der Höhe ihrigen Kasten gelegen". Anbei aber hät ten sowohl die junge Hausbesitzerin als auch „ein Dienstmensch verzählt", daß weder der Mann noch die Schwiegermutter jemals einen Rosenkranz mit ihnen gebetet hätten, sondern von ihnen Befehl hät ten, wenn sie derlei tun wollten, dies allein still und in dem Garten zu verrichten und der Lederhülger sei ner alten Mutter im Auszugsstüberl vorlesen müsse. Die Beilage „Summarisches Constitutum" (Ankla ge) vom 26. Juni 1767 beinhaltet folgendes: Er heißt Johann Stegermayr, sei 31 Jahre alt, auf der anherigen Lederhülg behaust, verheiratet, ohne Kinder, seine Religion sei „halt wie der jetzige Glau be ist", nämlich katholisch. Das größere Buch, näm lich Pangenbergers Postille, habe sein abgestorbener Vater, der vorige Lederhülger (Stegermayr vulgo Lederhilger), um ein Achtel Korn eingehandelt, „darein sein Vater bisweilen gelesen", das Schaidbergersche evangelische Rundschreiben habe der Vater von einem herumziehenden Menschen ge kauft. Gleiches Bewandtnis habe es mit dem Psalmbüchl, welches des „Constituti" Mutter von einem al ten Weib um eine Suppe eingelöst habe. Das bibli sche Spruchbüchlein aber habe er zu den hiesigen Ostertagen in des Amperlmühlers Garten (der Nachbar am Ternbach) gefunden und mit nach Hau se genommen. Den Wegweiser gegen Himmel (katholische Schrift) habe sein Vater vom geistlichen Herrn zu Kremsmünster bekommen, wo er selber wegen „verdächtigen Glaubens" (!) vier Tage (Kon versionshaus) „eingelegen war". Und endlich habe er die Haus- und Kinderpostille bei einem Buchbin der zu Neuhofen vor drei Jahren an einem Kirchtag um 1 Gulden 6 Kreuzer gekauft. Man kann aus diesen Berichten doch Verschiedenes aus dem Alltag dieser Menschen herauslesen. Vom Jahre 1682 bis 1715 ist auf der „Lederhilling" Johann Lederhilger angeschrieben gewesen. Auch im Theresianischen Kataster von 1750 wird ein Le derhilger genannt. Aber schon die nächsten Bewoh ner dürften die angeheirateten Stegermayr sein. Be merkenswerte Hinweise auf den Protestantismus in der Familie Lederhilger finden sich neben den schon genannten Höfen am Furtberg die Wieglhueb in Sitzleinsdorf, der Oberhueber in Mansdorf und die auch schon erwähnten Höfe um Kematen. Ls würde zu weit führen, alle die weitverzweigten Stämme aus führlich zu behandeln. Bezeichnend für die Glau bensspaltung in der Familie ist die Nachkommen schaft in Kematen. Während die Lederhilger vom Bründlgut in Burg bis in die jüngste Gegenwart evangelisch blieben — sie stellten unter anderem ei nen Lehrer für die evangelische Schule in Neukema ten - waren seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bis 1954 die Mesner und Totengräber der ka tholischen Pfarre Kematen Lederhilger. Bis ins 20. Jahrhundert waren die evangelischen und die katho lischen Lederhilger überwiegend Bauern wie ihre Vorfahren. Sie lebten im Umkreis KremsmünsterHall. Rechtsanwalt Lederhilger, der vom Oberschickmair in Rohr abstammt, mit seiner Praxis in Kremsmünster, war, was den Beruf betrifft, eine Ausnahme. Mit der Industrialisierung änderte sich das. Heute findet man die Lederhilger - vorwiegend katholische - weitverbreitet in allen Bevölkerungs schichten. 9. Schlußbetrachtungen Mit der Tätigkeit der Religionskommissare konnte die katholische Kirche zufrieden sein. Der weitere Abfall vom römisch-katholischen Glauben wurde verhindert. Die Rekatholisierung gelang. Über Ge nerationen ist der Kampf um die Vormachtstellung der katholischen Religionsgemeinschaft entschieden worden. Die beharrliche Gegenwehr und die Deportation ist aber bedauerlicherweise in den Heimatbüchern nicht festgehalten. So ist beispielsweise in der Bro schüre „Pfarrkirchen stellt sich vor" (Kulturwoche 1975) das alles kaum erwähnt, so, als ob man sich dessen schämen müßte. Mag sein, daß bei einer ge drängten Überschau diese Ungenauigkeit nicht zu vermeiden war. Auch die Pfarrchronik von Pfarrkir chen nimmt keinen Bezug. Im Stiftskatalog „1200 Jahre Kremsmünster" und in der Festschrift „1200 Jahre Sierning" ist nichts angedeutet. Nur in dem Heftchen „Die Kirche in Pfarrkirchen", 2. Auflage 1946, gibt Pater Karl Hochhuber ein wenig mehr von seinem Wissen preis. Umso mehr erscheint diese Studie zur Orts- und Ge bietsgeschichte berechtigt. Sie wurde vorwiegend aus unveröffentlichtem Archivmaterial erstellt. Man sollte es ertragen, die geschichtlichen Vorgänge un geschminkt dargestellt zu sehen. Man sollte es zur Kenntnis nehmen, daß alteingesessene Bauern und Knechte mit Frauen und Kindern, mit wenig Habe, zerlumpt und verkommen - und das nicht aus eige ner Schuld — von Gerichtsbütteln nach Linz getrie ben wurden. Ob die Zurückgebliebenen, die Freund schaft, Litern und Geschwister, an deren Häuser die Llendszüge im Namen Gottes vorbeikamen, von diesem Erlebnis unberührt blieben? Kaum. Und dennoch gibt es keine mündliche Überlieferung und alles ist vergessen: ein unverständliches Phänomen! Die Integration der Landler in Siebenbürgen ergab sich nicht ohne Schwierigkeiten. Sie blieben lange Zeit Außenseiter trotz der Glaubensverbundenheit mit den Siebenbürger Sachsen. Im Individual-Liquidations-Protokoll, das 1776 in Hermannstadt abge faßt worden war, findet sich eine Notiz eines Her-
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