OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 3/4

delt. Die umfassendste Darstellung findet sich im Nachlaß von Superintendenten G.G.Koch, Wallern, im OÖ. Landesarchiv. 8. Die Lederhilgersippe Ich habe diese Studie mit dem Namen Lederhilger, mit der Gedenktafel in der Kirche von Mühlbach in Siebenbürgen, begonnen. Bei der Suche nach dem Lfrsprung und dem Herkommen ergab sich, daß in folge der großen Zahl Betroffener aus dieser Fami lie, in geschlossenen Generationsreihen der beste Einblick zu gewinnen war. Nach der allgemeinen Darstellung ist über die Glieder dieser Familie das Schicksal der Vertriebenen am besten sichtbar zu machen. Die relativ günstige Quellenlage macht es möglich, an die Opfer dieser gnadenlosen Ereignisse näher heranzukommen. Von 152 erfaßten evangeli sche Seelen, gehören 35 zur Lederhilgersippe. An Höfen, die diese seit 1600 zeitweise oder auch durch gehend im Raum Pfarrkirchen - Bad Hall bewohn ten, ist die beträchtliche Zahl von 73 ermittelt wor den; davon bis in die Gegenwart zumindest drei evangelische im Umkreis von Neukematen. Daher sei es erlaubt, diese Sippe genauer darzustellen. 8.1. Das Lederhilgergütl Es ist wohl eine Eigentümlichkeit des oberösterrei chischen Bauernlandes, daß viele auf uralte Bauern höfe zurückführende Familiennamen - trotz der durch Kriege, Seuchen, Revolutionen und wirt schaftliche Strukturveränderungen bedingte Bevöl kerungsbewegungen - immer noch überwiegen. Diese Höfenamen gehen fast ausschließlich auf die ersten schwäbisch-bayrischen Besiedlungen vom 8. bis zum 12. Jh. zurück.Und trotz der starken Verhüttelung der Landschaft sind diese Höfe auch heute noch typisch für das Landschaftsbild im Traunviertel. Das Oberösterreichische Ortsnamenlexikon bie tet uns die jeweils erstmalige urkundliche Erwäh nung vieler alter Höfe. Wobei zu bedenken ist, daß die Gründung meist viel weiter zurückliegt. Unter diesen so typischen Hofnamen ist auch der dem Lan desfürsten dienstbar gewesene „Hilger" im landesfürstlichen Urbar zu finden.Dieser liegt im nördli chen Traun viertel und dürfte identisch sein mit dem Rainhilger (Raidhilger) oder mit dem unmittelbar daneben liegenden Vogelhilger (Schein- oder Schönhilger), die beide an der Straßenbiegung (an der Raid)^" des alten Verbindungsweges zwischen Krottendorf und Hilbern noch bestehen. Hier verlief bis zum Jahre 1254 die Landesgrenze zur Steier mark. Diese Höfe sind Ursprung des Familienna mens Hilger. Südlich davon, in geringer Entfernung, am Fuße des Furtberges, liegt die zu Hehenberg ge hörige, erstmals 1599 genannte Lederhueb. Diese Sölde, ein Gerberhäusl am Ternbach, erscheint um 1600 in den Kirchenbüchern als Lederhilge. Und der erste bekannte Bewohner ist ein Lederhueber, ein Name, der losgelöst von der Lederhueb, später auf anderen Höfen der Umgebung weiterbesteht. Ab 1600 aber wird als Bewohner der Lederhueb der Pangratz Lederhilger genannt. Ihn müssen wir als den Ahnherrn der Namenssippe ansprechen. In der Indikationskarte des Steuerkatasters aus 1825 ist das Haus noch als Lederhilger vermerkt. Heute wird es Hilger genannt. Alte Grundbücher und die Pfarrbü cher geben uns Einblick in die historischen Abläufe. Mündliche Überlieferung gibt es nicht. Eine unter schiedliche Schreibung des Hof- und Familienna mens Lederhilger hat verschiedene Ursachen, vor allem die phonetische, dialektgefärbte Weitergabe und Sorglosigkeit in diesen Dingen. Außerdem überlagern sich bayrische und schwäbische Sprachei gentümlichkeiten. Im Archiv des Stiftes Kremsmün ster erscheint der Name wegen der vielen „suspek ten" Namensträger sehr oft auf. Mit Hilfe dieser Ak ten ist es gelungen, über den Alltag der ländlichen Bevölkerung mehr zu erfahren. Nicht alle Lederhil ger lebten in Wohlstand. Die Lederhilger auf dem Rührmairgut waren eine Ausnahme. Auch die vom anschließenden Auhuebergut waren begütert, wäh rend die ebenfalls angrenzenden Bewohner der Le derhilger arm waren. Um das Jahr 1700 war nahezu der ganze Furtberg von Lederhilgern, männlichen und weiblichen Aszendenten, besiedelt. Im Süden, in St. Nikola, gab es auch ein Lederhilgerhäusl, gleichfalls ein Gerbersölde, und im 18. Jh. einige Fa milien; die um Mühlgrub sind Abkömmlinge vom Furtberg; auch die um Kematen, die später evange lisch geblieben sind, stammen vom Simon von der Schneidergrueb am Furtberg, in der Fortsetzung vom Hainzlgut, Gutbrunn, Großmengersdorf. Nach kritischer Betrachtung der Quellen ist die Annahme berechtigt, daß die Lederhilger seit der zweiten Hälf te des 16. Jahrhunderts evangelisch waren. Die Höfe Franz Pfeffer: Das Land ob der Enns. Linz 1958. Alfons Dopsch: Landesfürstiich Urbare Nieder- und Ober österreichs aus dem 13.und 14. Jh. Wien - Leipzig 1904.-Zur Etymologie des Wortes ..Hilger": Älter und ursprünglich schwäbisch ..Hilber". Hilger ist bayrich. Bedeutung: Sumpf. Lache. Althd. ..huliwa". Auf Grund der Assimilation, des Mit lautwandels und der Entrundung entstanden im 16. Jh. ..hilb" und ,.hilg". In oö.Urkundenbüchern schon im 12. Jh. zu finden. - Dazu: Grimm: Deutsches Wörterbuch. lV/2. S.291 -. Schmeller: Bayrisches Wörterbuch; - Hans Bahlow: Deutsches Na menlexikon. München 1967. - Weinhold— Ehrismann — Teske: Kleine mittelhochdeutsche Grammatik.® Wien - Leipzig 1943. Franz Wollmann: Deutsche Sprachkunde auf sprachge schichtlicher Grundlage 6. Wien 1959. Pfeffer F.: a.a.O. S. 77: Raid = Straßenkrümmung. Vogel dienst = Geflügeldienst.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2