und mag ihn auch auf seine Grenzen bei seinen Bemühungen aufmerksam ge macht haben.Seine Irenik ging nicht so weit, daß er sich nicht grundsätzlich zum „Proselytenmachen" bekannte, also zum Versuch, Protestanten von der Wahrheit des Katholizismus zu überzeugen. Wem Religion das Höchste, Heiligste ist, der kann darin nicht indifferent bleiben, meinte er später, 1834.3" In Goisern hatte er besonders zwei vom Dorf etwas entfernte „Beischulen", nämlich Ramsau und St. Agatha, zu betreuen, konnte aber der Vorbereitung der Predigten weiterhin viel Zeit widmen und man che für eine Drucklegung ausarbeiten. Ab und zu machte er von Goisern aus Reisen nach Salzburg und trat dort mit einigen Gelehrten in nähere Bekannt schaft.35 Nach späterer Angabe hat es sich dabei um Lorenz Hübner (1751 - 1807)36 und manche seiner Mitarbeiter an der Oberdeutschen allgemeinen Lite raturzeitung gehandelt. Ihre aufgeklärte, von Kon servativen heftig bekämpfte Geisteshaltung ent sprach auch der Mentalität Paurs. Jedenfalls lieferte er in den 1790er Jahren Buchbesprechungen in die ses Parademagazin der katholischen deutschen Auf klärung. 1798 übersiedelte er nach Obertraun. Der Einstand dort war ein beglückendes Erlebnis. Paurs sonniges Naturell, aus einer Situation das beste zu machen, ließ ihn die Winzigkeit der Seelsorgestelle vergessen und, wie sein Brief über den Beginn der Tätigkeit vom Juli 1798 zeigt, mag ihm auch die Geisteshal tung eines Matthias Claudius (er vergleicht sich mit einem Asmus omnia sua secum portans) die Gewiß heit gegeben haben, daß auch die kleinste Gemeinde eines tüchtigen und fleißigen Seelenhirten bedürfe. Sein Gespür für die Idylle, das den Brief durchzieht, läßt ahnen, daß unser Josephiner das heraufziehende Zeitalter des Gefühls mitvollziehen wird, ohne des wegen den gemäßigten Aufklärer vergessen zu las sen. Er sei ein geborener Freund des Stillebens, meint er; von den 300 Einwohnern Obertrauns seien wiederum nur wenige Katholiken. Seine Wohnung bestand aus Wohnzimmer. Küche und zwei weiteren kleinen Stuben. Der untere Teil des Hauses stand dem Dorflehrer zu, mit dem er auch den Garten zu teilen hatte. Sein ganzer Viehstand waren drei En ten.3^ Am 6. Sonntag nach Pfingsten des Jahres 1798 stellte er sich seiner Gemeinde vor. Er predigte über Mat thäus 13, 20: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.3» Anschließend an den Gottesdienst mischte er sich unter das Volk und lernte rasch die meisten Gemein demitglieder beim Namen kennen. Am Nachmittag war Segenandacht und anschließend sprach er wie der mit der Bevölkerung. Dieser Einstand beglückte ihn. Er litt in Obertraun keineswegs unter Langeweile. Die Muße gab ihm viel Zeit, Predigten mit dem ge wohnten Fleiß zu komponieren, aufsetzen und wieder ins Reine zu schreiben. Dazu kam die kleine Dorf schule und - was er wohl am meisten liebte - Selbst bildung. Seine Freude war jedesmal groß, wenn Bü cher richtig einlangten. So hatte er auch Zeit, Rezen sionen für die Oberdeutsche allgemeine Literatur zeitung abzufassen. Nach eigenem Bekenntnis ging er nie ohne Buch und Schreibfeder spazieren. Gern ruderte er über den Hallstätter See. (Selbst dabei muß er sich noch an ein großes Vorbild binden und verweist auf eine Stelle in Goethes Wahlverwandt schaften.) Literatur und Natur bringen immer Neues. Von der Jagd hielt er nichts.Den kalten Winter 1798/99 konnte er eingedenk Ximenez Mein Zim mer eine kleine Welt (Leipzig 1797) ertragen.Bei all seinen Lobsprüchen über die Einsamkeit und den trauten Umgang mit Büchern und Ideen kommt aber kaum zwischenmenschliche Regung auf."^ Seit dem August 1799 hatte Paur die erledigte Pfarre Hallstadt zu versehen."3 Pfarrer Joseph war nach Ischl gekommen."" Es war für Paur eine Veränderung, wodurch nicht nur mein gepriesenes Still-Leben sehr unterbrochen, .sondern auch noch so manche andere Beschwerde für mich herbeygeführt wird. Auch in der Hallstätter Lokalie Obertraun mußte er zuweilen Gottesdienst halten. Wenngleich seine Augen für die Schönheit des Ortes an sich offen waren, so konnte er auch diesmal nicht darauf ver zichten, Klevles Beschreibung von Hallstatt anzu führen."5 33 ebd. S. 33. 3" ebd. S. 34. 35 ebd. S. 25. 35 Brandl. Theologen. S. 117 (Lit.). 37 Paur. Skizze. ILTeil. S. 1 - 4. 35 Vgl. das Verzeichnis von Paurs Werken Nr. 5. 35 Brief vom August 1798. Paurs. Skizze, 11.Teil. S.4-6. ""ebd. S. 11 f. Mein Zimmer eine kleine Welt, nach dem Französ. des Grafen von Ximenez frei bearb. Nebst einer Vorrede von Herrn Pro fessor K. H. Hevdenreich. Leipzig 1797. Zu Heydenreich. 1764 - 1801. ADB Xll. Bd.. S. 3.5^5f. "2 Paur. Skizze. 11. Teil. S. 16 - 19. "3 ebd. S. 19 - 22. "" Dannerbauer. General-Schematismus 1. S. 304 nennt .,1800". "5 Paur. Skizze. 11. Teil. S. 20 - 22.

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